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Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Titel: Im Land der Kaffeeblüten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Antoni
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die Füße in den Boden, ballte die Fäuste und schrie um ihr Leben. »Mama! Papa! Georg! Hier bin ich! Hilfe! Hilfe!«
    Keine Antwort.
    Denk nach, versuchte sie, sich zu beruhigen. Elise ließ sich auf den Boden sinken, holte tief Luft und atmete ein und aus. Ganz langsam. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Hörte sie nicht ihre Mutter rufen? Elise sprang auf und rief erneut laut um Hilfe.
    Keine Antwort.
    Schluchzend setzte sie sich auf einen der alten Steine, die wie durcheinandergewürfelt über den Boden verteilt lagen. Hoffentlich war das kein Opferstein, schoss es ihr durchden Kopf. Kein Altar, auf dem die Maya-Priester Menschen getötet hatten, um sie ihren Göttern darzubieten. Sie hatte die entsetzlichen Bilder vor Augen, die sie durch die Papierabdrucke auf die Ölhäute gebannt hatten. Ein Schauder überkam sie und sie begann zu frösteln. Das war alles nur die Schuld ihrer Mutter. Elise schlug die Faust auf den Stein und riss das Gras aus, das sich wie ein Teppich über den Stein gelegt hatte. Wieder und wieder. So lange, bis ihr die Hände schmerzten und ihr Zorn verging. Schließlich schniefte sie nur noch leise vor sich hin. Wie lange es wohl dauerte, bis sie verhungert wäre? Nein. Sie würde verdursten. Das hatte sie in einem Buch gelesen. Ein furchtbarer Tod. Nein! Es musste einen Weg geben, aus diesem Loch herauszukommen. Sie musste nur nachdenken.
    Ins Dunkel der Höhle hineinzulaufen und einen anderen Ausgang zu suchen, erschien ihr zu riskant. Undenkbar, dass sie sich von hier fortbewegte, während ihre Eltern sie hier suchten. Nein, sie konnte nur bleiben, warten und die Hoffnung nicht aufgeben. Immer wieder täuschten die Geräusche des Regenwalds ihr vor, dass jemand nach ihr rief. Jedes Mal sprang sie voller Hoffnung auf und schrie sich die Kehle aus dem Leib. Und jedes Mal wurde sie erneut enttäuscht.
    Von Panik und Erschöpfung übermannt, fiel Elise schließlich in einen unruhigen Schlaf. Doch sie schreckte immer wieder hoch und lauschte gebannt in die Dunkelheit, die sie umgab. Und immer wieder ließ ihre Verzweiflung sie in einen Dämmerschlaf gleiten.
    Plötzlich ein lautes Krachen. Elise dachte an eine Waffe, sprang auf und riss die Arme in die Höhe. »Ich habe keine Angst. Ich werde um mein Leben kämpfen. Verschwinden Sie! Los! Verschwinden Sie!«
    Stille. Betäubende Stille.
    Elise, deren lauter Herzschlag in ihren Ohren alle anderen Geräusche übertönte, blieb heftig atmend stehen und versuchte verzweifelt, im Halbdunkel der aufsteigenden Dämmerung etwas zu erkennen. Dann tauchte plötzlich ein Mann lautlos neben ihr auf. War das einer der Banditen? Oder ein Geist? Oder ein Maya-König, der zurückgekehrt war, um sich an denen zu rächen, die sein Volk vertrieben hatten? Elise erstarrte. Sie wollte weglaufen, flüchten, aber ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr. Sie konnte nur regungslos zusehen, wie der Mann näher und näher kam.
    Da, das Knacken eines Zweiges, auf den er getreten war. Auf einmal konnte sie im fahlen Licht des Mondes den Brujo erkennen. Erleichterung durchflutete ihren Körper.
    »Was … was machen Sie hier?«, flüsterte sie mit rauer Stimme. Ihre Zunge klebte am Gaumen und sie verspürte einen entsetzlichen Durst. »Wie sind Sie hierhergekommen?«
    »Ich bin der Wächter des Tempels«, antwortete er mit getragener Stimme. Er holte etwas aus seiner Jackentasche hervor. Elise zuckte zusammen, doch dann erkannte sie, dass es eine Wasserflasche war. »Bitte.«
    Sie dankte ihm mit einem Kopfnicken und trank in gierigen Schlucken. Das Wasser war warm und leicht abgestanden, aber es schmeckte Elise besser als alles, was sie je getrunken hatte.
    »Wächter?«, fragte sie, nachdem ihr Durst gestillt war. »Aber warum … hier ist alles zerstört und verfallen?«
    »Es bleibt ein heiliger Ort.« Ein trauriges Lächeln zog über sein Gesicht. Er wirkte älter und weiser als an den Abenden am Feuer, beinahe, als ob ihn ein Zauber umgab.»Ich muss ihn schützen vor allen, die ihn ausbeuten wollen. Vor allen, die seine heilige Ruhe stören.«
    Elise nickte. Einen Augenblick später begriff sie die Bedeutung seiner Worte. Auch sie hatte diesen heiligen Ort ungebeten betreten. Was war wohl die Strafe dafür? Panisch schaute sie sich um. Sie war sicher schneller als er. Ohne zu überlegen, stieß sie den Brujo zur Seite und lief ins Dunkel der Höhle hinein. Egal, was sie dort erwartete, es konnte nicht schlimmer sein als der sichere Tod.
    Sie rannte

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