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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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ausruhen, zu erschöpft, um seinen Weg fortzusetzen.
            Er lehnte sich gegen einen Baum, versuchte, einen Plan zu fassen, vielleicht auf dem Weg die Bäume zu markieren, doch sein Mund war so ausgetrocknet, der Durst inzwischen so qualvoll, dass es eine Erleichterung war, einzudämmern, zu flüchten. Ihm war bewusst, dass er während der Tagesstunden nicht schlafen, dass er sie nutzen sollte, um einen Weg aus diesem Irrgarten zu finden, doch die Verlockung war übermächtig. Er war fast eingeschlafen, als das unbehagliche Gefühl einsetzte, das Jucken, das ziellose Kratzen, die Reizung in seinem Hemd, die ihn veranlasste, verschlafen seine Brust zu reiben, und dann war er hellwach, schleppte sich verzweifelt fort und fluchte, als unter der Hitze Hunderte von Insektenbissen seine Haut verätzten. Lukas hatte sich auf einem Ameisenhügel niedergelassen.
            »Stechameisen«, fauchte er und wälzte sich zur Seite, um den angriffslustigen Biestern, die überall auf ihm herumkrabbelten, zu entkommen. Viehtreiber hatten ihn in den Camps auf die Tiere aufmerksam gemacht und ihn gewarnt, dass sie gemein beißen konnten, und was tat er? Er war dumm genug, sich ausgerechnet auf einen ihrer Hügel zu legen. Und sie bissen nicht nur, sie stachen wie Bienen! Lukas weinte Tränen des Schmerzes und der Wut, während er sich bemühte, die Ameisen ohne Hilfe von Wasser loszuwerden. Er riss sich das Hemd vom Leib, schlug es aus, doch wegen des gebrochenen Beins konnte er seine Hosen nicht ausziehen, und der Kampf setzte sich fort, bis die Ameisen entschieden, ihn genügend gestraft zu haben, und ihre Krieger zurückriefen. Lukas lag keuchend, wieder völlig erschöpft, auf dem Boden.
            Zuerst glaubte er, es wäre nur die Sonne, doch dieser heiße Hauch musste etwas anderes zu bedeuten haben. Er schlug die Augen auf und erblickte einen großen, grimmigen Dingo, der auf ihn herabblickte.
            »Oh nein«, stöhnte er und fühlte sich wie Hiob. Als ob der Herr sich immer neue Grausamkeiten ausdachte, um ihn zu quälen. Er konnte nicht einmal auf den Dingo reagieren. Sollte er ihn doch beißen! Er hatte nicht mehr die Kraft, ihn fortzujagen. Ihn wegzuscheuchen.
            Er biss ihn nicht. Er wich ein wenig zurück, setzte sich auf die Hinterbeine und starrte Lukas an.
            Brav, dachte Lukas, doch aussprechen konnte er es nicht. Die Zunge war zu groß für seinen Mund. Er fragte sich, wie lange er schon hier war.
            Der Dingo blieb, so, als wollte er Wache halten, doch Lukas verlor das Interesse. Er musste irgendwie weiterkommen.
             
            Die Ameisen waren fort, doch etwas anderes störte Tibbaling. Er rief nach dem Dingo, aber der war auch weg. Er kratzte sich am Kopf und blickte sich um. Der Busch hatte seine Farbe verloren, war nur noch schwarz und weiß. Ein Brand war über dieses Land hinweggegangen. Er wanderte über den verkohlten Boden, trabte immer weiter, denn ein Stück entfernt entdeckte er einen Dingo. Der saß nur da, bewachte etwas. Und nun erkannte Tibbaling eine menschliche Gestalt in der Asche. Einen Mann.
            »Da bist du ja!«, sagte Tibbaling zu ihm, bekümmert darüber, dass der Mann Schmerzen litt und dringend Hilfe benötigte.
            Der Ort war kalt und still, ein elender Ort, und Tibbaling war froh, als das vertraute Gurgeln des Bachs ihn aus dem Traum zurück in Beißts Lager holte.
            Er machte sich auf die Suche nach Billy, seinem Schützling, der, wie Tibbaling den Geistern berichtet hatte, drei Leben benötigen würde, um diese Zeiten begreifen zu können, in denen so viel so schnell geschah. Es fiel seinen Leuten schwer, an ihren Träumen festzuhalten, obwohl in diesem Gebiet das Morden weitgehend aufgehört hatte. Die weißen Männer drangen überallhin vor. Und immer neue Stämme, die andere Laute sprachen, wie die Chinesen und Kanaken. Solange er lebte, hatte er nie eine solche Ansammlung unterschiedlicher Stämme erlebt. Ein Mann brauchte ein ganzes Leben, um deren Art zu begreifen.
            »Ich will, dass du zu dem Dingo gehst«, sagte er zu Billy.
            »Wo finde ich ihn?«
            »Er wird dich finden. Ich vermute, dass er sich auf dem verbrannten Land aufhält, über das kürzlich ein Feuer hinweggegangen ist. Fahre mit dem Kanu flussaufwärts. Der Dingo wird dir zeigen, was du dann zu tun hast.«
             
           

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