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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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ich wieder hochgestimmt. Dummheit nervt, aber so weltbewegende Dummheit kann enorm amüsieren. Herzlicher Abschied, »two brothers in arms«, meint Bruder Robert noch, »say good-bye to each other.« Ich schultere mein Gepäck, kämpfe gegen einen Lachanfall und wische hinaus.

Nachmittags nach Perth. Ich dachte immer, nur Greyhound-Fahrer martern mit ihrem Reglementierungs-Wahn, nein, unser Mann vom Goldfields Express übernimmt jetzt die Spitzenposition. Hier zahlt man nicht für den Platz, hier zahlt man, um gefoltert zu werden. Obwohl zwei Drittel der Sitze nicht besetzt sind, soll ich zurück zu der auf dem Ticket markierten Nummer. Ich nehme grundsätzlich keine hirnlosen Anweisungen entgegen. Da ich zudem inzwischen gelernt habe, wie man mit aufgeblasenen Hasenfüßen umgeht, erkläre ich dem Hasenfuß, dass ich hier sitzen bleibe. In diesem schwelend agressiven Ton, der eine weitere Diskussion nicht ratsam erscheinen lässt. Das wirkt, wir starten.
    Nun folgen per Lautsprecher die ersten 31 Gebote, bei Annäherung an eine Raststätte folgt die zweite Lawine: Achtung, am rechten Schalter das Klolicht ausschalten! Achtung, nicht barfuß den Bus verlassen! Achtung, nicht barfuß den Bus besteigen! Achtung, die Kaffeetasse im Schnellimbiss ist heiß! Achtung, der Wind bläst! Achtung, die ATM -Maschine steht direkt neben den Softdrinks! Achtung, dort kann man sich gleich die Windeln herunterladen! Achtung, die dreifarbigen Schnuller liegen direkt neben der Kasse! Okay, das ist gedichtet, die Windeln und die Schnuller habe ich dem Schwadroneur in den Mund gelegt. Aber in ein paar Jahren sind wir so weit.
    Kurz vor 22 Uhr kommen wir an. Beim Aussteigen frage ich den Fahrer, warum er acht Stunden lang blutrünstige Filme – die dritte Zumutung – gezeigt hat. Und der kleine Sadist: »To keep you occupied.« Wie einleuchtend, so geht man mit Schafen um. Intelligent design all over. Weit und breit niemand, der uns mit Denken in Atem halten will.
    Alles vergeben, als ich das Hotelzimmer betrete. Ein Paradieszimmer. Wie ein Gekreuzigter lege ich mich bäuchlings auf das Doppelbett. Ohne die Erinnerung an die Golddust-Klitsche wäre der Genuss halb so spektakulär. Wohlgeruch, Stille, ja überwältigt von der Aussicht, dass im Nebenraum eine Badewanne wartet. Damit ich jetzt zwei Stunden lang im warmen Wasser liegen, rauchen, lesen und einer US -Sextherapeutin im Radio zuhören kann, die auf den amerikanischen Puritanismus anlegt und darauf verweist, dass es in ihrem Land über hundert Wörter für pain gebe, aber keine zwanzig für joy . Und zwischendrin die Deutschen lobt, denn einer von ihnen (Gräfenberg) habe den G-Punkt entdeckt, dessen Aktivierung bei Gott zur joy of life beitrage.
    Ich darf mit der beruhigenden Gewissheit einschlafen, dass ich ab 6 Uhr 45 nicht losrennen, nicht Reporter sein und nach Storys jagen muss. Dass ich stundenlang sitzen bleiben und mich mit dem vergnügen darf, was noch entschiedener zur Anhäufung von Hochgefühl, Ganzheit und Lustsausen beiträgt: die deutsche Sprache. Haben wir je etwas Eleganteres erfunden? Wie viele G-Punkte müssen her, um es mit ihr aufzunehmen?
    Perth ist die Hauptstadt von Western Australia , dem größten Staat des Kontinents, größer als Texas und Neuseeland zusammen. Und die 1,4-Millionen-Metropole sieht gut aus, hat Küsten-Flair, hat eine blaue Sonne, hat Männer und Frauen, die sich selbstsicher zwischen den Wolkenkratzern bewegen. Wie alle Großstadt-Neurotiker mag ich eine Umgebung, die fiebert, nervös ist, vif. Und ich finde ein Café, das Dome , wo es aussieht wie in Wien, sprich, wo man nur der Gewohnheit wegen für den Kaffee zahlt, aber im Grunde die Dollar hinlegt, um bleiben zu dürfen. Zum Nachdenken, Plaudern, Lesen, zum Sitzen und Schauen. Und wo keine Rednecks rülpsen und alle männlichen Gäste, auch die Bauchträger, sich mit zugeknöpftem Hemd an den Tisch setzen.
    Perth, ich fühle es, wird mich beschenken. Und das erste Geschenk heißt Otis, der in einem Reisebüro arbeitet, das Busfahrten durch die Nullarbor anbietet. Da ich irgendwann zurückmuss, schaue ich mich rechtzeitig nach Verbindungen um. Otis am anderen Ende der Leitung ist betont freundlich, sagt gleich, dass gestern, leider, leider, der Bus nach Adelaide abgefahren ist und der nächste erst wieder in vier Wochen vorgesehen ist. Ich bedanke

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