Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
weitergehen mit uns? Verehrteste Miss
Davenport, am liebsten würde ich Ihnen jetzt schon zurufen:
Komm! Lassen wir beide unsere Einsamkeit hinter uns! Streifen wir
unsere alte Haut der Verzweiflung und Dunkelheit ab! Lass uns
gemeinsam neu beginnen!
    Hier kann man es kaum erwarten, bis sich erste Frühlingsdüfte
regen. Das Gras beginnt zu grünen, die Bäume tragen
Knospen. Wie gern würde ich diesen Anblick, dieses berauschende
Gefühl des erwachenden neuen Lebens mit Ihnen teilen! Dazu
jedoch sind schnödere Überlegungen nötig als der
Höhenflug aufkeimender Zuneigung. Ich würde Ihnen gern das
Geld für die Überfahrt schicken, verehrte Miss Davenport –
ach was, liebste Helen! Allerdings wird das warten müssen, bis
meine Schafe abgelammt haben und der Ertrag der Farm für dieses
Jahr absehbar wird. Schließlich möchte ich unser
gemeinsames Leben auf keinen Fall gleich von Anbeginn mit Schulden
belasten.
    Haben Sie, verehrte Helen, Verständnis für diese
Bedenken? Können Sie, wollen Sie warten, bis mein Ruf endgültig
an Sie ergehen kann? Es gibt nichts, was ich mir auf Erden sehnlicher
wünsche.
    Es verbleibt Ihr über die Maßen ergebener
    Howard O’Keefe
    Â 
    Helens Herz schlug so schnell, dass sie meinte, zum ersten Mal im
Leben ein Riechfläschchen zu benötigen. Howard wollte sie,
er liebte sie! Und nun konnte sie ihm die schönste Überraschung
bereiten!Anstelle
    eines Briefes würde sie selbst zu ihm eilen!Sie war Reverend
Thorne unendlich dankbar! Sie war Lady Brennan unendlich dankbar! Ja,
sogar George, der ihr eben die Nachricht gebracht hatte ...
    Â»Sind ... sind Sie fertig mit dem Lesen, Miss Davenport?«
    In ihrer Versunkenheit hatte Helen nicht bemerkt, dass der Junge
immer noch neben ihr stand.
    Â»Haben Sie gute Nachrichten?«
    George sah eigentlich nicht so aus, als wollte er sich mit ihr
darüber freuen. Im Gegenteil, der Junge wirkte verstört.
    Helen betrachtete ihn besorgt, konnte ihr Glück dann aber
nicht verhehlen.
    Â»Die besten Nachrichten, die man haben kann!«, sagte
sie verzückt.
    George erwiderte ihr Lächeln nicht.
    Â»Dann ... will er sie also wirklich heiraten? Er ... er sagt
nicht, Sie sollten bleiben, wo Sie sind?«, fragte er tonlos.
    Â»Aber George! Wieso sollte er?« In ihrer Seligkeit
vergaß Helen ganz, dass sie ihre Bewerbung auf besagte Anzeige
bislang standhaft vor ihren Schülern geleugnet hatte. »Wir
passen wundervoll zusammen! Ein äußerst kultivierter
junger Mann, der ...«
    Â»Kultivierter als ich, Miss Davenport?«, brach es aus
dem Jungen heraus. »Sind Sie sicher, dass er besser ist als
ich? Klüger? Belesener? Weil ... wenn es nämlich nur die
Liebe ist ... ich ... da kann er Sie nämlich nicht mehr lieben
als ich ...«
    George drehte sich weg, erschrocken über seine eigene
Courage. Helen musste ihn an den Schultern fassen und zu sich
umdrehen, um ihm wieder in die Augen zu sehen. Er schien unter ihrer
Berührung zu erschauern.
    Â»Aber George, was redest du denn da? Was weißt denn du
von Liebe? Du bist sechzehn! Du bist mein Schüler!«, stieß
Helen bestürzt hervor – und wusste im gleichen Augenblick,
dass sie Unsinn sprach. Warum sollte man mit sechzehn nicht tief
empfinden?
    Â»Sieh mal, George, ich habe Howard und dich doch nie im
Vergleich gesehen!«, setzte sie noch einmal an. »Oder gar
als Konkurrenten. Schließlich wusste ich nicht, dass du ...«
    Â»Das konnten Sie auch nicht wissen!« In Georges klugen
braunen Augen spiegelte sich jetzt fast so etwas wie Hoffnung. »Ich
hätte ... hätte es Ihnen eher sagen müssen. Schon vor
dieser Sache mit Neuseeland. Aber ich hab mich nicht getraut ...«
    Helen musste beinahe lächeln. Der Junge wirkte so jung und
verletzlich, so ernsthaft in seiner kindischen Verliebtheit. Sie
hätte es früher bemerken müssen! Im Nachhinein besehen
hatte es viele Situationen gegeben, die darauf hindeuteten.
    Â»Das war ganz richtig und normal, George«, sagte sie
jetzt beschwichtigend. »Du hast selbst eingesehen, dass du viel
zu jung bist für solche Dinge, und normalerweise hättest du
sie nie zur Sprache gebracht. Wir wollen das jetzt auch vergessen
...«
    Â»Ich bin zehn Jahre jünger als Sie, Miss Davenport«,
wurde sie von George unterbrochen. »Und natürlich bin ich
Ihr Schüler, aber ich bin kein Kind mehr!

Weitere Kostenlose Bücher