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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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auf das erstbeste Schiff verfrachten sollen, ganz gleich, welches Ziel es ansteuerte. Hätte sie zum Desertieren zwingen sollen! Hätte sie am Leben erhalten sollen! Aber nein, er war ja zu stolz, um so etwas in Betracht zu ziehen.
            Später schleppte er sich müde nach oben, um bei Gabriele und Adele zu sitzen und sie zu trösten. Er legte die Arme um beide und drückte sie an sich, betete mit ihnen, doch sein Herz war gebrochen, und seine Träume waren zerstört.
            Pastor Beitz besuchte sie häufig und tat sein Bestes, um ihnen über diese schwere Zeit hinwegzuhelfen. Er betete mit ihnen und für sie, denn Frau Hoepper, die immer schon kränklich gewesen war, schwand vor seinen Augen dahin. Der Arzt konnte offenbar nichts gegen die Brechanfälle unternehmen, die auftraten, sobald sie etwas zu sich nahm, und dann wurde es schwierig, sie überhaupt noch zum Essen zu bewegen. Der Pastor vermutete, dass es sich um eine Art Hysterie handelte, hervorgerufen durch den Verlust ihrer Söhne, was den Arzt ärgerte, der in seiner Verzweiflung zu Zwangsernährung riet. Doch Herr Hoepper ließ das nicht zu. Im Stillen war Beitz dankbar für diese kleine Gnade.
            Nur sechs Wochen nach dem Tod ihrer Söhne erlitt Gabriele Hoepper einen Herzanfall und siechte dann noch ein paar Tage dahin. Nicht einmal die Liebe und Aufmerksamkeit ihres untröstlichen Gatten und ihrer Tochter, auch nicht die Gebete so vieler Freunde und Verwandter konnten sie retten. Sie wollte bei ihren Söhnen sein, und mit dem letzten Atemzug hauchte sie ihre Namen.
             
            Pastor Beitz hatte zu tun, unglaublich viel zu tun. Zum Glück musste er sich nicht um eine Gemeinde kümmern, da er »das Gnadenbrot erhielt«, wie er seinen ungewollten Ruhestand nannte, doch jetzt musste er auf Hubert Hoeppers Unterstützung verzichten, und dieser Verlust war bitter.
            Jakob Meissner war in die Bresche gesprungen, doch das war nicht dasselbe. Immerhin, so sagte er sich hochmütig, war Hoepper Geschäftsmann und Meissner nur Bauer. Das war kein Vergleich. Es hatte Beitz im Grunde maßlos beeindruckt, dass ein Mann wie Hoepper bereit war, mit den auswanderungswilligen Bauern und Pächtern gemeinsame Sache zu machen. Wie ein wahrer Führer war Hoepper Manns genug, über Standesunterschiede hinwegzusehen, und Pastor Beitz war dankbar dafür. Seine eigene Haltung Jakob Meissner gegenüber erschien ihm jedoch keineswegs ungewöhnlich. Der Pastor war zur Selbstkritik nicht fähig, dazu war er zu lange Herr einer Gemeinde gewesen. Zwar gab er sich gelegentlich offen für Ratschläge, gab aber lieber selbst die Befehle. Dies hier war seine Domäne, seine große Mission. Meissner war ein wenig zu anmaßend; er musste an den ihm gebührenden Platz verwiesen werden.
             
            Jakob wusste durchaus, wo sein Platz war. Er wollte Herrn Hoepper besuchen und ihm sein Beileid über den Verlust seiner Söhne aussprechen, deshalb suchte er die Adresse aus einem der Protokolle des Komitees heraus und ging zu Hoeppers Wohnhaus, doch die großen Häuser schüchterten ihn ein, noch bevor er die Hoepper’sche Residenz mit der schweren geschnitzten Tür und dem glänzenden Messingklopfer fand. Verlegen und in der Hoffnung, nicht gesehen worden zu sein, zog Jakob sich zurück.
            Hoepper nahm natürlich nicht mehr an den Sitzungen teil, und Jakob hatte es nicht leicht mit Beitz, der offenbar glaubte, keine Erlaubnis oder Zustimmung zu benötigen, wenn er mit dem Geld aus der gemeinsamen Kasse Einkäufe tätigte. Er kaufte unsinnige Dinge, wie zum Beispiel einen Vorrat an leichten Sommerhüten und Säcke voller Nahrungsmittel, die sofort ausgeteilt werden mussten, weil sie sich bis zum Zeitpunkt der Abreise, der noch nicht einmal festgelegt worden war, nicht gehalten hätten. Er erwarb mehrere Ballen Stoff, um die Eingeborenen zu kleiden, die seine Mission aufsuchen würden. Dann ließ er sie gedankenlos vor der Tür ihres Sitzungssaals liegen, und sie wurden prompt gestohlen. Zudem kaufte er auch Land in der Stadt Bundaberg, ohne John Hendersons fachmännischen Rat einzuholen.
            Offenbar stand der Pastor schon lange in Briefkontakt mit einem Makler in Brisbane, und aus heiterem Himmel verkündete er eines Tages, dass sie stolze Besitzer von vierzig Morgen schönem, fruchtbarem Land in der Gemeinde seien, die sie auf Hendersons Rat hin als ihr Reiseziel erwählt

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