Im Land der tausend Sonnen
abgelegt haben. Sobald wir wissen, ob es noch freie Plätze gibt.«
»Bist du ganz sicher, Rolf?«, fragte Jakob, spähte in den beengten Schlafraum und fragte sich, wie diese Leute im Fall eines Brandes oder Schiffbruchs, was Gott verhüten möge, überhaupt gerettet werden könnten.
»Ja. Wir alle freuen uns auf die Reise. Das wird bestimmt ein Riesenspaß.«
Jakob blinzelte. Mit seinen vierzig Jahren fühlte er sich noch nicht alt, doch da er an dieser prekären Situation keinen Spaß hatte, vermutete er, dass er doch zumindest nicht mehr der Jüngste war. Er beschloss auf der Stelle, selbst ebenfalls auf Teufelkommraus Spaß und Abenteuer auf diesem merkwürdigen Schiff zu erleben.
Diese Einstellung half ihm während der nächsten paar Monate, wenn die Stimmung auf Grund der Enge, der spärlichen Rationen und der allgegenwärtigen Seekrankheit zu explodieren drohte. Er und Frieda bewohnten einen gemeinsamen Raum im Bereich für Ehepaare unter Deck, abgetrennt von der ersten Klasse, doch trotzdem hatten sie wenig Privatsphäre. Ihre Kabine bestand nur aus einem durch Vorhänge abgeteilten winzigen Raum, einer von vielen in diesem Bereich des Schiffes. Die Vorhänge bestanden aus beschwerter Leinwand – ausrangierte Segel, vermutete er – und wirkten keineswegs geräuschdämpfend. Deshalb konnten er und Frieda, wie alle anderen in diesem Abschnitt auch, sich ständig nur flüsternd unterhalten. Nach einer Weile resignierten alle, bis aus Tagen Wochen wurden und der Lärmpegel anstieg und Stimmen laut wurden, die andere aufforderten, den Mund zu halten.
Als ihrer aller Rettung erwies sich schließlich die große Zahl der auf dem Schiff zusammengepferchten Passagiere, denn dadurch war gewährleistet, dass Beitz’ Gruppe nicht unablässig zusammenhockte. Es gab reichlich andere Leute, mit denen man sich unterhalten, spielen, auf dem abgeteilten Deckabschnitt spazieren gehen, Spaß haben konnte.
Der Kapitän organisierte ein großes Fest, als sie in südlicher Richtung an der Küste Afrikas entlang den Äquator überquerten, doch Jakob nahm es kaum wahr, denn Beitz war auf Grund der erstickenden Hitze erkrankt, und Jakob wurde zu ihm gerufen.
Jakob nahm an, dass der betagte Pastor phantasierte, als er seine Hand umklammerte und flüsterte: »Mir wird es besser gehen, sobald ich dieses Schiff verlassen kann. Das widerliche Gebräu dieses Arztes nehme ich jedenfalls nicht ein.«
»Das ist kein widerliches Gebräu, Herr Pastor. Das ist ein fiebersenkendes Getränk. Gestatten Sie, dass ich eine kalte Waschung vornehme. Sie schwitzen sehr stark. Deshalb müssen Sie auch sehr viel Wasser trinken.«
»Das Wasser ist faulig, kommen Sie mir damit nicht zu nahe. Helfen Sie mir beim Aufstehen. Ich möchte an Deck gehen, wo es kühler ist.«
»Später. Wir gehen später an Deck, wenn das Fest vorüber ist.«
»Ach ja, Jakob, ich habe davon gehört. Kein Wunder, dass ich so krank bin, wenn dort oben so viel Gotteslästerung und Unzucht getrieben wird und niemand ein Wort im Namen des Herrn spricht und Ihm dankt dafür, dass Er Seine schützende Hand über uns hält.«
»Das tun sie bestimmt auch, Herr Pastor.«
Der Kranke seufzte. »Was soll’s? In ein paar Tagen legen wir an, und das Erste, was wir dann tun … und darüber wird es keine Diskussionen geben … dann will ich, dass die gesamte Schiffsbesatzung und alle Passagiere auf die Knie sinken und Gott dafür danken, dass Er uns beschützt hat. Bevor sie von Bord gehen, und zwar alle. Haben Sie gehört?«
»Sie sollten jetzt ein wenig schlafen, Herr Pastor. Hier ist eine Medizin, die Ihnen in den Schlaf hilft.«
»Die brauche ich nicht«, keuchte Beitz. »Beten Sie mit mir, Jakob. In zwei Tagen landen wir vor Australien und beginnen mit unserer Arbeit.«
Am nächsten Morgen suchte der alte Herr, der eine private Kabine mit Beitz teilte, Jakob auf.
»Ihrem Pastor geht es bedeutend besser, Herr Meissner. Aber er packt seine Sachen. Offenbar glaubt er, wir würden uns schon unserem Zielhafen nähern, wenngleich ich ihm erklärt habe, dass die Regina erst in Kapstadt Station macht.«
Letztendlich musste Jakob den Kapitän zu Hilfe holen, um Beitz zu überzeugen, dass Australien kein
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