Im Land der tausend Sonnen
bezahlt werden. Die Pacht für den Hof. Im Winter in bar und im Sommer in Form von Naturalien. Ganz gleich, wer das am Ende bekam, die Eintreiber waren immer die gleichen kalten, harten Männer, die niemals Gnade walten ließen, die angesichts des Elends so vieler armer Familien kein Erbarmen kannten.
Wenn Jakob jetzt zurückdachte, sich umschaute und all die Leute sah, die in diesen heißen, schwülen Nächten lieber an Deck schliefen, dann fiel es ihm schwer, sich an die Winter zu erinnern, die er hinter sich gelassen hatte. Harte Winter, elendig, eiskalt. Besonders die Nächte. Jakob dachte daran, wie Frieda ihn aufzuziehen pflegte und behauptete, er hätte sie nur geheiratet, um des Nachts nicht mehr frieren zu müssen. Friedas Bruder war es schließlich, der auf die Idee kam auszuwandern. Für ihn war es jedoch nur ein hohler Traum. Er brachte eine Kiste mit Papieren nach Hause, mit Informationen über verschiedene Länder, und Jakob hatte sie ihm vorgelesen, da Friedas Bruder weder des Lesens noch des Schreibens mächtig war. Diese Vorlesestunden hatten ihm dermaßen gefallen, dass er letzten Endes sämtliche Informationen auswendig wusste, doch dann war es Jakob, den es zum Auswandern drängte. Auch Frieda war begeistert von der Idee. Doch die Armut hatte sie in ihren Klauen, machte ihnen Angst, diesen riesigen Schritt zu wagen, bis zu dem Tag, da das Schicksal gnädig lächelte und Frieda eine kleine Erbschaft bescherte. Da wussten sie, dass die Zeit gekommen war. Jetzt oder nie. Sie mussten auch an die Zukunft ihres Sohnes denken, nicht nur an ihre eigene. Sie packten ihre Habseligkeiten ein und reisten nach Hamburg, um sich zu erkundigen, in welche Himmelsrichtung sie sich am besten wenden sollten, bis sie schließlich John Henderson, den Agenten aus Queensland, trafen.
»Hier sind wir jetzt also«, sagte Jakob jetzt und zog seine Frau an sich. »Bedauerst du es?«
»Bisschen zu spät dafür«, sagte Frieda auf ihre übliche unverblümte Art.
4. Kapitel
Pastor Beitz trieb in Brisbane all seine Schäfchen an Land, versammelte sie am Kai, damit Theo Zimmermann sie zählen konnte, und rief sie dann zum Gebet, um dem Herrn für das sichere Geleit über den großen Ozean zu danken. Nach dem Amen verkündete er, dass man ihm auf einem Spaziergang durch die Stadt folgen und die Beine wieder an festes Land gewöhnen möge.
»Was ist mit unserem Gepäck?«, fragte Theo. »Es muss doch auf den Küstendampfer gebracht werden.«
»Das ist Jakobs Aufgabe. Er wird sich darum kümmern. Aber wenn Sie wollen, können Sie ihm gern helfen.«
»Nein!«, schrie Eva Zimmermann und drückte ihre drei Kinder an ihren Rock. Sie schaute auf die an diesem trägen Aprilmorgen üppig grüne Stadt hinaus und sah nur ein paar weiße Häuser im Kolonialstil und sonst nichts, abgesehen von den üblichen Lagerschuppen und schmutzigen Bootshäusern am Flussufer. »Theo bleibt bei uns«, bestimmte sie und wandte sich ihm zu. »Wag es nicht, uns allein zu lassen, Theo Zimmermann. In diesem Land gibt es Wilde und Raubtiere, und kein Mensch weiß, welche Gefahren an der nächsten Ecke lauern.«
Hanni Fechner zeigte sich auch nicht sonderlich begeistert. »Wie weit müssen wir gehen, Herr Pastor? Es ist so heiß. Ich möchte mich lieber irgendwo bei Kaffee und Kuchen hinsetzen. Ich kann mich nicht erinnern, wann wir das letzte Mal etwas wirklich Leckeres gegessen haben.«
»Die Arme«, höhnte Eva Zimmermann. Lukas Fechner erklärte, dass es sich hier nach den Worten des Kapitäns nur um eine Kleinstadt handelte und sie relativ sicher wären. Und so klein die Stadt auch sein mochte, sie war doch die Hauptstadt des Landes.
»Wie ist das möglich?«, fragte Rolf Kleinschmidt.
»Weiß ich auch nicht«, sagte Lukas, »aber wenn wir schon mal hier sind, können wir uns auch ein wenig umschauen. Gehen Sie voran, Herr Pastor.«
Beitz führte sie einen Hügel hinauf, direkt auf die Hauptstraße, wie es aussah. Er hütete seine Schäfchen wie eine Nonne ihre Mädchenklasse. Eva lachte über Passanten, ganz gewöhnliche Leute, die stehen blieben und sie anstarrten. Diese kleine Stadt gefiel ihr; hier waren nirgendwo Wilde zu sehen.
In Windeseile trieb sie der Pastor die eine Straße hinauf und die andere wieder hinunter, und schon bald standen
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