Im Land der weissen Rose
Gefahr,
sich zu überkaufen, war riesig.Aber dann fiel Herz-Vier.
»Neunzehn«, zählte Gerald. »Und ich passe.
Karten auf den Tisch, Mylord!«
Silkham deckte resigniert sein Blatt auf. Ein Zähler
Rückstand. Er war so nahe dran gewesen!
Gerald Warden schien das genauso zu sehen. »Haarscharf,
Mylord, haarscharf! Das schreit nach Revanche. Ich weiß, ich
bin verrückt, aber das können wir so nicht stehen lassen.
Noch ein Spiel.«
Silkham schüttelte den Kopf. »Ich hab kein Geld mehr.
Das war ja nicht nur mein Gewinn, das war mein gesamter Einsatz. Wenn
ich noch mehr verspiele, bringe ich mich ernstlich in
Schwierigkeiten. Kommt nicht in Frage, ich höre auf.«
»Aber ich bitte Sie, Mylord!« Gerald mischte die
Karten. »Mit steigendem Risiko macht es doch erst richtig Spaß!
Und der Einsatz ... warten Sie, wir spielen um die Schafe! Ja, die
Schafe, die Sie mir verkaufen wollen! Selbst wenn es dann schief
geht, verlieren Sie nichts. Denn wenn ich jetzt nicht aufgetaucht
wäre, um die Schafe zu kaufen, hätten Sie das Geld
schließlich auch nicht gehabt!« Gerald Warden zeigte sein
gewinnendes Lächeln und ließ die Karten geschmeidig durch
die Hände gleiten.
Lord Silkham leerte sein Glas und machte Anstalten, sich zu
erheben. Dabei schwankte er leicht, doch die Worte kamen ihm noch
klar von den Lippen:»Das könnte Ihnen so passen, Warden!
Zwanzig der besten Zuchtschafe dieser Insel für ein paar
Kartentricks? Nein, ich höre auf. Ich habe genug verloren. Bei
Ihnen in der Wildnis sind solche Spiele vielleicht Gang und gäbe,
aber hier behalten wir einen kühlen Kopf!«
Gerald Warden hob die Mischerflaschen und füllte noch einmal
die Gläser.
»Ich hätte Sie für mutiger gehalten«, meinte
er bedauernd. »Oder besser, für draufgängerischer.
Aber das ist vielleicht typisch für uns Kiwis – auf
Neuseeland gilt nur der als Mann, der etwas wagt.«
Lord Silkham runzelte die Stirn. »Sie können den
Silkhams kaum Feigheit vorwerfen. Wir haben immer tapfer gekämpft,
der Krone gedient und ...« Dem Lord fiel es sichtlich schwer,
gleichzeitig die rechten Worte zu finden und aufrecht zu stehen. Er
ließ sich erneut in seinen Sessel sinken. Betrunken aber war er
noch nicht. Bislang konnte er diesem Glücksritter Paroli bieten!
Gerald Warden lachte. »Auch wir in Neuseeland dienen der
Krone. Die Kolonie entwickelt sich zu einem bedeutenden
Wirtschaftsfaktor.Auf die Dauer werden wir England alles zurückgeben,
was die Krone bislang in uns investiert hat. Die Königin ist da
nämlich mutiger als Sie, Mylord. Sie spielt ihr Spiel, und sie
gewinnt. Kommen Sie, Silkham! Sie wollen doch jetzt nicht aufgeben?
Ein paar gute Karten, und Sie bekommen die Schafe doppelt bezahlt!«
Mit diesen Worten warf er zwei verdeckte Karten vor Silkham auf
den Tisch. Der Lord wusste selbst nicht recht, warum er zugriff. Das
Risiko war zu groß, aber der Gewinn verlockend. Wenn er
wirklich gewann, wäre Gwyneiras Mitgift nicht nur gesichert,
sondern hoch genug, auch die besten Familien des Landes zufrieden zu
stellen. Während er die Karten langsam aufnahm, sah er seine
Tochter als Baronin ... wer weiß, vielleicht sogar als Hofdame
der Königin ...
Eine Zehn. Das war gut. Wenn die andere nun ... Silkhams Herz
klopfte heftig, als er nach der Karo Zehn auch noch die Pik-Zehn
aufdeckte. 20 Punkte.Das war kaum zu schlagen.
Triumphierend sah er Gerald an.
Gerald Warden hob seine erste Karte vom Stapel. Pik-Ass. Silkham
stöhnte. Aber das hieß nichts. Die nächste Karte
konnte eine Zwei oder eine Drei sein, und dann war die
Wahrscheinlichkeit groß, dass Warden sich überkaufte.
»Sie können noch aussteigen«, meinte Gerald.
Silkham lachte. »Oh nein, mein Freund, so haben wir nicht
gewettet. Jetzt machen Sie Ihr Spiel! Ein Silkham steht zu seinem
Wort.«
Gerald nahm langsam eine weitere Karte.
Silkham wünschte sich plötzlich, den Stapel selbst
gemischt zu haben.Andererseits... er hatte Gerald beim Mischen
beobachtet, da war nichts falsch gelaufen. Was immer jetzt geschah,
Betrug konnte man Warden nicht vorwerfen.
Gerald Warden drehte die Karte um.
»Tut mir Leid, Mylord.«
Silkham starrte wie hypnotisiert auf die Herz-Zehn, die vor ihm
auf dem Tisch lag. Das Ass zählte elf, die Zehn machte die
Einundzwanzig voll.
»Dann kann ich Sie nur
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