Im Land der tausend Sonnen
fortgegangen, hatte sich nur von wenigen Freunden verabschiedet. Seit der Zeit zog er umher, arbeitete hier und da als Landarbeiter, bis er sich auf einem Hof vor Hamburg wiederfand. Da hörte er von den Emigranten, und seine Nachforschungen führten ihn zu Pastor Beitz.
Er war wie hypnotisiert von der Idee. Als guter Lutheraner glaubte er sich in allerbester Gesellschaft und überließ alle Vorbereitungen dem Pastor und seinem Komitee, bestand lediglich darauf, für seine Kosten selbst aufzukommen.
Doch jetzt sollten seine Sorgen eigentlich eher Jakob gelten. Sie sahen im Mondlicht die ersten niedergebrannten Felder, und sie waren entsetzt. Verkohlte Bäume, kalt und reglos, erhoben sich urplötzlich vor ihnen, und Jakob schrie erschrocken auf.
»Bleib ruhig!«, rief Walther ihm zu. »Das hier ist vielleicht noch gar nicht dein Land.«
Quinlan schüttelte den Kopf. »Nach meiner Einschätzung ist es doch sein Land, so traurig es auch sein mag. Sieht so aus, als wäre das Feuer an dieser Stelle ausgebrochen.« Schweigend ritten sie den schmalen Pfad entlang, der sich in der Düsternis abzeichnete, und Walther hatte das Gefühl, über einen Friedhof zu reiten, weil alles, was zu beiden Seiten in dem schwarzen Wald noch stehen geblieben war, so furchtbar still war. Es war gespenstisch und unheimlich, und er war froh, hinter den beiden zu reiten, denn er wagte es nicht, von seinen eigenen Ängsten in Bezug auf Frieda und Karl zu sprechen, die da draußen ganz allein gewesen waren. Er hörte Jakob und Quinlan reden. Ihre Stimmen klangen gedämpft, aber sie trugen doch in der Stille der Nacht.
»Das hier dürfte deine erste Parzelle sein«, sagte der Ire.
»Ja.«
»Du hast doch zwei?«
»Ja, eine für meinen Sohn.«
»Guter Schachzug. Wenn du dich um deine Frau und deinen Sohn sorgst, Jakob, lass es. Du hast gesagt, von deinem Haus aus war der Fluss zu sehen. Wasser brennt nicht, wie du weißt. Außerdem kann es doch sein, dass das Feuer sich ausgebrannt hat, bevor es deine Farm erreichte. Und meine, hoffe ich.«
Eine Zeit lang ertönte in kurzen Abständen immer nur die Stimme des Iren, der versuchte, Jakob Mut zu machen.
Irgendwann erreichten sie eine Weggabelung. Der Ire zügelte sein Pferd und wandte sich nach links.
»Also, Freunde, wie konnte ich bei meinem Pech auch erwarten, davongekommen zu sein?«
»Das hier ist Ihr Land?«, fragte Walther.
»Ja. Und auf der anderen Seite liegt Jakobs Territorium. Das Buschfeuer ist mitten hindurchgegangen, und erst der Fluss hat ihm Einhalt geboten. Wir sind beide völlig abgebrannt.«
Unfähig, das langsame Tempo noch länger zu ertragen, preschte Jakob davon, galoppierte den Weg entlang und ließ alle Vorsicht außer Acht.
Zum ersten Mal im Leben empfand er derartiges Entsetzen. Das verbrannte Land mit den Vogelscheuchenbäumen beschwor die grauenhaftesten Vorstellungen herauf. Alles erschien ihm so fremdartig. Er sagte sich immer wieder, es könnte gar nicht sein Land sein. Ausgeschlossen. Irgendwo auf dem Weg war er wohl falsch abgebogen. Schon bei Tageslicht konnte man sich hier so leicht verirren. Bei Nacht umso leichter.
Sein Pferd schwenkte zur Seite, um wieder einmal einem Hindernis auszuweichen, und Jakob wurde bewusst, dass er das Tier nicht mehr lenkte. Es kannte den Weg, lief von allein nach Hause. Ein tiefer Seufzer entrang sich ihm, und er wappnete sich für das, was ihn erwarten mochte.
Viel zu bald erreichte er die Abzweigung, den Weg zum Haus. Da war kein Tor. Da war auch kein Zaun. Da war nichts, was einen Besucher in die Richtung der Meissner'schen Wohnstatt gelenkt hätte. Dergleichen war auch nie da gewesen, aber man hatte sie trotzdem gefunden. Das heißt, die wenigen Leute, die überhaupt kamen. Im Grunde kaum jemand. Der Bullocky und sein Gespann, mit Theo. Die Herren von Clonmel. Worum ging es gleich noch in diesem Streit? Jakob verlor mehr und mehr die Orientierung. Das Pferd war stehen geblieben. Und warum? Er kannte diesen Ort nicht. Nur verkohlter Wald, und auf der Lichtung stand unsinnigerweise ein Kamin aus Backsteinen.
Quinlan und Walther sahen sich um. Wonach? Er wollte rufen, aber seine Kehle war wie zugeschnürt, seine Stimme
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