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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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afrikanischer Staat war. Dass es noch Monate dauerte, bis sie ihr Ziel erreichten. Dass sie nach Kapstadt keinen Hafen mehr anlaufen würden, bevor sie die Ostküste Australiens erreicht hatten.
            Beitz erschrak zutiefst. Jakob hätte sich nicht gewundert, wenn er in Kapstadt von Bord gegangen und zurück nach Hamburg gereist wäre, doch das tat er nicht. Er blieb.
            In der Zwischenzeit hatte der Schiffsklatsch sich dieser Geschichte bemächtigt, und der Pastor wurde zur Witzfigur. Jakob fand es unverschämt, wie man sich über den alten Mann lustig machte, und das brachte er auch so scharf zum Ausdruck, dass die Lästerzungen bald zum Schweigen gebracht waren.
            Danach begann Beitz, auf dem Schiff umherzuwandern, ein wenig bekümmert angesichts der noch vor ihm liegenden Monate auf See. Augenscheinlich wusste er nichts mit sich anzufangen. Zwar versuchten viele, ihn abzulenken, doch er verließ sich weitgehend auf Jakob und kritisierte ihn gleichzeitig bei jeder Gelegenheit. Er verglich Jakob, den einfachen Bauern, mit seinem guten Freund Herrn Hoepper, dem wohlhabenden Kaufmann, der den Pastor mitsamt seiner vornehmen Familie und seiner Dienerschaft auf seiner Mission begleitet hätte, wäre er nicht von der Tragödie heimgesucht worden. Und indem er dies jedem erzählte, der es hören wollte, kam Jakob so schlecht davon, dass es Frieda eines Tages reichte.
            »Warum springst du ständig für ihn? Er wird es dir nie danken. Er missbraucht dich als seinen Diener: ›Hol mir dies. Bring mich an Deck. Es ist zu heiß, bring mich nach unten!‹ Hör auf damit, Jakob.«
            »Das kann ich nicht. Er ist ganz allein, er hat niemanden, der sich um ihn kümmert.«
            Doch als sie hörte, wie Beitz ihren Mann als dummen Bauern bezeichnete, griff sie ihn an.
            »Ja, mein Mann ist Bauer! Nicht mehr und nicht weniger. Verstehst du, du alter Ziegenbock? Wenn du meinen Mann noch einmal dumm nennst, dreh ich dir den Hals um.«
            »Sie sind verrückt!«
            »Nein, das bin ich nicht. Sie denken sich zu viele Gelegenheiten aus, um einen überaus freundlichen Menschen klein zu machen, und das lass ich nicht zu. Sie hören sofort auf damit, oder Sie kriegen es mit mir zu tun.«
            Als Jakob davon hörte, schämte er sich in Grund und Boden. »Es ist nicht nötig, dass du für mich in die Bresche springst, Frieda. Wie auch immer, wir brauchen hier keinen Streit. Pastor Beitz ist halt ein griesgrämiger alter Mann. Mein Onkel Hans-Joachim war genauso. Wir sollten uns nicht über den Pastor ärgern, sondern in die Zukunft blicken. Vor uns liegen die erstaunlichsten Abenteuer, Frieda, was macht es da schon, wenn ich für kurze Zeit den Diener für einen armen alten Mann spiele? Sieh doch nur die Sterne dort oben. Wir sind auf der südlichen Halbkugel, da gibt es eine Unmenge von Sternen, die wir kennen lernen müssen. Übrigens, wo steckt denn Karl?«
            »Er und sein Freund Michael sind übereingekommen, ihre Segeltuchkabine Rolf und Rosie zu überlassen. Er schläft jetzt unten im Gemeinschaftsraum.«
            Es war eine wunderschöne Sternennacht, doch in Gedanken war Jakob immer noch bei seinem Onkel Hans-Joachim, der auf die Sorgen seines Neffen immer nur schroffe Antworten gewusst hatte.
            »Wir sind so arm«, hatte Jakob zum Beispiel einmal gesagt. »Wir arbeiten hart. Warum haben wir trotzdem nie genug zu essen? Unsere Kinder sind mager, die Ernten werden immer schlechter, weil unsere Äcker überpflanzt werden, unsere Frauen kratzen die Brosamen zusammen …«
            »Nun hör mal zu«, erwiderte Hans-Joachim dann. »Dein Großvater ist schuld, mein Junge. Er brüstete sich damit, dass er acht Söhne gezeugt hatte, und seine Söhne zeugten noch mehr. Aber er hat nie einen Gedanken daran verschwendet, wie unser kleiner Talhof sie alle ernähren könnte. Er dachte, wir würden immer so weitermachen wie bisher, aber das geht natürlich nicht. Es gibt einfach zu viele Meissners.«
            Einfach zu viele Meissners. Und stimmte das etwa nicht? Ihnen allen blieb kaum genug zum Überleben, wenn sie dem Junker ihren Anteil bezahlt hatten, einem neureichen früheren Oberst, in dessen Besitz das Tal durch einen Handel übergegangen war, den keiner der einfachen, schwer arbeitenden Menschen verstand. Nicht, dass sie es verstehen wollten. Die Steuer musste

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