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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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schwieg. »Bitte, bitte, Traudi. Hör auf. Das ist ausgeschlossen. Meine Frau weiß nichts von ihm. Ich habe ihr nie gesagt …«
            »Warum solltest du auch? Das ist doch gleichgültig. Jetzt könntest du es ihr sagen. Sie wird dich verstehen.«
            Traudi zitterte und zog ihren dünnen Mantel enger um sich. Sie schob die Hand in eine Tasche und zog ein zusammengefaltetes Stück Papier heraus. »Hier ist die Adresse. Er wohnt in Hamburg. Ich habe ihm nicht gesagt, wer sein Vater ist, aber wenn du nach Hamburg kommst, kannst du ihn ja aufsuchen. Ihm vorschlagen, mit dir zu kommen. Mit seinem Vater. Ich bitte dich, Jakob. Das ist doch nicht zu viel verlangt?«
            »Tut mir Leid, Traudi. Ich weiß nicht, wie ich das bewerkstelligen sollte. Ich habe kein Geld. Um die Wahrheit zu sagen, wir könnten auch gar nicht auswandern, wenn meiner Frau nicht ein kleines Erbe zugefallen wäre. Verstehst du, es ist ihr Geld.«
            »Und er ist dein Sohn!«, sagte sie wild. »Dein Sohn. Zwanzig Jahre lang hat er dich keinen Pfennig gekostet; da wäre jetzt ein wenig Hilfe …«
            Die ferne Stimme verhallte, und er hörte, wie Pastor Beitz' Schäfchen ihre morgendliche Arbeit aufnahmen.
            Wie hätte er Frieda diese Sache nach all den Jahren wohl beibringen sollen? Wie würde sie reagiert haben? Und Karl, sein eigener Sohn. Was hätte er gedacht? Würde er seinen Vater als betrügerischen Menschen betrachten? Ein grausamer Gedanke. Er hatte sich im Schoß seiner kleinen Familie so sicher gefühlt, dass er jetzt fürchtete, ihre Achtung zu verlieren. Er hatte sich bemüht, Karl zu einem verantwortungsbewussten Menschen zu erziehen, indem er ihm mit gutem Beispiel vorranging. Doch was war dieses Beispiel wert, da er sich geweigert hatte, die Verantwortung für sein eigenes Kind zu übernehmen? Da er sich nie nach seinem Wohlergehen erkundigt hatte? Das war zu viel. Entschieden zu viel.
            Beitz rief nach ihm, und Jakob war dankbar für die Störung. Er eilte zurück zu den Hütten.
            »Walther hat in der Stadt etwas zu erledigen«, sagte der Pastor. »Könntest du mir hier helfen? Ich möchte einen richtigen Weg von der Straße bis hierher anlegen, den wir mit Holz befestigen wollen. Es heißt, das Land hier kann sich in einen Schlammsee verwandeln, wenn es regnet.«
            »Falls es regnet«, sagte Jakob niedergeschlagen.
            »Ganz recht, aber wir wollen uns nicht überrumpeln lassen. Wir haben großes Glück gehabt, Gott sei's gedankt, dass wir in der richtigen Jahreszeit hier angekommen sind, denn sonst steckten wir alle in der Patsche. Es heißt, die Regengüsse hier sind äußerst heftig.«
            »Ich wüsste gern, ob Tibbaling mir wohl einen Führer besorgt.«
            »Natürlich. Er ist auf dem Weg, um ihn zu holen. Da, nimm den Hammer und die Pflöcke, sei so gut, ich möchte diese Arbeit heute Morgen noch erledigen. Walther meint, wir hätten fürs Erste genug Land gerodet. Was sagst du dazu?«
            Jakob seufzte. Er war verwirrt auf Grund der merkwürdigen Begegnung mit dem alten Schwarzen, der von seinem anderen Sohn wusste. Wie konnte das sein? Stenning hatte gesagt, er sei ein Zauberer, aber er meinte damit wohl eher einen Trickbetrüger. Verfügte Tibbaling tatsächlich über eine Art magische Kraft?
            Andererseits musste es nicht unbedingt Magie sein. Womöglich hielt Tibbaling es für selbstverständlich, dass Jakob mehr als einen Sohn hatte. Das war durchaus denkbar, im Grunde die vernünftigere Erklärung.
            Doch die Verwirrung wollte nicht weichen, und Jakob fühlte sich so niedergeschlagen, dass er beschloss, nach Hause zurückzukehren und seinen Plan, sich an einen Anwalt zu wenden, aufzugeben. Wie hätte er das überhaupt anstellen sollen? Er hatte noch nie mit einem Anwalt zu tun gehabt. Was würde er sagen? Und würde sein Englisch für so eine Angelegenheit ausreichen?
            »Schuster, bleib bei deinen Leisten«, sagte er leise zu sich selbst. »Greif nicht nach den Sternen, nur weil du eine große Farm besitzt. Die noch nicht bezahlt ist, vergiss das nicht.«
            »Was hast du gesagt?«, fragte Beitz und richtete sich auf.
            »Nichts. Würde es nicht schneller gehen, wenn wir einfach eine Schnur ziehen?«
            »Wir haben keine Schnur.« Das Gesicht des Pastors hellte sich auf.

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