Im Land der tausend Sonnen
er in seinem Rücken Gesprächsfetzen auf. Über Hanni. Theo gab vor, interessiert der Geschichte zu lauschen, die einer der Burschen erzählte, spitzte jedoch die Ohren und hörte, dass Hanni beim Boss einen gewaltigen Stein im Brett habe.
»Bei welchem? Dem jungen oder dem alten?«, fragte eine Stimme.
»Natürlich dem jungen. Keith. Ich sehe sie oft zusammen spazieren gehen.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Still jetzt.« Die Stimmen begannen zu flüstern, doch Theo hatte genug gehört. Er wartete noch ein Weilchen, dann entfernte er sich still von der Gruppe, ging an ihren Unterkünften vorüber und dann zur Seite einen Weg an den Ställen entlang, der ihn zur Wohnung der Fechners führte.
Als Hanni die Tür öffnete, war sie gerade im Begriff, eine lange rüschenbesetzte Schürze abzulegen, die Dienstmädchenhaube trug sie noch auf den blonden Locken. Theo fiel wieder auf, wie hübsch sie war, aber ihr Verhalten stand ihr überhaupt nicht zu Gesicht.
»Was willst du, Theo? Ich bin müde, ich komme gerade von der Arbeit.«
»Bist du sicher, dass es Arbeit war?«, fragte er hinterhältig.
»Was?«
»Ich komme herum, Hanni. Ich höre so manches. Eine ganze Menge sogar.«
»Zum Beispiel?«
»Du würdest dich wundern.«
»Wohl kaum. Es sei denn, du willst dich entschuldigen.«
»Ich doch nicht. Aber du solltest dich entschuldigen. Ich weiß nämlich einiges über dich und das, was du hinter Lukas' Rücken so treibst.«
Ganz ruhig stand sie an der Tür. »Wie ich schon einmal fragte: was denn zum Beispiel?«
»Gib mir das Pfund. Oder warte, ich will es dir nicht zu schwer machen. Gib mir zehn Shilling, dann verrate ich Lukas nichts.«
Hanni trat hinaus auf die Veranda. Sie fragte ihn nicht, was er wusste. Sie bat ihn nicht, Lukas nichts zu verraten. Sie machte keine Anstalten, zurück ins Zimmer zu gehen und das Geld zu holen. Sie stand lediglich ein paar Minuten lang vor ihm, wie Theo glaubte, verängstigt. Jetzt hab ich sie. Für sie gibt es keinen Ausweg, außer den, mir das Geld zu geben.
Es traf ihn völlig überraschend. Sie ohrfeigte ihn nicht einfach. Sie holte aus und schlug ihn so heftig, als hätte ein Hammerschlag sein Gesicht getroffen. So überrumpelt, taumelte er zurück, stürzte die kleine Treppe hinunter und landete auf dem Boden.
Als er aufblickte, ging sie in ihr Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Dummes Weib. Er hätte Lukas sowieso nichts verraten. Ein Mann musste schon sehr mutig sein, um mit einer solchen Geschichte zu Lukas Fechner zu gehen, ob sie nun der Wahrheit entsprach oder nicht.
Am nächsten Tag hob Davey nur die Schultern, als er erfuhr, dass eine kleine Meinungsverschiedenheit mit einem Viehtreiber Theo das blaue Auge eingebracht hatte. In dieser Männerwelt waren Schlägereien etwas Alltägliches.
Ihre Fingerknöchel schmerzten, aber es hatte sich gelohnt. Hanni stellte den Stuhl vor die Tür und setzte sich, um sich die Schuhe auszuziehen. Theo mochte sagen, was er wollte; sie hatte nichts Böses getan.
Was für ein herrliches Gefühl, wirklich und wahrhaftig unschuldig zu sein. Ausnahmsweise mal. Sie sog an ihren Knöcheln und erstickte ein Kichern. Es war nichts dagegen einzuwenden, dass der Boss sie auf ihren Spaziergängen begleitete, wenn er zufällig den gleichen Weg hatte oder wenn er sie einfach mal außerhalb des Hauses traf. Im Haus sah sie ihn oft, und er war immer höflich. Ein Kavalier war er, dieser Mr Keith.
Und wie aufregend, dass die Männer doch tatsächlich über sie und ihn klatschten! Hanni fühlte sich dadurch aufgewertet, dass ihr Name in eine romantische Beziehung zu Mr Keith gesetzt wurde. Es war prickelnd. Und so schmeichelhaft. Aber nichts, was Theo Lukas würde erzählen können, reichte aus, um ihr auch nur eine Minute der Sorge zu bescheren. Die Sache hatte ja ohnehin gar nichts mit Lukas zu schaffen, es war nur ein kleines Vergnügen, das sie und Mr Keith sich gönnten.
Während sie ihre Bluse aufknöpfte, sie auszog und dann die Verschnürungen ihres Baumwollmieders löste, um ihre Brüste zu befreien, dachte sie daran, wie er ihre Hand geküsst hatte, so sanft, so
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