Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
ins Freie führte. »Wenn mein Schwiegervater fragt, sagt ihm, ich sammele Kräuter. Für sein Stew.«
    Gwyneira ließ ihr Pferd zunächst Schritt gehen. Wie immer beruhigte sie der Anblick des weiten Landes vor der atemberaubenden Kulisse der Alpen. Wieder einmal schienen die Berge so nah, als könne man sie in einem Stundenritt erreichen, und Gwyneira machte sich einen Spaß daraus, ihnen entgegenzutraben und sich einen der Gipfel als Ziel zu erwählen. Erst als sie ihm auch nach zwei Stunden nicht erkennbar näher gekommen war, kehrte sie um. So gefiel ihr das Leben! Aber was machte sie bloß mit der Maori-Köchin? Gwyneira brauchte unbedingt weibliche Unterstützung. Aber die nächste Weiße lebte zwanzig Meilen weit weg.
    Ob es wohl gesellschaftlich korrekt war, Mrs. Beasley schon einen Monat nach der Hochzeit einen Besuch abzustatten? Aber vielleicht reichte ja auch ein Ausflug nach Haldon. Bisher hatte Gwyneira das Städtchen noch nicht besucht, aber es wurde Zeit. Sie musste Briefe zur Post bringen, wollte ein paar Kleinigkeiten kaufen und vor allem einmal andere Gesichter sehen als die ihrer Familie, der Maori-Hausangestellten und der Viehhüter. In der letzten Zeit waren ihr alle ein bisschen über – bis auf James McKenzie. Aber der konnte sie ja nach Haldon begleiten. Hatte er nicht gestern noch gesagt, er müsse bei Candlers bestellte Waren abholen? Bei dem Gedanken an den Ausflug hob sich Gwyns Laune. Und Mrs. Candler wusste sicher, wie man Irish Stew kochte ...
    Igraine galoppierte willig Richtung Heimat. Nach dem langen Ritt lockte der Futtertrog. Auch Gwyneira selbst war hungrig, als sie ihr Pferd schließlich wieder in den Stall führte. Aus den Mannschaftsunterkünften drang der aromatische Geruch nach Fleisch und Gewürzen. Gwyn konnte sich nicht bezähmen. Hoffnungsvoll klopfte sie an.
    Offensichtlich hatte man sie schon erwartet. Die Männer saßen wieder um ein offenes Feuer und ließen eine Flasche kreisen. Über den Flammen brodelte ein aromatisch riechender Eintopf. War das nicht ...?
    Alle Männer strahlten, als feierten sie Weihnachten, und O’Toole, der Ire, hielt ihr lächelnd ein Essgeschirr mit Irish Stew entgegen. »Hier, Miss Gwyn. Geben Sie das dem Maori-Mädchen. Diese Menschen sind sehr anpassungsfähig. Vielleicht schafft sie es ja, das Gericht nachzukochen.«
    Gwyneira bedankte sich erfreut. Zweifellos war dieses Gericht genau das, auf das Gerald gehofft hatte. Es roch so gut, dass Gwyn am liebsten um einen Löffel gebeten und das Geschirr gleich selbst geleert hätte. Dann aber nahm sie sich zusammen. Sie würde das kostbare Stew nicht anrühren, bevor sie es Kiri und Moana zum Probieren gab.
    Deshalb deponierte sie es sicher auf einem Strohballen, während sie Igraine abwartete, und trug es dann vorsichtig hinaus. Dabei wäre sie fast in McKenzie hineingelaufen, der sie an der Stalltür mit einem Strauß Blätter erwartete, die er Gwyn so feierlich überreichte wie einen Blumenstrauß.
    »Tàima«, sagte er mit einem halbherzigen Grinsen und zwinkerte ihr zu. »Statt Weihrauch und Myrrhe.«
    Gwyneira nahm das Thymiansträußchen lächelnd entgegen. Sie wusste nicht, weshalb ihr Herz dabei so rasend klopfte.

    Helen freute sich, als Howard endlich ankündigte, sie würden am Freitag nach Haldon fahren. Das Pferd musste neu beschlagen werden, was anscheinend jedes Mal der Anlass war, die Stadt aufzusuchen. Wenn Helen nachrechnete, musste auch damals, als Howard von ihrer Ankunft erfahren hatte, ein Schmiedebesuch fällig gewesen sein.
    »Wie oft muss man so ein Pferd beschlagen?«, fragte sie vorsichtig nach.
    Howard zuckte die Schultern. »Kommt drauf an, meistens alle sechs bis zehn Wochen. Aber die Hufe des Braunen wachsen langsam, der geht auch mal zwölf Wochen mit einem Beschlag.« Zufrieden klopfte er sein Pferd.
    Helen hätte sich eher ein Pferd mit besserem Hufwachstum gewünscht und konnte sich eine entsprechende Bemerkung nicht verkneifen. »Ich wäre gern öfter unter Menschen.«
    »Du kannst das Maultier nehmen«, meinte er großzügig. »Nach Haldon sind es fünf Meilen, dann bist du in zwei Stunden da. Wenn du gleich nach dem Melken aufbrichst, kannst du abends leicht zurück sein und noch Essen kochen.«
    Auf ein warmes Essen am Abend würde Howard unter keinen Umständen verzichten, so weit kannte Helen ihn nun schon. Allerdings war er leicht zufrieden zu stellen: Er schlang Fladenbrot genauso in sich hinein wie Pfannkuchen, Rührei und Eintopf. Dass Helen

Weitere Kostenlose Bücher