Im Land der tausend Sonnen
lieb. Erstaunlich, was dieser Kuss in ihr ausgelöst hatte; er erregte sie noch immer, wenn sie daran dachte. Gab ihr das Gefühl, erregend zu sein, und weckte ihr Begehren. Sie hob ihre Brüste mit den Händen und zeigte sie dem kleinen Spiegel auf dem Frisiertisch. Dabei stellte sie sich vor, wie es wäre, wenn sie sich ihm so zeigen würde. Er würde ihr nicht widerstehen können.
Am nächsten Tag war die Köchin schlechter Laune, weil nicht genug Holz für den Herd vorhanden war.
»Wo steckt der Hausdiener?«, fragte sie wütend.
»Ich habe ihn heute Morgen noch nicht gesehen«, sagte Hanni, und die Köchin wandte sich an Lulla, das Küchenmädchen.
»Wieso ziehst du so ein langes Gesicht?«
Das schwarze Mädchen wich geduckt zurück. »Da draußen, scheußlicher Himmel. Böser Tag heute, Missus. Ich gehe lieber zurück zum Lager.«
»Du gehst jetzt lieber raus und suchst den alten Tim. Sag ihm, meine Holzkiste ist leer. Mach schon, Mädchen!«
Das Mädchen huschte davon, und im selben Moment betrat die Hauswirtschafterin die Küche.
»Keith ist zurück. Ist gestern spät in der Nacht heimgekommen. Wenn du hier fertig bist, bereite ihm das Übliche, Steak und so weiter, dann bringe ich ihm seine Mahlzeit aufs Zimmer. Danach will er ruhen, also macht keinen Lärm in der Nähe seines Zimmers.«
Hanni wäre bei dem Gedanken, ihm das Tablett bringen zu dürfen, fast in Ohnmacht gesunken. Sie stellte sich vor, wie sie den schläfrigen Mann weckte, ihn anlächelte … Himmlisch. Beinahe hätte sie angeboten, diese Aufgabe zu übernehmen, doch sie überlegte es sich noch rechtzeitig.
Ärgerlich, dass Lukas der Letzte war, der den Klatsch zu hören bekam. Das Wissen war schleichend wie ein Schatten über ihn gekommen und hinterließ eine solche Kälte, dass er es nicht fassen konnte.
Zuerst war es das Schweigen. Die plötzlichen Themenwechsel, wenn er sich einer Gruppe von Kollegen näherte. Die verlegenen Blicke. Dann die Seitenhiebe, das Grinsen, das boshafte Männer in seinen Arbeitsgruppen ihm zuwarfen, die paar, die immer etwas fanden, worüber sie sich ärgern konnten. Verstohlene Bemerkungen über seine Frau und Keith Dixon. Dumme Bemerkungen. Er und Hanni liebten sich so sehr; Hanni würde einen anderen Mann nicht einmal ansehen.
Trotzdem sorgte er sich. Es war nicht ungewöhnlich, dass die vornehmen Herrschaften hübsche Mädchen benutzten, ganz gleich, welchen Standes sie waren. Und sosehr er sich auch sorgte, wie sollte er Hanni auf dieses Thema ansprechen? Er würde sie demütigen, indem er ihr sagte, dass sie Gegenstand schmutziger Witze bei den Männern war. Das würde sie furchtbar treffen. Und ihr Angst machen. Es gäbe ihr sicherlich Anlass, um ihre Stelle zu fürchten und um die Reaktion im Haupthaus, wenngleich der Klatsch jeder Grundlage entbehrte. Hanni und der Boss! Unvorstellbar. Ihr Mann hätte es wissen müssen, wenn sie Derartiges im Schilde führte. Er vermutete, dass es zu diesem Klatsch gekommen war, weil sie sich vor den Männern zur Schau stellte, genau das, wovor er sie gewarnt hatte. Wenn nicht mit dem jungen Boss, dann hätte der Klatsch sie mit irgendeinem anderen in Verbindung gebracht. Lukas versuchte zu lächeln. Womöglich gar mit dem alten Boss, J. B.
Sie arbeiteten schwer an diesem Tag. Hanni glaubte anscheinend, sie hätten den ganzen Tag über nichts anderes zu tun, als erhaben durch die Gegend zu reiten. Jetzt müsste sie sie einmal sehen, knietief im Schlamm steckend. Die Wasserknappheit nahm bedenkliche Formen an, nicht nur auf diesem Besitz, sondern fast überall in Queensland, wie er gehört hatte, deshalb mussten sie alles tun, was in ihrer Macht stand, um für alle Schafe Wasser zur Verfügung zu haben. Für so viele Schafe. Die Aufgabe war inzwischen kaum noch zu bewältigen, und die Treiber waren schon dazu übergegangen, die alten und schwachen Tiere auszusondern und in die Siederei in Bundaberg zu überstellen.
Sämtliche Viehtreiber hatten Order, überall ein wachsames Auge auf die Wasserstände zu haben: die Flüsse, die Bäche und insbesondere die meilenweit vom Fluss entfernten Wasserlöcher. J. B. Dixon hielt sogar schon Ausschau nach einem guten Wünschelrutengänger, der unterirdische Quellen aufspüren sollte. In der
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