Im Land der Regenbogenschlange
veröffentlicht, die per DNA -Proben nach einer Verbindung forschen zwischen den beiden Verbannten (sowie anderen, späteren Schiffbrüchigen) und den seit Jahrhunderten hier ansässigen Aborigines. Das ist ein delikates Unternehmen, denn die in dieser Gegend lebenden Nhanda-Ureinwohner sind untereinander zerstritten. So begrüÃen die einen das Unternehmen, da es beweisen soll, dass sie schon immer hier lebten. Während die anderen fürchten, dass das Ergebnis nur zu weiteren Streitereien führen wird.
Ich gehe die hundert Meter zum Strand, niemand, nur ein Paar, das andächtig vor den hohen weiÃen Wellen steht. Nur ihre schönen Körper und ihre Kleidungsstücke auf dem Sand. Sonst nichts. Kein Picknick-Korb, kein Wohlstands-Gerümpel, nur Mann und Frau, das Meer und der Himmel. Ich ziehe diskret vorbei zum »roten Felsen«. (So genannt, da die anderen Formationen eher hell und ockerfarben waren.) Ein Poster lockt, ein Immobilien-Hai kündigt an, dass er bereit ist, die Landschaft mit »Motel units« zu verunstalten. Mir fallen die Meldungen aus Griechenland ein, wo griechische Haie die Wälder anzündeten, um endlich ihre Betonschachteln aufstellen zu können. Wobei das Wort »Hai« deplatziert scheint, denn selbst Raubtiere schwimmen bisweilen an der potenziellen Beute vorbei, ohne sie aufzufressen. Die Schönheit der Erde, sie taugt wohl nichts, man kann sie auf kein Konto überweisen, sie will ums Verrecken keinen Profit abwerfen.
Die Flut kommt, ich setze mich auf eine höher gelegene Plattform des Felsvorsprungs. Um zuzuschauen, mit welcher Geduld die Gischt Löcher in das Kliff nagt. Ich rauche, mit Genugtuung registriere ich, dass der Blick auf die Wunder der Welt keinen Eintritt kostet. Noch keinen. Und ich habe Zeit, darüber nachzudenken, was ein Raubmensch, der jetzt neben mir säÃe, empfinden würde. Ob eine Herzkammer in ihm noch zugänglich wäre für die Wohltaten nutzlosen Glücks. Oder ob alle schon verbarrikadiert sind von der geilen Aussicht, das nutzlos Schöne abzuschaffen und als Banknote in Umlauf zu bringen.
Schwieriger Rückweg. Im Radio kommt die Meldung, dass man sich jetzt für Geburtstagspartys security personnel anmieten kann. Bisweilen denke ich, die Welt spinnt. Oder denke, ich spinne. Wie jetzt gerade. Weil ich denke, mich verhört zu haben. Nein, habe ich nicht. Kurz darauf berichtet ein Reporter von Mister Michael Vick, einem Football-Profi aus Atlanta mit einem 150-(hundertfünfzig!)-Millionen-Dollar-Vertrag, der als Bestie vor Gericht steht. Auf seiner Farm veranstaltete er Pitbull-Kämpfe. Alle Hunde, die verloren, wurden aufgehängt oder ertränkt. In der Untersuchungshaft hat der Quarterback â der mit fünf Jahren rechnen muss, aber weiÃ, dass scheinheilig inszenierte Auftritte das Strafmaà erheblich reduzieren â »Jesus entdeckt«. Ja, sich »Jesus übergeben und ihn um Vergebung gebeten«. Von einer Aussage, jemals ein Tier um Verzeihung gebeten zu haben, ist nichts bekannt.
Ich bin schlecht gelaunt und betrete einen Shop, suche die Kühltruhe und gehe mit einem Magnum-Eis aus dem Laden. Ohne zu zahlen. Als Ausrede fällt mir ein, dass ich meine Reflexe checken muss, betreibe ich doch gerade Feldstudien, will mich schlieÃlich in die zwei Holländer hineinversetzen und herausfinden, wie man in freier Wildbahn ohne Geld überlebt.
Der Begriff Wildbahn stimmt, ein paar Hundert Meter weiter bin ich schon wieder Holländer, denn zwei Hunde stürzen auf mich zu, groà wie Kälber. Auf eine halbe Armlänge kommen sie ran. Ich schreie sie an, mache kindische Drohgebärden, wohl alles nutzlos, wäre nicht gleichzeitig ihr Besitzer aufgetaucht, um sie zurückzupfeifen. Sicherheitspersonal für Spaziergänger, auch darüber könnte man nachdenken.
Die Köter überraschen nicht, ich befinde mich mitten in einer Pensionärs-Siedlung. Jedes Haus mit einer imposanten Satelliten-Schüssel auf dem Dach und von einem hohen Zaun umzingelt. Für Minuten weià ich nicht, wen es schlimmer erwischt hat. Die beiden hier ausgesetzten Meuterer oder die Männer und Frauen, die sich in Kalbarri hinter schwerem Wellblech verschanzen.
Am nächsten Morgen den langen Weg zurück nach Perth antreten. Einen verregneten Tag lang in einem Bus sitzen ist nie verlorene Zeit. Einer der unschlagbaren Vorzüge des Lesens ist seine
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