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Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
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Nacht. Der Füllfederhalter passt zu mir besser als Ringe. Und wenn dein Antrag noch gilt, dann würde ich ihn gern annehmen. Fischtopf passt gut zum Sauerbraten und Honigmilch zum warmen Bett. Ich denke, wir sollten heiraten.«

32
    Für gewöhnlich unternahm er die Reise zum Dia de los Muertos oder wenigstens zur Weihnacht, aber in diesem Jahr wurde es Februar, bis er sich erlauben konnte, aufzubrechen. Auch jetzt war im Grunde der falsche Moment, aber wie lange würde es dauern, bis ein Moment wieder richtig war? Es hatte Tage und noch mehr Nächte gegeben, an denen er überzeugt gewesen war, das weiße Haus mit den grünen Türen nicht wiederzusehen.
    Statt des Pferdes hätte er einen Wagen nehmen können, Coronel Ferrante hatte ihm den seinen geradezu aufgedrängt. »Beim Satan, Mann, hin und her sind Sie eine Woche unterwegs, und ich brauche Sie ohne wundgerittenen Hintern zurück. Von dem zerschossenen Arm ganz zu schweigen.«
    »Worum haben Sie Angst?«, hatte er gefragt. »Um meinen Arm oder um meine Schießfähigkeit?«
    »Das ist ein und dasselbe, Alvarez. Ist euch Amarantfressern eigentlich klar, dass wir um euretwillen den Hals in diesem Kampf riskieren? Uns könnte es schließlich nur recht sein, wenn die Franzosen euren Amarant fressenden Zwerg-Präsidenten hopsgehen lassen und wieder Sitte und Ordnung einführen.«
    »Ja, das könnte es, mein Coronel«, erwiderte Benito. »Aber es ist Ihnen nicht recht, weil Sie das nobelste Herz von ganz Mexiko besitzen und uns Amarantfresser nicht leiden sehen können.«
    »Ganz richtig. Was ist, nehmen Sie nun meinen Wagen?«
    »Nein, mein Coronel.«
    »Sie gehören vors Kriegsgericht, Sie respektloser Hund.«
    »Wenn wir für Kriegsgerichte wieder Zeit haben, einverstanden?« Benito hielt ihm die Hand hin, in die der Coronel einschlug, obgleich solche Geste im Regiment nicht üblich war. »Ich verspreche, ich bin schießfähig, pünktlich und ohne nennenswerte Wunden zurück.«
    »Gehen Sie zum Teufel, Capitán.«
    »Es heißt: Gehen Sie mit Gott.«
    »Den lassen Sie mal schön aus dem Spiel.«
    Cuatl, der Schimmel, meisterte den harten Weg nach Nordosten wie eh und je, obgleich er demnächst zwanzig Jahre auf dem Buckel hatte. Benito liebte die Tage im Sattel, weil sie ihm den Kopf klärten und weil er zu Pferd mit allen Sinnen spürte, dass er nach Querétaro kam. Er musste noch immer darüber lachen, wie er als Kind versucht hatte sich ein Grün in tausend Schattierungen vorzustellen und einen Vogelchor mit tausend Stimmen, und wie wütend er geworden war, weil es ihm nicht gelang. Das Grün von Querétaro, an der Stadt vorbei und auf dem Weg in Richtung Sierra Gorda, war so überbordend, dass nicht einmal ein Idiot auf die Idee gekommen wäre, seine Schattierungen zu zählen. Endlose Pinien- und Eichenwälder machten die Luft rein und harzig, und Vogelsang hallte auf, sobald die Stille zu groß wurde, sobald die Weite bis zu den Bergen am Horizont ihn zu erdrücken drohte. Es war gut, hierherzukommen, es war so heilsam, dass er immer erst auf dem Weg bemerkte, dass etwas in ihm krank gewesen war.
    In Santiago de Querétaro hatte er diesmal nur Geschenke gekauft, um sofort weiterzureiten. Wenn er das nächste Mal kam, wenn Frieden war, würde er Miguel die Stadt zeigen. Es war eine schöne Stadt voll verwinkelter Gassen, bunter Plätze und bepflanzter Innenhöfe, sie besaß einen prachtvollen Aquädukt, und Miguel wollte das Grab der Johanna Ortiz, der Heldin von Mexiko, sehen. Während der Kämpfe um die Unabhängigkeit hatte diese erstaunliche Person ihr Leben riskiert, um eine Gruppe von Verschwörern zu retten, und war zur Galionsfigur geworden, die den Kämpfenden Mut verlieh. Eine wie sie, die uns ein bisschen Mut macht, könnten wir schon wieder brauchen, dachte Benito, und der Gedanke verdüsterte ihm die Freude. Würde jemals eine Zeit kommen, in der Mexiko keine Frauen und überhaupt niemanden mehr brauchte, der für es sein Leben riskierte?
    Die trüben Gedanken verflogen, als er den Hang hinaufritt und in der tiefen, geschützten Senke das Dorf sah, Santa María de Cleofás. Es war ein Bauerndorf mit weitverstreuten Häusern, und das weiße Haus mit den grünen Türen war das erste, das in Sicht kam. Es lag zwischen Maisfeldern und Viehweiden, von einem Garten umgeben und zur Hälfte im Schatten eines Brotfruchtbaums. Jedes Mal, wenn er hier ankam und aus der Höhe auf das Haus hinuntersah, fragte er sich, wer ihm als Erstes entgegenlaufen würde,

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