Im Land der tausend Sonnen
einem Baum fest und stieg zu Fuß hinauf. Er hatte fast die Kuppe der grünen Erhebung erreicht, als er einen Mann im Wasser sah.
Rolf war fast wie gelähmt vor Schreck. Der Mann hatte ihn entdeckt und schrie um Hilfe. Er klammerte sich an einem Ast fest, der mitten im Fluss steckte.
»Hilfe!«, schrie der Mann wieder. »Ich kann nicht schwimmen!«
Rolf fragte sich, wie er in den Fluss geraten sein mochte. Er hielt nach einem Boot Ausschau, das vielleicht abgetrieben worden sein mochte, entdeckte aber keines. Er musste diesem Burschen helfen, aber wie? Der Fluss war breit und sehr tief. Es schien gefährlich, darin zu schwimmen. Vielleicht konnte er den Mann mit dem Pferd erreichen.
Er rannte hinunter, sprang auf Dandys Rücken und dirigierte ihn geradewegs ins Wasser, in der Hoffnung, dem seichten Ufer folgen zu können, um sich auf diese Weise dem Ertrinkenden zu nähern. Doch Dandy ließ sich nicht darauf ein. Er trat und buckelte und sträubte sich, ins Wasser zu gehen, ganz gleich, wie heftig Rolf ihn schlug und trat. Rolf konnte es dem Pferd im Grunde nicht verübeln. Er fürchtete, dass das Tier Krokodile oder deren Unterschlüpfe witterte … oder gar seine eigene Angst. Auch er fürchtete die Kreaturen, die in diesen Gewässern lebten.
Aber er konnte den Kerl da draußen nicht hängen lassen. Er musste das Pferd zum Schwimmen zwingen oder selbst hinaus schwimmen und den Mann ans Ufer holen. Den Nichtschwimmer. Der ihm zuschrie, sich doch gefälligst zu beeilen, weil irgendetwas zu brechen begann. Der ihn beschimpfte! Verfluchte!
Rolf zerrte den Sattel vom Pferderücken, zog seine derben Moleskin-Hosen aus, stieg wieder aufs Pferd und gab ihm einen gewaltigen Hieb mit der Gürtelschnalle. Dandy schoss vorwärts ins tiefe Wasser hinein. Das Pferd kämpfte verzweifelt gegen die Strömung und wusste inzwischen offenbar genau, was es zu tun hatte, als Rolf es in einem Bogen an dem Mann vorüberführte, nahe genug, dass er ihn fassen konnte.
Dann befanden sie sich auf dem Rückweg, beide Männer auf dem Pferd, das sich von dem zusätzlichen Gewicht nicht beeinträchtigen ließ, sondern mit neuer Energie kraftvoll dem Ufer entgegenstrebte.
Kaum hatten sie das seichte Wasser erreicht, warf Dandy die Männer ab und stürmte die Böschung hinauf, froh, sie los zu sein. Zitternd blieb er dann im Schutz einer Baumgruppe stehen.
»Du hast dir ja verdammt viel Zeit gelassen«, sagte der Fremde zu Rolf und folgte dem Pferd die Böschung hinauf. »Ich hätte ertrinken können.«
»Was wolltest du dort überhaupt?«, fragte Rolf, ohne auf die undankbaren Bemerkungen einzugehen.
»Ich wollte ein Stück weiter oben mit dem Ruderboot den Fluss überqueren, bin gegen etwas im Wasser gestoßen und gekentert. Hab das Boot nicht zu fassen gekriegt, wurde bis hierher abgetrieben, hab den halben verdammten Fluss ausgesoffen und hing dann schließlich an diesem verdammten Ast fest. Bist du Deutscher?«
»Ja.«
»Der Kerl, der das Land hier gepachtet hat?«
»Nein. Ich bin hier wegen des Bauholzes.«
»Ach was, zum Teufel. Das Bauholz gehört uns.«
»Wer ist ›uns‹, wenn ich fragen darf?«
»Meine Familie. Die Dixons. Uns gehört Clonmel Station. Das hier ist ein Teil unserer Farm. Oder war, bis die Regierung anfing, diese verdammten Bettler reinzulassen. Wie heißt du?«
»Rolf Kleinschmidt.«
»Dann hör mal gut zu, Rolf. Den Rat bin ich dir schuldig. Vergiss das Bauholz hier, und geh nach Hause. Wenn du das Holz auch nur anrührst, handelst du dir 'ne Menge Ärger ein.«
»Mit welchem Recht sagst du so was?«
»Ich bin Keith Dixon. Mein alter Herr ist der Boss hier in der Gegend.J. B. Dixon. Sein Vater hat dieses Gebiet erschlossen, und er hat nicht viel übrig für freche Bauern, die auf den Schafweiden herumstolpern.«
Als Rolf seine Hosen und den Sattel holte, jammerte Dixon über den Verlust seiner Stiefel. »Bin fast ertrunken bei dem Versuch, sie auszuziehen«, sagte er, »und gleichzeitig über Wasser zu bleiben. Waren verdammt gute Stiefel. Sag mal, könntest du mir noch einen Gefallen tun?«
»Was denn?«
»Leih mir dein Pferd. Bis nach Hause
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