Im Land der tausend Sonnen
stärker, als Keith es je konnte. Wenn es auch unwahrscheinlich war. Der Wahlbezirk war groß. Bundaberg war nur ein Punkt auf der Landkarte. Squatter wie die Dixons hatten die Fäden in der Hand. Die Besitzer der großen Schafzuchtfarmen würden ihre eigenen Männer unterstützen, und ihre stärkste Basis war Maryborough, groß genug, um den Schlüssel zum Sieg in der Hand zu halten. Für Keith Dixon.
»Tut mir Leid, Les.« Jules hob die Schultern. »Aber es wäre schön gewesen, einen Schwiegersohn in der Regierung zu haben.«
Dritter Teil
14. Kapitel
Trotz der dräuenden Wolken, die am Himmel aufzogen, trotz der üppig grünen Wälder längs der Küste, die nicht preisgaben, was hinter ihnen lag, war der Vikar überwältigt von Erleichterung, als die Clovis in Moreton Bay vor Anker ging. Die lange, entsetzliche Reise war vorüber, Brisbane nicht mehr weit.
»Ich könnte an Deck auf die Knie sinken und weinen«, sagte er zu Freddy und bekreuzigte sich fachmännisch. Das war schon zur Gewohnheit geworden.
»Ich glaubte schon, das alles sei nur ein grausamer Scherz. Eine Buße. Und wir seien dazu verdammt, in alle Ewigkeit weiterzusegeln … hinein in den dichten, kalten Nebel …« Er lachte übermütig. Die Erleichterung machte dem Triumph Platz, dem Triumph darüber, dass er es tatsächlich bis hierher geschafft hatte. Wo seine Ehrbarkeit garantiert war. Wo ihn ein gutes Leben erwartete.
Eine Barke mit mehreren uniformierten Männern kam längsseits, und Friedrich wich ruckartig von seinem Aussichtsplatz an der Reling zurück, als man ihnen an Bord half. Wenn sie nun hinter ihm her waren? Ihn holen wollten? Ihn von Bord zerren und in ihr Gefängnis schleppen? Auf dem Schiff sagte man, die Gefängnisse in diesem Land wären die grausamsten der ganzen Welt. Verbrecher würden erbarmungslos geschlagen. Mörder den Haien vorgeworfen. Er hätte weinen können. Jetzt … nachdem er so weit gekommen war, so viel ertragen hatte, jetzt würde man ihm doch nicht so etwas antun? Drängend und stoßend eilte er zu seiner Kabine, zitterte, schwitzte, bis sie kamen und riefen:
»Vikar Ritter! Vikar Ritter. Sind Sie da?«
Er konnte nicht antworten. Sein Gaumen war trocken, sein Gesicht schweißüberströmt. Er fiel auf die Knie. Sie konnten einen Geistlichen doch nicht während des Gebets verhaften, oder? In seiner Panik betete er tatsächlich.
»Bitte, Gott, verschone mich. Hab Erbarmen mit einem armen Sünder …«
»Vikar Ritter?« Die Tür öffnete sich. Sie kamen. Unaufgefordert traten sie ein. Um ihn zu holen.
»Oh! Entschuldigen Sie, dass ich Sie beim Beten störe.«
Aus halb geschlossenen Augen erkannte er den Steward.
»Die Post ist gekommen. Ich habe einen Brief für Sie.«
Was für einen Brief? Wer sollte ihm schreiben? Es war eine Falle. Er ignorierte den Eindringling, flüsterte unverständliche Gebete, spielte Theater nach allen Regeln der Kunst und erhob die Augen zum Himmel.
»Ich lege ihn einfach hierhin, ja?«
Der Vikar senkte die Stimme zu einem tönenden Murmeln, Gereiztheit im Ton, und der Steward verstand.
»Entschuldigen Sie die Störung.«
Er war fort. Friedrich wartete. Es gab keinen Menschen, der ihm hätte schreiben können. Der Freddy hätte schreiben können. Ein Brief hätte erst mit dem nächsten Schiff folgen können. Er drehte sich um und betrachtete den Umschlag. Er lag auf seinem Koffer. Lag da so unschuldig wie eine Rattenfalle. Oben an Deck herrschte fiebernde Aufregung, übertönten schrille Stimmen das Rumpeln von schweren Gegenständen, die abgestellt oder umhergeschleppt wurden, bevor die Boote eintrafen, die die Passagiere und ihre Habseligkeiten flussaufwärts nach Brisbane transportieren sollten.
Friedrich schluckte. »Sag jetzt nicht, du kennst Leute in Brisbane, Freddy. Du wirst doch nicht etwa erwartet? Lieber Himmel! Ist mir in deinen Papieren womöglich etwas entgangen? Ich sollte mich gleich hier aus dem Staub machen. An Land springen, sobald mein Boot die Küste erreicht hat. Gott allein weiß, wer mir da schreibt, verdammt noch mal! Und ich habe mich so wunderbar auf die Übernahme meiner gemütlichen Arbeit in Bundaberg vorbereitet! Nun ja, schauen wir lieber mal nach
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