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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Westen hin, wie man sagte. Wie viel weiter war dann »weit draußen im Westen«, um Himmels willen? Der Mann hieß Henderson, und der Name kam ihr irgendwie bekannt vor, doch ihre Gedanken weilten bei Lukas, als Elsie ihr nun noch mehr Limonade einschenkte. Sie sehnte sich so danach, ihn wiederzusehen, ihren geliebten Lukas. Es war entsetzlich gewesen, diese ganze Zeit, da sie sich gesorgt hatte und die Tage ihr wie Monate erschienen waren und sie sich ständig gefragt hatte, ob ihm etwas Schreckliches zugestoßen war. Nie wieder im Leben würde sie einem Mann schöne Augen machen. Das würde sie Lukas sogar versprechen. Nie wieder. Dann brauchte er nie wieder Angst zu haben, dass sie etwas Dummes, Idiotisches tat …
            Die Ginflasche war leer. Elsie ließ sie auf den weichen roten Boden an der Straßenseite fallen, damit der Kutscher sie nicht bemerkte, und kurz darauf näherten sie sich den Außenbezirken der Stadt, wo sie schließlich in die Zufahrt zu einem Haus einbogen, das neben einer Sägemühle lag.
            »Hier steige ich ab«, sagte Elsie. »Großmutter Pinnow wohnt hier. Dan bringt dich noch den restlichen Weg bis zu deinem Ziel, Hanni. Es tut mir wirklich Leid, dass du Clonmel verlässt, aber was soll's. Gib gut auf dich Acht, und grüße Lukas von mir.«
            Sie fuhren durch die Stadt und dann die Taylor's Road entlang, und schließlich hielten sie an.
            »Wo sind wir?«, fragte Hanni und blickte über gerodetes Buschland hinweg.
            »Bei den Deutschen«, sagte Dan. Er sprang vom Kutschbock, band die Pferde an und begann das Gepäck abzuladen. Hanni blieb sitzen. »Wo ist Lukas?«, fragte sie und wunderte sich über den fremden Klang der Worte, die sich in etwa anhörten wie: »Wosch Lukasch?«
            »Irgendwo hier vermutlich.«
            Dann kam Beitz auf sie zu, und Hanni freute sich so, ihn zu sehen. Sie war so erleichtert. Er sah aus wie ein Engel, ganz in Weiß, mit weißem Haar und weißem Bart, viel schöner als seinerzeit, als er immer diesen schwarzen Rock trug.
            Er streckte die Hand zu ihr hinauf, offenbar entzückt, sie zu sehen, und das war so schön, so nett nach allem, was sie durchgemacht hatte.
            »Hanni, meine Liebe. Was für eine schöne Überraschung …«
            Mit wackligen Beinen stieg sie ab. »Pastor Beitz. Sie sehen so schön aus, einfach richtig schön …« Bevor sie ihn erreicht hatte, gab der Boden unter ihren Füßen nach.
            Der Priester riss die Augen auf, als Hanni zu Boden sank.
             
            Sie erwachte in einer Hütte, und die Sonne schien durch ein Loch im schadhaften Dach auf sie herab. Sie lag auf einer niedrigen Pritsche, nur wenige Zentimeter über dem Boden, und beobachtete die durch den Raum huschenden Echsen. Mittlerweile hatte sie sich an alle Arten von Echsen gewöhnt, nachdem sie ihnen auf der Clonmel Station nicht hatte ausweichen können, ebenso wenig wie den Insekten und Spinnen. Sie mochte diese Echsen und die Geckos mit den freundlichen Gesichtern, die sie von ihrer Zimmerdecke her anstarrten, eigentlich ganz gern. Doch dieser Raum hatte keine Decke. Er hatte ein Dach aus Zweigen und Gestrüpp. Und er hatte auch keine Tür, sondern war auf einer Seite offen und gab den Blick direkt auf den Busch frei.
            »Wo bin ich?« Hanni richtete sich ruckartig auf, was einen stechenden Schmerz in ihrem Kopf hervorrief. Sie kannte diesen Ort nicht, aber ihr Gepäck war hier, ihr Mantel und ihre Haube lagen auf den Kisten.
            Mit wachsender Panik bemerkte Hanni, dass sie voll bekleidet geschlafen hatte, noch dazu in ihrem besten Rock mit dem bestickten Latz. Auf Strümpfen stolperte sie über den fest gestampften Boden und spähte nach draußen. Die Vögel lärmten, doch kein Mensch war zu sehen, und plötzlich fiel Hanni ein, dass sie hergekommen war, um Lukas zu treffen. Also musste er doch irgendwo hier sein. Warum er allerdings zugelassen hatte, dass sie in ihren Kleidern schlief, war ihr ein Rätsel.
            »Lukas!«, rief sie. »Lukas! Wo bist du?«
            Aber es war nicht Lukas, der auf ihr Rufen antwortete. Es war Walther Badke!
            »Was tust du hier?«, fragte sie ihn.
            »Ich wohne hier, Hanni. Geht es dir besser heute Morgen?«
            »Ja, danke. Wo ist mein Mann?«
            »Lukas? Das weiß ich

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