Im Land der Orangenbluten
Leben ermöglicht, welches Sie geführt haben, Karl hat es Ihnen ermöglicht. Sie sind es den Menschen, die dort arbeiten, doch wohl schuldig, dass Sie Ihnen jetzt helfen, dass die Plantage nicht in Pieters Hände gerät.«
Suzanna verschränkte die Arme vor der Brust und drehte Julie den Rücken zu. Julie wusste, dass sie ein empfindliches Thema angesprochen hatte. Nie würde Suzanna zugeben, dass sie im Grunde ein Teil der Plantage war wie alles andere auch.
»Ich möchte nur nicht auch noch meinen Sohn verlieren«, war alles, was Suzanna sagte. Sie sprach jetzt leise.
Julie wurde warm ums Herz. »Ich doch auch nicht. Ich werde alles tun, damit wir bestmöglichst ausgestattet sind. Wico wird alles bekommen, um uns sicher dorthin und wieder zurückzubringen.« Und nach einem kurzen Moment des Schweigens fügte sie hinzu: »Es geht um unser aller Zukunft. Wenn ich es nicht versuche, dann ...«
Suzanna nickte stumm.
Die nächsten Tage waren von Betriebsamkeit erfüllt. Julie war zu Valerie gegangen und hatte um Geld gebeten. Der Weg war ihr nicht leichtgefallen, es war ihr peinlich. Aber es ging nicht anders.
»Ich zahle alles zurück, Valerie.«
»Ach, Juliette, es geht ja auch um Martina und die Plantage. Ich gebe dir das Geld, allerdings mit einem Pfand, sozusagen.« Julie sah Valerie verwundert an, sie konnte sich nicht vorstellen, was Valerie von ihr fordern könnte. »Schau, Juliette, meine Mutter ist alt und irgendwann ... ich werde allein dastehen, und davor graut es mir. Ich gebe dir das Geld, wenn du mir das Versprechen gibst, dass ich später zu euch ziehen darf. Ich habe doch dann niemanden mehr, und so ganz allein alt werden, davor habe ich einfach Angst.«
Julie war verblüfft über dieser Offenheit, freute sich aber über das Vertrauen. Sie lächelte. »Natürlich. Du bist uns jederzeit willkommen.«
Julie gab Wico das nötige Geld zur Vorbereitung der Reise. Wico nahm seine Aufgabe sehr ernst. Er trug Julie diverse Besorgungen auf, die ihm als Mulatte verwehrt blieben, kümmerte sich dafür aber um den Kauf des Bootes und um drei kräftige Burschen, die es rudern sollten. Diese waren im Grunde froh über diesen Job, denn sie wollten auf den Goldfeldern Arbeit suchen und hätten sich die Fahrt dorthin sonst mühsam vom Munde absparen müssen.
Stolz bestellte Wico Julie zum Hafen, um ihr das Boot zu zeigen. Im ersten Moment war sie entsetzt. Das war kein Boot, das war eine Nussschale. Sie hatte gedacht, sie würden mit einem der größeren Treidelboote reisen, dies aber war nur ein ganz normales Korjal, gerade mal groß genug für fünf Personen und etwas Gepäck. Wico bemerkte ihren besorgten Blick. »Machen Sie sich keine Sorgen, die kleinen Boote sind robuster als die großen und da wir viele Stromschnellen und sogar Wasserfälle überwinden müssen, passt das gut.«
»Wasserfälle?« Julie wurde flau im Magen.
»Ja, Wasserfälle und ... ähm ... Sie sollten ...« Wico blickte verlegen auf Julies Füße. »Sie sollten sich noch ein paar feste Stiefel besorgen. Denn genau diese Wasserfälle müssen wir zu Fuß umgehen, und da sind gute Schuhe für Sie von Vorteil.«
Stiefel! Auch das noch. Julie seufzte.
Und gerade diese Stiefel erwiesen sich als echtes Problem. In der Kolonie war nicht vorgesehen, dass Frauen Stiefel trugen. Julie brauchte ewig, bis sie einen Schuhmacher fand, der ihr ein Paar anbieten konnte, das allerdings für Männer gemacht war und ihr am Fuß schlackerte. Sie würde dicke Strümpfe anziehen müssen, um die Stiefel nicht zu verlieren.
Erschöpft machte sich Julie schließlich auf den Heimweg. Sie ließ die Kutsche bei einem weiteren Geschäft halten, um letzte Kleinigkeiten zu besorgen. Plötzlich rief eine Stimme hinter ihr: »Juliette Leevken! Nein, wie schön, Sie zu treffen!« Es war Marie Marwijk. Julie war ebenfalls überrascht, jemanden von Rozenburgs Nachbarplantage hier in der Stadt zu sehen, bisher hatte sie noch überhaupt niemanden getroffen, abgesehen von ihren gelegentlichen Besuchen bei Valerie natürlich.
»Oh, guten Tag«, erwiderte sie freundlich, hatte aber eigentlich keine Lust, ein längeres Gespräch mit Marie Marwijk zu führen.
»Haben sich Ihre Neger denn wieder beruhigt? Wir hörten, es gab Probleme?«, kam die Nachbarin jedoch gleich zur Sache.
Julie bemühte sich, nicht allzu überrascht zu wirken. »Unsere Neger?«, fragte sie vorsichtig.
»Ja, wir hörten, es gäbe einige Aufständische unter ihnen.«
»Nein, das muss eine
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