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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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keine Gelegenheit gab, Briefe abzuschicken. Träge döste sie vor sich hin, als plötzlich die Sklavin Dodo schwer atmend in die kleine Wohnung gestürmt kam.
    »Misi ...«, stammelte sie, »am Hafen, Boot ...«
    »Reinhard!«
    Erika sprang auf und lief los. Vor der Mission stieß sie fast mit Josefa zusammen. »Erika? Was ist denn? Du solltest nicht ...«
    Doch Erika lief wortlos weiter.
    Josefa ahnte nichts Gutes und folgte ihr, wenn auch in gemäßigtem Tempo. Kurz vor dem Anlegeplatz der kleineren Boote holte sie Erika ein, und auch Dodo kam keuchend hinter den Frauen her.
    »Reinhard?« Erika wollte rufen, brachte aber nur ein Krächzen hervor.
    »Misi, das Boot, Misis Mann ... Misi nicht aufregen!«
    »Nun sag schon!« Erika fuhr die Sklavin ungeduldig an. Ihr war von der Anstrengung ganz schwindelig, aber jetzt war Reinhard ja wieder da. »Wo ist er?« Die Sklavin starrte auf ihre nackten, schwieligen Füße. »Rede!«
    Mit einem Kopfnicken deutete sie schließlich auf eines der Lagerhäuser. »Da ...«
    Erika blinzelte gegen die Sonne und schwankte dann, sich den runden Bauch haltend, auf das Eingangstor zu. »Reinhard?«, rief sie zögerlich. Im schummrigen Licht des Lagerhauses versuchte sie, Personen auszumachen, aber dort war niemand. Gerade als sie sich umdrehen wollte, um die Sklavin zu schelten, fiel ihr Blick auf einige große Holzkisten. Nein ... keine Holzkisten, sondern ... Särge!
    Erika schwanden die Sinne.
    Als sie zu sich kam, lag Erika in ihrer kleinen Behausung. Hatte sie geträumt?
    Ein jäher Schmerz aus ihrem Leib ließ sie zusammenzucken. Draußen hörte sie aufgebrachte Stimmen.
    Josefa schimpfte mit gedämpfter Stimme mit jemandem. »Wie konntest du nur, sie ist hochschwanger, das hätte man ihr auch anders beibringen können!«
    Erika drehte den Kopf zur Wand und schluchzte leise. Es war also kein Traum gewesen, Reinhard war tot. TOT. Wie? Und warum?
    Die Tür ging auf, und Josefa schob sich neben Erikas Bett. »Ach, Kind, das tut mir so leid, diese ungehobelte Sklavin ... ich habe ...«
    »Wie ist er gestorben?« Erikas Stimme war dünn und gebrochen.
    Josefa nahm ihre Hand. »Kindchen, Reinhards Leichnam war gar nicht dabei! Die Sklavin, dieses dumme Ding, wollte es dir ja sagen, aber du warst schneller.«
    »Ist er etwa nicht ...?«
    »Nein, aber es gibt auch keine Nachricht von ihm. Der Sklave, der die ... die sterblichen Überreste der anderen Brüder gebracht hat, sagte nur, der dritte Bruder sei noch weiter ins Land gereist, bevor ... bevor die anderen vom Fieber heimgesucht wurden.« Sie tätschelte ihr aufmunternd die Schulter. »Also: Beruhige dich, Erika, wahrscheinlich geht es ihm gut.« Besonders überzeugend klang Josefa allerdings nicht.
    »Wären wir doch nie in dieses Land gekommen!«, stieß Erika bitter hervor. Sie verging fast vor Sorge um ihren Mann. Wo war er? War er allein? War er gesund?
    Josefa war entsetzt. »Kindchen, sag so was nicht, Gott hat euch gerufen!«
    Gott! Und was hatte Gott jetzt angerichtet? Bevor Erika jedoch etwas erwidern konnte, schnürte wieder ein krampfartiger Schmerz ihren Leib zusammen, dass sie sich krümmte.
    Josefa sprang auf. »Das Kind, Erika, das Kind kommt!«
    Nicht jetzt!, war Erikas erster Gedanke. Es ist noch zu früh! Sie wollte sich dagegen wehren, doch das Kind drängte mit aller Macht in die Welt.
    Nach vierzehn Stunden in den Wehen konnte Erika keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie klammerte sich nur noch an ihren Selbsterhaltungstrieb, der ihr befahl, nicht die Sinne zu verlieren. Aber die Geburt ging nicht voran. Josefa und Dodo saßen neben Erikas Lager, tupften ihr mit kalten Tüchern die Stirn, und Josefa versuchte, mit intensiven Gebeten, einen guten Ausgang für das Ganze heraufzubeschwören. Doch Erika spürte, dass sie jetzt mehr als nur Gottes Hilfe bedurfte. Zwischen zwei Wehen flehte sie Josefa an. »Lass nach Derama schicken, bitte!«
    Josefa blickte sie entsetzt an. »Erika, du willst doch nicht, dass diese ... diese ... Nein, dein Kind kann nicht in die Hände einer Negerin geboren werden«, sagte sie erschüttert.
    Doch Erika spürte, dass dies ihre einzige Chance war. Ihre und die des Kindes. Sie duldete keinen Widerspruch. »Hol sie!« Sie krallte sich in Josefas Arm, die überrascht aufschrie. »Hol sie, sofort!«
    Bevor Josefa reagieren konnte, war Dodo schon auf den Beinen.
    Derama untersuchte die geschwächte Erika. Ein paarmal schüttelte sie unwirsch den Kopf und gab Josefa zu verstehen, dass

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