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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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Damensalon. An einem Tisch, auf dem bereits feinstes Porzellan gedeckt war, saß eine Frau.
    »Tante Valerie, das ist Juliette.« Martina hatte zumindest einen halbwegs höflichen Tonfall angeschlagen.
    Die Frau erhob sich und trat engelsgleich auf Julie zu. Julie war vom ersten Augenblick in ihren Bann gezogen und konnte den Blick kaum von ihr wenden. Valerie Fiamond war etwas größer als Julie, ihr sandblondes Haar war kunstvoll und etwas altmodisch hochgesteckt, und ihr grünes Kleid aus feinster Seide gab nicht das leiseste Knistern von sich. Diese Frau war wunderschön! Aber nicht allein ihre Schönheit zog Julie in ihren Bann. Die Frau wirkte grundgütig und liebenswürdig, sie war umgeben von einer Aura von Gutmütigkeit, und es schien, als könne sie niemandem etwas zu Leide tun. Julie fühlte sich in ihrer Nähe sofort wohl und schalt sich ob der Zweifel, die sie vor diesem Besuch gehegt hatte. Nun suchten Valeries grüne Augen freundlich Blickkontakt zu Julie, als sie ihr die Hand reichte.
    »Juliette, es freut mich ausgesprochen, Sie endlich persönlich kennenzulernen«, sagte sie mit warmer, weicher Stimme. »Meine Mutter lässt sich entschuldigen, sie fühlt sich nicht gut.« Sie deutete auf den Tisch. »Kommen Sie, setzen wir uns. Ich habe ja schon so viel von Ihnen gehört, nachdem sich auf dem Empfang nie die Gelegenheit ergab, ein paar Worte zu wechseln.«
    Julie lag eine verächtliche Bemerkung auf der Zunge: Von Martina? Dann bestimmt nichts Gutes! Aber in Anbetracht der Aufrichtigkeit dieser Frau besann sie sich auf eine höfliche Antwort. »Es freut mich ebenfalls.« Diese Frau würde sich sicher ihr eigenes Urteil bilden.
    Julie war sich sicher, dass Valerie Fiamond die angespannte Stimmung zwischen ihr und Martina bemerkt hatte, sie ließ sich allerdings nichts anmerken. Stattdessen führte sie die beiden jungen Frauen nun zum Tisch und begann alsbald ein Gespräch über belanglose Dinge, das allen bei der Akklimatisierung half. Julie war ihr dankbar für diese Umsicht, nicht nur ihrer selbst willen. Für Martina musste es anstrengend sein, diese beiden Frauen jetzt gleichzeitig um sich zu haben: zum einen den geliebten Mutterersatz, zum anderen die verhasste Stiefmutter. Julie bewunderte Valeries Umgang mit der Situation. Diese Frau war wirklich beeindruckend.
    Bald lenkte Valerie das Gespräch auf die Hochzeit. Die Vorbereitungen liefen hervorragend, Valerie hatte das Meiste bereits in die Wege geleitet, sie hatte sogar zusätzliche Köchinnen ausgesucht, weiteres Personal organisiert und einen Mann namens Ivon Cornet für die Organisation und Dekoration engagiert. Diesen stellte sie Julie zu ihrer Verwunderung auch gleich vor.
    »Wir haben nur noch so wenig Zeit, da ist es besser, jemand kümmert sich umfassend um die Hochzeit, Ivon ist der perfekte Mann dafür!«
    Julie musste Valerie in puncto Eile recht geben. Der ungewohnt weibisch anmutende Franzose umschwirrte die Frauen im weiteren Verlauf des Nachmittags wie eine Motte das Licht. Julie war das nicht unangenehm, und sie musste zugeben, das er nicht nur einen guten Geschmack hatte, sondern auch sehr amüsant war.
    Zu Julies Erleichterung bezog Valerie sie gleich in alle Belange mit ein. So war Julie auf dem Laufenden, musste aber im Grunde nicht viel mehr tun, als den Vorschlägen zuzustimmen. Karl würde später gar nicht bemerken, wer in Wirklichkeit die Fäden im Hintergrund gesponnen hatte. Valerie gab Julie augenzwinkernd zu verstehen, dass sie dies durchaus guthieß und kein Problem damit hatte, später nicht die Früchte ihrer Bemühungen zu ernten.
    »Ach was«, meinte sie lapidar, »Hauptsache, Martina hat eine schöne Hochzeit. Das ... das bin ich Felice schuldig.«
    Bisher hatte sie ihre Schwester mit keiner Silbe erwähnt, und Julie hütete sich davor, Fragen zu stellen. Doch Valeries schuldvoller Blick in diesem Moment kitzelte Julies Neugier wach. Wer war diese Frau gewesen?
    Julie blieb allerdings nicht viel Zeit, darüber zu grübeln, denn schon am nächsten Tag besprachen sie bei Valerie die Blumenbuketts und die Dekoration, außerdem würde Karl am Abend eintreffen. Trotz der Anwesenheit seiner Familie in der Stadt, wollte er anscheinend nicht auf seine wöchentlichen Besuche dort verzichten.
    Julie vergrämte sein Kommen die Freude an ihrem Stadtbesuch. Sie hatte schon zwei wundervolle Nachmittage mit dem jungen Buchhalter verbracht, und auch die Treffen mit Martina und Valerie liefen besser als erhofft. Wenn Karl

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