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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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war Julie auch dankbar, sie hatte in den vergangenen Nächten nie unter freiem Himmel schlafen müssen. Sie waren bereits drei Tage unterwegs, und jetzt gab es am Ufer seit einigen Stunden nur noch Ruinen zahlreicher verlassener Pflanzungen zu sehen. Große Hausgerippe standen verlassen an den Ufern, und der Wald hatte die seit Jahrzehnten verlassenen Plantagen zurückerobert. Julie bekam einen Eindruck davon, wie glanzvoll die Hochzeiten der Plantagenwirtschaft in diesem Land gewesen sein mussten. Vor hundert oder mehr Jahren hatte dieser Landesteil noch geblüht.
    Wico erzählte Julie, die Ansiedlungen seien ab hier Dörfer der Buschneger. Am Maroni gab es noch einen Posten, auf dem ein Deutscher lebte, der laut Wicos Aussage aber eine recht wunderliche Gestalt sei.
    Wico erzählte auch, dass sich nach Aufgabe der Plantagen lange Zeit kein Weißer hierher verirrt hatte. Und als dann Gold am oberen Maroni gefunden wurde, waren zunächst lange und zähe Verhandlungen mit den Oberhäuptern der befriedeten Buschneger geführt worden, damit die Goldsucher überhaupt das Land queren durften. Letztendlich hatten die findigen Buschneger aber auch wieder Profit aus der Situation geschlagen, da sie die besseren Versorgungswege besaßen und auch kannten und zudem mit jedem, der von diesem Zeitpunkt an ihre Gebiete durchfuhr, Handel betrieben.
    Es gab in den Wäldern immer wieder Lager von französischen Flüchtlingen. Beim Fluss Maroni herrschte noch keine Einigkeit über den genauen Grenzverlauf, eines war jedoch sicher: Schaffte man es von Französisch-Guayana bis nach Surinam, war man frei. Da die Franzosen immer noch gerne ihre Sträflinge zu mühseligen Kolonialversuchen, die aber meist scheiterten, in dieses unwirtliche Dschungelland verfrachteten, trieb es immer wieder Menschen über den Fluss. Auf der französischen Seite gab es laut Wico auch einige Militärposten, dort durften sie aber offiziell mit dem Boot nicht anlegen. Inoffiziell, zwinkerte Wico Julie dann zu, wartete dort aber das beste Essen nach der langen Reise. Und es war der letzte Posten vor den Wasserfällen.
    Julie hatte nicht geahnt, in welche Wildnis Wico sie führen würde. Am Ufer der Wasserwege war nur dichter Urwald zu erkennen, Affen sprangen wild und ohne Scheu durch die Äste, und im Schatten der überhängenden Bäume trauten sich sogar die Wasserschweine am helllichten Tag bis an den Fluss. Diese, so erklärte Wico, seien nicht mit den Schweinen verwandt, sondern hätten große Nagezähne wie eine Maus. Julie wusste nicht, worüber sie sich mehr wundern sollte: über Mäuse von der Größe eines Hundes oder über Wico, der über ein sehr großes Wissen verfügte.
    Die anderen drei Burschen waren schweigsam. Manchmal bedachten sie Julie mit spöttischen Blicken, wahrscheinlich hielten sie die weiße Frau für verrückt. Julie überlegte ab und an, wie sie wieder zurückkommen sollten, wenn diese drei jungen Männer im Goldlager blieben. Aber Wico hatte sicherlich auch da einen Plan. Hoffte sie.
    Am Abend legten sie auf einer großen Sandbank mitten im Fluss an. »Hier ist es besser, hierher kommen keine wilden Tiere«, sagte Wico. Julie war das Ganze nicht geheuer. Noch nie hatte sie unter freiem Himmel geschlafen.
    Wico rammte die Ruder verkehrt herum in den Boden und legte eine Plane darüber. Den Platz darunter bot er Julie an. Die Burschen selbst legten sich um das kleine Feuer, welches sie entfacht hatten.
    »Sie sollten aber die Stiefel anlassen!«, beschied Wico Julie. »Es gibt hier kleine Vampire, die beißen einen gerne mal.«
    Julie zog verschreckt ihre Füße so dicht sie konnte an den Körper und hüllte sich so gut es ging in ein dünnes Gazetuch ein, auf dem Foni bestanden hatte. Julie hatte es zwar nur unter Protest eingepackt, hier auf der Sandbank dankte sie der Haussklavin aber im Stillen für ihre Hartnäckigkeit. Die Mückenplage war unerträglich. Verfolgten diese Biester die Reisenden schon in Schwärmen auf dem Boot, so nutzten sie jetzt die Chance, ihre Opfer endlich zu beißen. Seltsamerweise schienen sie an Julie besonders Gefallen zu finden.
    Julie fand kaum Schlaf in dieser Nacht. Wenn das jetzt so weiterging, wäre sie bis ins Mark erschöpft, wenn sie bei Jean ankam.
    Zwei Tage später legten sie an besagtem französischen Posten am Maroni an.
    Kaum hatten sie das Boot verlassen, wurden sie von einer farbigen Frau bestürmt. Sie sprach eine wirre Mischung aus Negerenglisch und Französisch. Julie versuchte sich

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