Im Land der tausend Sonnen
denn? Sie machte so einen netten Eindruck und war sehr tüchtig.«
»Das beweist wieder mal, wie sehr der erste Eindruck trügen kann. Sie hat gestohlen.«
»Nie im Leben!«
»Doch. Deswegen wurde sie gefeuert.«
Charlie sah ihn zweifelnd an. »Das kann ich nicht glauben.«
In diesem Augenblick sprangen die Viehtreiber die Stufen des Pubs herab. »Hey, Colley. Irgendein Kerl sucht dich. Ihm fehlen sechs von seinen Pferden.«
»Wo ist er jetzt?«
»Wieder auf dem Weg zum Polizeiposten.«
»Mist!«, sagte Colley und stapfte davon, ohne Charlie auch nur zum Abschied zuzunicken. Charlie war froh, ihn los zu sein. Er mochte Colley nicht, doch der Kerl hatte sich an ihn gehängt, als er ihn auf der Straße sah.
Jules Stenning erwartete ihn an der Bar. »Charles, alter Junge! Wo hast du so lange gesteckt? Ich bin dir schon zwei Whisky voraus.«
»Sitzungen und nochmals Sitzungen. Ich brauche ein Bier, ich sterbe vor Durst.«
Stenning bestellte ihm ein Ale, während Charlie fortfuhr: »Ich hatte nicht gewusst, dass so viel Papierkram notwendig ist, um eine Brennerei aufmachen zu können. Du musst das für mich erledigen, Jules.«
»Das ist eine komplizierte Angelegenheit. Der Import von Spirituosen ist streng reguliert, aber du beschreitest Neuland, wenn du selbst Rum produzierst und ihn hier verkaufen beziehungsweise exportieren willst. Glaubst du wirklich, dein Rum ist gut genug, Charlie?«
»Es wird der beste Rum, den du je gekostet hast, Jules, und dadurch kommt Bundaberg ganz groß raus. Immer mehr Farmer stellen auf Zuckerrohr um, wenn sie vernünftig sind. Eines Tages werden unsere Ebenen hier von Zuckerrohrfeldern bedeckt sein, so weit das Auge reicht.«
Er griff nach dem Glas, das der Barkeeper vor ihn hingestellt hatte, und leerte es in einem Zug bis zur Hälfte.
Jules lachte. »Sinnlos, mir das zu erklären. Ich bin nur Angestellter im öffentlichen Dienst, alter Junge. Aber du solltest nicht vergessen, dass dein Unternehmen davon abhängt, dass neue Regelungen in die Lizenzgesetze aufgenommen werden. Du kannst nicht einfach heimlich eine Brennerei bauen. Die Regierung muss die Bestimmungen ändern, um dir den Bau gestatten zu können.«
»Das weiß ich. Und du wirst diese Änderungen doch in meinem Sinne befürworten, nicht wahr, Jules? Du kennst dich in der Sache aus.«
»Natürlich tu ich das, aber dir dürfte doch nicht entgangen sein, dass unser Abgeordneter strikter Antialkoholiker ist.«
»Nein. Und deshalb muss er weg. Wir müssen eine Kampagne starten und ihn abwählen. Wir sollten einen Wahlkampffonds für Keith einrichten. Ich weiß, dass die Dixons genug Geld haben, um ein Dutzend Kampagnen zu finanzieren, aber ein Wahlkampffonds erweckt bei den Wählern den Eindruck, als ginge es um einen ganz normalen Burschen, der Geld braucht. Außerdem sind dadurch die Leute beteiligt, lassen sich mitreißen, wenn's auf ihr Geld ankommt. Dann müssen wir dafür sorgen, dass die Leute hier auf der Wählerliste stehen, und mindestens die Hälfte steht nicht drauf, wie du wohl weißt, Jules …«
»Moment mal! Ich muss mich da raushalten. Ich gelte als neutral. Gründe du ein Komitee, Charles. Bring die Sache ins Rollen. Aber halte mich da raus. Ich bin natürlich auf deiner Seite, aber nicht öffentlich. Trotzdem, im Moment würde ich sagen, du bist selbst dein ärgster Feind. Ich habe mit Keith gesprochen. Wenn du auch sein Freund bist, ist er doch nicht bereit, deine Brennerei zu befürworten.«
»Was? Wieso nicht? Ich weiß, der alte J. B. hält es für eine untaugliche Sache. Ganz klar, er kennt ja nichts außer Schafen. Aber Keith … er ist dabei.«
»Nein, ist er nicht. Er hat was gegen all die Deutschen, die hier aufkreuzen. Das Kommando übernehmen, wie er sagt.«
»Sie übernehmen gar nichts. Genauso wenig wie die Dänen. Zum Kuckuck, Jules … kürzlich sind fünfzig Dänen durchgereist. Worüber regt er sich auf?«
»Die Dänen sind offenbar im Landesinneren verschwunden, aber deine Deutschen sind ganz vorn, übernehmen das Ruder.«
Charlie war verdutzt. »Das kannst du doch nicht glauben. Die sind nicht
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