Im Land der tausend Sonnen
Es störte ihn nicht, dass er seine Männer der Gefahr aussetzte, vom Pferd zu stürzen; er war völlig versessen darauf, das Land des Iren zu finden. Dort wollte er sein Werk beginnen. Eine Stunde später hatte er sein Ziel erreicht. Gemächlich ritt er über das Land, dessen Bäume bereits gefällt waren und auf dem hohes Gras die Stümpfe verbarg.
Sam, einer der Vormänner von Clonmel, ritt an Keith heran.
»Ist das nicht Quinlans Land, Keith?«
»Gut beobachtet, Sam. Das hier gehört tatsächlich Quinlan, und er kann sich dran freuen, wenn er aus dem Gefängnis entlassen ist.«
»Dieser Schuft«, sagte Sam. »Den Widder kaltblütig abzuschießen, das hat mir fast das Herz gebrochen. Er war so ein schönes Tier.«
»Das kannst du laut sagen«, bestätigte Keith mit aufrichtigem Bedauern. »Duke war fast wie ein Mensch für mich. Ein Haustier.«
»Gott, ja. Und die Wolle! Lieber Himmel, haben Sie je Vergleichbares gesehen?«
»Unersetzlich war er. Ganz gleich, wie viele Lämmer seine Schafe werfen, einen zweiten Duke wird es niemals geben. Aber eins sag ich dir, Sam, unsere Merinos sind schon wieder in Gefahr.«
»Wieso?«
»Ist nun mal so«, sagte Keith geheimnisvoll. »Drohungen und so weiter. Und deshalb müssen wir ihnen eine Lektion erteilen, müssen sie warnen, damit sie die Finger von unseren Tieren lassen.«
»Wen?«, fragte Sam, und es klang kampfeslustig. »Freundchen, die sollen mich kennen lernen.«
Sie folgten der Grenze zu Quinlans Land, doch Keith machte keinerlei Anstalten, auf das angrenzende Land vorzudringen. Stattdessen ritt er weiter, immer die Pflöcke der Landvermesser im Auge, bis er das zweite Landstück fand, das noch eine zaunlose Wildnis darstellte. Dieses Mal führte er die Männer kühn an den Grenzmarkierungen vorbei und wandte sich Sam zu.
»Du denkst, du kennst Clonmel wie deine Westentasche. Auf wessen Besitz befinden wir uns hier?«
»Meissner, der Deutsche, hat dieses Land gepachtet.«
»Gut. Du bist wirklich gut, Sam. Ich dachte, ich könnte dich reinlegen. Also – dieser Deutsche ist es, der die Drohungen ausstößt …«
»Warum?«
»Das ist eine Sache zwischen ihm und J. B. Unsere Aufgabe ist es, ihm einen kleinen Schrecken einzujagen.«
Er saß ab und wartete, bis die anderen herangekommen waren. Sie sahen Sam an, der ihnen mit einem Handzeichen bedeutete, ebenfalls abzusitzen und einen Moment zu warten.
Keith begann, mit dem Fuß trockenes Laub und dürre Äste auf einen Haufen zu scharren.
»Hast du ein Streichholz?«, fragte er Sam, und dieser reichte ihm seine Wachshölzchen. Keith strich eines an und warf es auf den Haufen, der rasch in Flammen aufging.
»Himmel! Passen Sie auf!«, schrie Sam und packte ihn am Arm. »Sie lösen ein verdammtes Buschfeuer aus. Hier ist doch alles trocken wie Zunder.«
»Meissner glaubt, er könne genauso mit uns umspringen wie Quinlan, ohne erwischt zu werden. Unsere Merino-Widder sind kostbar, Sam, und wir können sie nicht bis in alle Ewigkeit bewachen. Ist dir noch nicht aufgefallen, dass sie neuerdings Tag und Nacht bewacht werden?«
»Himmel! Nein, wirklich nicht, Keith.«
»Wahrscheinlich bist du abends einfach zu müde dazu.«
»Das mag schon sein.«
»Also. Wir müssen zeigen, dass wir nicht so verletzlich sind, wie diese Ausländer glauben. Der Wind weht in die richtige Richtung. Genau richtig für uns. Keine Sorge, Sam. Sie haben den Fluss auf ihrer Seite; es ist ein fairer Kampf.«
Keiths Feuer knisterte munter, doch die Männer standen nur da und starrten es verwirrt an.
Sam nahm Keith zur Seite und senkte die Stimme. »Wir sollten lieber vorsichtig sein. Der Bursche da drüben, der mit der Lederweste, wissen Sie nicht, wer das ist?«
»Nein.«
»Das ist Fechner. Der Deutsche. Er kennt diesen Meissner wahrscheinlich.«
Keith drehte sich langsam um, um weder Überraschung noch Ärger sichtbar werden zu lassen. Er schob den Hut in den Nacken, und schon spürte er die Hitze des brennenden Grases.
»Wahrhaftig«, sagte er gedehnt. Himmel!
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