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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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liefen. »Hat ... hat dein Mann Unannehmlichkeiten bekommen, weil er dem Verletzten geholfen hat?« Julie hoffte, dass Karl wenigstens gestattete, dass die Sklaven sich selbst halfen. Und Jenk schien, durch seine Aufgabe als Stallmeister für Karls Pferde, etwas privilegierter zu sein als die Feldsklaven.
    Amru brummte nur: »Misi soll sich nicht so viele Gedanken um die Sklaven machen«, und verschwand dann im Haus.
    Julie blieb nachdenklich auf ihrem Liegestuhl zurück. Der Appetit auf das frische Obst war ihr vergangen. Es war mehr als ungewöhnlich, dass sich etwas später Martina zu ihr gesellte. Normalerweise ging diese ihr aus dem Weg, geschweige denn, dass sie mir ihr sprach. Jetzt aber kam Martina auf die Veranda stolziert und setzte sich gegenüber Julie auf einen Stuhl.
    »Ja ...«, begann sie zögerlich, blickte Julie dabei aber nicht an, sondern wandte sich zum Fluss. »Dieses Fieber ist ganz schön schrecklich, die Geißel der ganzen Kolonie.«
    Julie zog die Augenbrauen hoch. Das waren in einem Satz mehr Worte, als sie in der gesamten Zeit bisher an Julie gerichtet hatte. Guten Willen konnte Julie aufgrund der Vorgeschichte dahinter allerdings nicht vermuten.
    Sogleich wurde Martinas Tonfall auch etwas schnippischer. »Pieter sagt ja, dass man eigentlich keine Zuwanderer ins Land lassen sollte. Die sterben wie die Fliegen am Fieber. In seinem letzten Brief berichtete er mir, dass gerade einige dieser Missionare, die frisch in Paramaribo angekommen sind, binnen der ersten Wochen daran gestorben sind.« Martina warf Julie einen gespielt mitleidigen Blick zu. »Waren die nicht auf dem gleichen Schiff wie ihr?«
    Karl hatte anscheinend über Julies Bekanntschaft mit Erika geplaudert. Sehr zu Julies Ärger zeigten Martinas Worte Wirkung. Erika! Hoffentlich hatte es nicht sie getroffen! Wie es ihr wohl ergangen war? Ach, wenn sie doch nur einmal in die Stadt fahren könnte, um mit ihr zu reden! Julies Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Ihr wurde bewusst, wie sehr sie sich nach einem Menschen sehnte, mit dem sie reden, dem sie vertrauen konnte – nach einer Freundschaft.
    Als Karl aus der Stadt zurückkehrte, fragte Julie ihn zaghaft, ob er etwas über den Verbleib der Herrnhuter wüsste.
    »Pah, hoffentlich haben sie die gleich ganz weit in den Busch geschickt, die wiegeln einem doch nur die Sklaven auf«, lautete seine Antwort.
    Julie wusste, dass Karl genauso schlecht auf diese Menschen zu sprechen war wie die anderen Plantagenbesitzer. Sie war aber eher an aktuellen Informationen über den Verbleib der Herrnhuter interessiert, denn an seiner Haltung gegenüber den Missionaren – die grundsätzlich Explosionsgefahr barg. Bei einem Dinner hatte Julie es einmal gewagt, die Frau des Gastgebers auf die Herrnhuter anzusprechen. Diese hatte sehr aufbrausend reagiert. »Ah! Diese Missionare kommen mir nicht mehr auf die Plantage! Und Kindchen, wenn Sie schlau sind, lassen Sie sie auch nicht auf die Ihre.« Aber sie hatte nichts Konkretes über das Problem verlauten lassen.
    Julie hatte so viele Fragen und niemanden, mit dem sie sprechen konnte. Kiri wusste dazu auch nicht viel zu berichten. »Die Brüder kamen früher immer auf unsere Plantage, der Masra hatte nichts dagegen«, plauderte sie, während sie Julies Haar bürstete. »Aber ich habe gehört, dass andere Masras die Brüder nicht haben anlegen lassen auf ihrem Land.« Das Mädchen schien mit vielen Dingen ebenso unvertraut wie Julie selbst.
    »Und die Sklaven, glauben die denn?« Julie wusste nicht genau, wie sie Kiri dazu befragen sollte. »Ich meine ... habt ihr ... einen Gott?«
    Kiri zuckte nur mit den Achseln. »Wir haben viele Götter und auch den Gott, den die Weißen haben. Aber viele Weiße wollen nicht, dass wir an ihren Gott glauben, andere, wie die Brüder, sagen aber, es gibt nur diesen einen Gott, und er ist auch unser.«
    Julie schwante, worum es wirklich ging.

Kapitel 10
    Erika hatte sich gerade erschöpft auf einem Stuhl niedergelassen. Seit einigen Tagen arbeitete sie nicht mehr in der Krankenstation. Josefa meinte, dass es nicht gut sei, jetzt, so kurz vor der Geburt. Es war Ende September. Erika fühlte sich wie ein großer aufgeblasener Balg. Ihre Beine waren schwer, und sie bekam in der schwülen Mittagshitze kaum Luft. Sie hatte am Vormittag etwas aufgeräumt, aber viel war in ihrer kleinen Bleibe nicht zu tun. Von Reinhard gab es seit seiner Abreise keine Nachricht. Sie tröstete sich damit, dass es wohl vom Landesinneren aus

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