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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Haus wäre.
    So teilte Helen in den letzten Tagen vor der Geburt das Lager mit Dorothy und hatte von morgens bis abends damit zu tun, das Mädchen zu beruhigen. Dorothy fürchtete sich schrecklich vor der Niederkunft – so sehr, dass Helen manchmal schon den Verdacht hegte, ihre Mutter sei vielleicht nicht an irgendeiner geheimnisvollen Krankheit gestorben, sondern bei der Geburt eines unglücklichen Geschwisterchens.
    Gwyneira dagegen war halbwegs optimistisch – auch an jenem nebligen Tag Ende August, an dem Helen sich besonders schlecht und deprimiert fühlte. Howard war schon am Morgen nach Haldon gefahren; er wollte einen neuen Schuppen bauen, und das Holz dafür war endlich eingetroffen. Doch er würde das Baumaterial sicher nicht einfach aufladen und wieder abfahren, sondern noch auf ein Bier und ein Kartenspiel im Pub einkehren. Dorothy molk die Kuh, während Gwyneira Helen Gesellschaft leistete. Ihre Kleider waren klamm nach dem Ritt im Nebel, und sie fror. Umso mehr freute sie sich über Helens Kamin und den Tee.
    »Matahorua macht das schon«, meinte sie, als Helen von Dorothys Ängsten erzählte. »Ach, ich wünschte, ich wäre an deiner Stelle! Ich weiß, du fühlst dich im Moment miserabel, aber du solltest erst sehen, wie es mir geht. Mr. Gerald macht inzwischen jeden Tag Andeutungen, und er ist nicht der Einzige. Auch die Damen in Haldon sehen mich so ... so prüfend an, als wäre ich eine Stute auf einer Zuchtschau. Und Lucas scheint mir ebenfalls böse zu sein. Wenn ich nur wüsste, was ich falsch mache!« Gwyneira spielte mit ihrer Teetasse. Sie war den Tränen nahe.
    Helen runzelte die Stirn. »Gwyn, eine Frau kann dabei nichts falsch machen! Du wehrst ihn doch nicht ab, oder? Du lässt ihn doch machen?«
    Gwyn verdrehte die Augen. »Was denkst du denn! Ich weiß, dass ich ruhig liegen soll. Auf dem Rücken. Und ich bin freundlich und umarme ihn und alles ... was soll ich denn noch tun?«
    »Das ist mehr, als ich getan habe«, bemerkte Helen. »Vielleicht brauchst du einfach mehr Zeit. Du bist ja viel jünger als ich.«
    »Umso einfacher sollte es gehen«, seufzte Gwyn. »Das sagte jedenfalls meine Mutter. Ob es vielleicht doch an Lucas liegt? Was bedeutet eigentlich ›Schlappschwanz‹?«
    »Gwyn, wie kannst du!« Helen war entsetzt, einen solchen Ausdruck aus dem Mund ihrer Freundin zu hören. »So etwas sagt man nicht!«
    »Die Männer sagen es, wenn sie von Lucas sprechen. Natürlich nur, wenn er nicht hinhört. Wenn ich wüsste, was es bedeutet ...«
    »Gwyneira!« Helen stand auf und wollte nach dem Teekessel auf dem Herd greifen. Aber dann schrie sie auf und fasste an ihren Leib. »Oh nein!«
    Zu Helens Füßen breitete sich eine Pfütze aus.
    »Mrs. Candler sagt, so fängt es an!«, stieß sie hervor. »Aber es ist doch erst elf Uhr morgens. Das ist so peinlich ... kannst du das wegwischen, Gwyn?« Sie taumelte zu einem Stuhl.
    »Das ist Fruchtwasser«, meinte Gwyn. »Stell dich nicht an, Helen, es ist nicht peinlich. Ich bringe dich ins Bett, und dann schicke ich Dorothy zu Matahorua.«
    Helen krampfte sich zusammen. »Es tut weh, Gwyn, es tut so weh!«
    »Das ist gleich vorbei«, behauptete Gwyneira, nahm Helen energisch am Arm und führte sie ins Schlafzimmer. Dort zog sie Helen aus, half ihr in ein Nachthemd, beruhigte sie nochmals und lief dann in den Stall, um Dorothy zu den Maoris zu schicken. Das Mädchen brach in Tränen aus und rannte kopflos aus dem Stall. Hoffentlich in die richtige Richtung! Gwyneira überlegte, ob es besser gewesen wäre, selbst zu reiten, doch ihre Schwester hatte Stunden gebraucht, um ihr Kind zur Welt zu bringen. Also würde es bei Helen wohl auch nicht gar so schnell gehen. Und Gwyn war ihr sicher ein besserer Trost als die jammernde Dorothy.
    Gwyn wischte also die Küche und kochte derweil neuen Tee, den sie Helen ans Bett brachte. Die hatte jetzt regelmäßige Wehen. Alle paar Minuten schrie sie auf und verkrampfte sich. Gwyneira nahm ihre Hand und sprach ihr gut zu. Inzwischen war eine Stunde vergangen. Wo blieb Dorothy mit Matahorua?
    Helen schien gar nicht zu merken, wie die Zeit verging, doch Gwyn wurde immer nervöser. Was, wenn Dorothy sich wirklich verlaufen hatte? Erst nach mehr als zwei Stunden hörte sie endlich jemanden an der Tür. Übernervös schreckte Gwyneira auf. Aber natürlich war es nur Dorothy. Sie weinte immer noch. Und bei ihr war nicht wie erhofft Matahorua, sondern Rongo Rongo.
    »Sie kann nicht kommen!«, schluchzte Dorothy.

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