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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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»gerettet« zu werden. Wieder mitten in der Fußgängerzone. Irgendwie muss sie mein Auftreten an sie selbst erinnern, denn der lange Terry sagt glatt: »Auch ich habe in der Gosse gelebt, auch ich war ein Heroinjunkie und Säufer. Bis Jesus kam und mich rettete.« Bevor ich erklären kann, dass ich das Schlimmste schon hinter mir habe, legen sie ihre vier Hände auf meine Schultern (sicherheitshalber luge ich auf meine Hosentaschen, die beiden scheinen jedenfalls finanziell noch nicht gerettet) und reden los: »Jesus zahlte am Kreuz die Strafe für deine Sünden.« Ich nicke dankbar, sogar die zwei fröhlichen Narren beneide ich. Um die Ruhe in ihren Hirnen, die kein Gedanke mehr aufschreckt. Ich frage noch, wie es denn im Himmel, der mir ja nun offensteht, zugehe. Und der asthmakranke Paul: »Nur Glück, weil du auf dem Schoß deines Schöpfers sitzen darfst.« Jetzt schwanke ich wieder, vielleicht wäre eine Höllenfahrt doch aufregender.
    Weiter Richtung Norden, die Küste entlang. Wieder ein Sonnentag, über das Radio kommen die Rural News , alles über Rinder und Schafe, übers Wetter und die Dürre, die mit fataler Regelmäßigkeit weite Teile des Landes heimsucht.
    Nach den Nachrichten aus dem Tierreich, wundersames Australien, stellt der Sender französische Poesie vor. Und jemand liest Jacques Preverts Rappelle-toi Barbara vor, in dem der Dichter beschreibt, wie ein Mann laut den Namen Barbara ruft und seine Freundin glückstrahlend auf ihn zurennt. Und die beiden sich im strömenden Regen umarmen und küssen.
    Der Titel des Gedichts soll die junge Frau an diesen Tag erinnern, der vor dem zweiten Weltkrieg stattfand. Im schönen Brest. Barbara soll sich erinnern, um die Frage des Dichters zu beantworten: Was ist aus euch und der Liebe geworden, nachdem die Küstenstadt im Feuerhagel der Deutschen und Alliierten zerstört wurde?
    Ganz gleich, ob man die Zeilen zum ersten Mal hört oder sie längst kennt: Am Ende heult man, so bewegend sind sie. Weil sie von unserem vergänglichen Leben erzählen und der noch vergänglicheren Liebe.
    Am frühen Nachmittag in Childers, zwei Stunden Aufenthalt. Das Städtchen ist ein kleiner Traum, nicht Wildwest, nein, Sweetwest. Mit Bäumen und einer Sonne, die durch die Blätter auf Terrassen-Cafés leuchtet, mit slow cruising cars , mit Lotte, die mich nach dem Kauf einer Cola mit »have a nice day, my love« verabschiedet. Hätte ich nicht vor Tagen gelesen, dass hier am 23. Juni 2000 eine Katastrophe wütete, die durch die Weltpresse ging, ich hätte nichts davon bemerkt. So unbeschwert sieht es in Childers aus.
    Die Stelle, wo der ehemalige Backpackers Palace stand, ist leicht zu finden. Hier brach in besagter Nacht um 0 Uhr 32 ein Feuer aus und fünfzehn Rucksackreisende verbrannten. Angezündet von einem gewissen Robert Paul Long, einem rachsüchtigen, nervenkranken Obdachlosen. Inzwischen wurde die Brandruine abgerissen und ein Memorial errichtet, ein Museum. Am innigsten wohl ein Gemälde, das die 15 Männer und Frauen zeigt, Australier, Engländer, Holländer, Japaner und – Moulav Lahoul-Kamel, einen Afrikaner. Man sieht nur seinen Schatten, da auch sein Pass mit dem Foto verkohlte. (Die Stadt hat nach Somalia geschrieben, um die Familie zu informieren. Aber nie kam eine Antwort.) Taking a break in the field , heißt das Bild, denn sie alle waren als fruit pickers unterwegs, Leute, die sich mit Saisonarbeit ihre Reise durch Australien verdienen. Damals, so schrieb der Chefredakteur der hiesigen Zeitung, ging ein Ruck durch die Stadt, das Desaster habe in den Bewohnern »strength and humanity« ausgelöst. Die angebotene Hilfe für die 69 Überlebenden war exemplarisch.
    Am späten Nachmittag landeinwärts, Richtung Outback. Pause in einem Nest, wo es einen Lifeline-Shop gibt, der Beratung für Lebensprobleme per video councelling anbietet. Damit die ferne, depressive Bäuerin ihren Berater sehen kann. Das hilft, sagen sie.
    Abends in Eidsvold. Hier übernachtet man nur, weil der Bus wieder umkehrt. Ich komme im Star Hotel unter, sechs ebenerdige Zimmer, in jedem hängt der fire-escape -Plan. Wie erheiternd, wieder ein Hinweis auf den Sicherheitswahn, der umgeht in diesen Zeiten: ein Haus neben der Wüste, ein gigantischer Kontinent mit Tausenden von Kilometern Auslauf liegt direkt vor der Tür, und der verehrte Gast wird

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