Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
Benehmen legte. Und auf einen passenden Ehemann. Sollte sich die Gouvernante doch einen Bremer Kaufmann als Ehemann suchen, wenn sie so viel davon hielt.
»Du könntest in Bremen bleiben, wenn du dir hier einen Gemahl suchst.« Sehnsucht sprach aus Fräulein Dieseldorfs Stimme. Sie war in Deutschland geboren und vor einigen Jahren mit einer deutschen Familie nach Guatemala gekommen, aber sie hatte sich dort nie heimisch gefühlt. »Wir könnten hierbleiben.«
»Ich gehe wieder nach Hause zurück. Nach Hause und zu …« Margarete hatte Juans Namen nicht ausgesprochen, weil sie der Gouvernante nicht verraten wollte, wie sehr sie den Indio-Jungen vermisste, wie sehr sie sich nach ihm verzehrte. Jede Nacht träumte sie von ihm und erwachte von den Tränen, die sie im Traum geweint hatte.
Ihr Herz gehörte nach Guatemala und sie hatte die Tagegezählt, bis sie endlich zurückkehren durfte. Mit jedem Tag, der ihr die Abreise näher brachte, hatte sich Margarete mehr nach Guatemala gesehnt, vor allem nach Juan, auch wenn sie sich geschworen hatte, nie wieder einen Gedanken an ihn zu verschwenden. Gleichzeitig fürchtete sie die Rückkehr, fürchtete, Juan mit einer anderen zu sehen. Glücklich. Vielleicht sogar schon Vater eines Kindes, das so wunderbare Augen hatte wie er.
»Margarete.« Fräulein Dieseldorf steckte ihren Kopf zur Tür herein. Wie stets gelang es ihr, unendlich viele Vorwürfe in einem Wort unterzubringen. »Im Salon erwartet dich Besuch. Ich werde den jungen Mann bitten, sich zu gedulden. Und ich schicke dir Alwine, damit sie dir beim Ankleiden hilft.«
Mit diesen Worten ging die Gouvernante wieder, ohne Margaretes Antwort abzuwarten. Warum auch? Fräulein Dieseldorf wusste, dass Margarete sich fügen würde. Schließlich war sie Gast im Haus ihrer Tante und ihres Onkels und würde es nicht übers Herz bringen, sie derart vor den Kopf zu stoßen. Also setzte sie sich auf und schwang ihre Füße aus dem Bett, genoss das Gefühl des flauschig-weichen Teppichs an ihren Füßen und vermisste gleichzeitig die Kühle des Holzfußbodens, der in ihrem Zimmer in Guatemala auf sie wartete. Noch während Margarete überlegte, welches Kleid für ihre heutige Stimmung passend wäre, klopfte die Zofe an und trat erst ins Zimmer, nachdem Margarete »Herein« gerufen hatte. Alwine knickste und lächelte. Margarete mochte die Zofe ihrer Tante, die kaum älter war als sie selbst.
»Wir wollen den Herrn nicht allzu lange warten lassen, nicht wahr?«, sagte Alwine mit einem Augenzwinkern. »Am besten setzen Sie sich hin und ich kümmere mich um alles.«
Margarete nahm an dem zierlichen Tischchen Platz, auf dem Kamm und Bürste sowie diverse Töpfchen und Tiegelchen zur Verschönerung bereitstanden.
Mit geübten Händen bürstete die Zofe Margaretes Haar und steckte es zu einer komplizierten Frisur auf, die Margarete niemals selbst würde frisieren können. Wie einfach war das Leben in Guatemala dagegen. Keine Zofe, keine aufwendigen Haargebilde, die viel Zeit kosteten. Margarete stieß ein leises Seufzen aus.
»Habe ich Sie gepikst?«
»Nein, nein. Danke. Alles wunderbar.« Margarete versuchte ein Lächeln und konnte im Spiegel erkennen, wie sehr es verunglückte. Wem wollte sie vorspielen, dass sie glücklich war? Im Salon wartete ein Mann auf sie, aber es war der falsche. Wer immer ihr auch dort seine Aufwartung machte, niemals würde er ihre wahre Liebe aus ihrem Herzen verdrängen können. Auch wenn sie ein langes Jahr nichts sie von dem einzig Richtigen gehört hatte. Wie sollte sie Juan nur je wieder gegenübertreten? »Ich habe nur an meine Abreise gedacht.«
»Werden Sie Bremen vermissen?« Die Zofe krönte ihre Arbeit mit einer weiteren Haarnadel. Margarete bewunderte ihr Geschick. »So weit weg von hier. Von zu Hause.«
»Guatemala ist mein Zuhause«, sagte Margarete mit weicher Stimme und spürte, wie das Heimweh in ihr Herz zurückkroch. Die Sehnsucht nach den Nebelwäldern, nach dem Duft der Bananen und der gerösteten Kaffeebohnen, nach La Huaca, ihrer Finca, nach ihrem Vater und ihrer Großmutter – und natürlich nach Juan. Immer wieder Juan. Margarete schwieg einen Augenblick, damit sie ihre Gefühle nicht übermannten. »Ich war gern in Bremen, aber …«
»Nirgends ist es so schön wie zu Hause, nicht wahr?«, antwortete Alwine und nickte mit dem Kopf.
»Weißt du, welcher Herr im Salon auf mich wartet?«, fragte Margarete. Nicht dass sie wirklich wissen wollte, wer von den jungen
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