Im Land der Orangenbluten
angenehmer geworden sein. Bei seiner letzten Überfahrt waren es nur gut vierzig Tage.« Julie schluckte. Das war ja mehr als einen Monat! Die Schneiderin bemerkte ihren erstaunten Blick. »Keine Sorge, mein Kind, die Schiffspassage soll nicht so gefährlich sein wie manch andere.«
Der Gedanke beruhigte Julie jedoch keineswegs. Es schien einiges zu geben, über das ihr künftiger Gatte sie bislang im Unklaren gelassen hatte.
Die so eilig anberaumte Trauung fand in einer kleinen Kapelle statt. Margret hatte ein paar Freunde und Bekannte geladen, damit die Bänke nicht gänzlich verwaist blieben. Angesichts Margrets Anwesenheit wagte aber niemand, Fragen über diese Hochzeit zu stellen. Julie hätte gerne ihre Freundinnen aus dem Internat dabeigehabt, aber Margret hatte die Idee abgewiesen. Zu aufwändig sei die lange Fahrt, hatte sie erklärt, und außerdem hatte der Unterricht ja auch bereits wieder begonnen. Fast hätte Julie das vergessen. Auch sie wäre eigentlich schon vor gut einer Woche wieder ins Internat zurückgekehrt. Nun fühlte sie sich, umgeben von Fremden, plötzlich sehr einsam. In ihren Träumen hatte sie sich ihre Heirat etwas anders ausgemalt. Etwas feierlicher und nicht so ... improvisiert. Hier war schließlich alles blitzschnell gegangen, die Unterschriften im Standesamt hatten eher die Atmosphäre nüchterner vertraglicher Regelungen gehabt. Und die nachfolgenden Feierlichkeiten ... Für aufwändige Planungen und kleine Überraschungen war keine Zeit geblieben. Es war schon schwer genug gewesen, das Kleid rechtzeitig zu bekommen. Insofern blieb alles etwas nüchtern und konventionell: Nach der Zeremonie fanden sich die frischgebackenen Eheleute und die Gäste zu einem festlichen, wenn auch nicht gerade außergewöhnlichen Mahl bei den Vandenbergs ein. Onkel Wilhelm sprach einen Toast aus, und Julie und Karl nahmen die Gratulationen entgegen. An Julie rauschte der Tag irgendwie vorbei, in ihren Erinnerungen würde er sich mit anderen Festessen an dieser Tafel verbinden, mit anderen Reden, anderer nichtssagender Konversation und vielen namenlosen Menschen. Nicht einmal das zuvor so aufregende Prickeln bei Karls leichten Berührungen stellte sich ein. Er berührte sie außerdem fast gar nicht mehr ... Julie hatte das Gefühl, aus einem unbedeutenden Traum zu erwachen, als die Gäste gingen.
Karl griff schließlich doch nach ihrer Hand, und Julie spürte, wie Angst in ihr aufstieg. Vor ihr lag nun unwiderruflich das, was man »Hochzeitsnacht« nannte. Sie hatte zwar theoretisch eine gewisse Vorstellung davon, aber praktisch ...
Gerne hätte sie im Vorfeld eine erfahrene Frau an ihrer Seite gehabt, die ihr vielleicht den einen oder anderen Rat gab. Aber Margret kam dafür nicht in Frage, und ihre Cousinen ... nein, eher biss sie sich die Zunge ab!
Auf der Fahrt zu Karls Hotel wurde Julie immer nervöser. Karl gewährte ihr eine kleine Galgenfrist, indem er sie zwar auf das Zimmer begleitete, sich dann aber taktvoll noch kurz entschuldigte. Julie fühlte sich in dem fremden Zimmer verloren. Ihre persönlichen Sachen waren bereits im Hotel angekommen, also ... Sie öffnete ihren Koffer, legte sorgsam ihr Nachtgewand an und kroch unter die Decken des großen Bettes. Dann wartete sie.
Karl kam kurze Zeit später, ein leichter Alkoholgeruch umgab ihn. Als er die Tür hinter sich schloss, verharrte er einen Moment in dem dunklen Zimmer. Dann hörte Julie, wie er sich entkleidete und sich zu ihr ins Bett begab. Er schob sich unter der Decke über sie und küsste sie auf den Mund. Seine Zunge fand den Weg zwischen ihre Lippen, die Bewegung war wenig zärtlich, eher besitzergreifend. Julie versuchte, sich ihm zu entziehen, dies schien ihn aber eher anzuspornen.
Er schob ihr Nachthemd empor, umfasste ihre Hüfte und zog sie forsch an sich. Julie wurde überschwemmt von Gefühlen, die zwischen Befangenheit, Angst und Erregung schwankten.
»Karl, ich ...« Sie versuchte erneut, sich etwas von ihm zu lösen.
»Schsch ... Juliette, ich weiß schon, was ich mache.«
Als er in sie eindrang, verspürte sie einen kurzen, stechenden Schmerz. Seine Bewegungen in ihr wurden immer kräftiger. Ihre Angst wuchs, sie hatte keine Kontrolle über das, was geschah. Außerdem war Karl schwer, aber als sie versuchte, ihn von sich zu schieben, drückte er sie nur noch fester in die Kissen. Er tat ihr weh, Julie traute sich aber nicht, einen Laut von sich zu geben. Sie war froh, als es vorbei war.
Nachdem sich Karl von
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