Im Land Der Weissen Wolke
Helens Familie in den Grundfesten zu erschüttern.
Paul blickte seine Mutter an, leichenblass ob der Abgründe, die er in ihren Augen sah. Das war kein Wutausbruch wie bei Fleurette; Gwyneira schien zu meinen, was sie sagte. Paul schluchzte auf, obwohl er sich schon vor mindestens einem Jahr entschlossen hatte, ein Mann zu sein und auf keinen Fall mehr zu weinen.
»Wird’s bald? Verschwinde!« Gwyneira hasste sich selbst für ihre Worte, aber sie konnte sich nicht zurückhalten. »Verschwinde auf dein Zimmer!«
Paul stürmte hinaus. Fleurette sah ihre Mutter fassungslos an.
»Das war hart«, bemerkte sie ernüchtert.
Gwyneira griff mit zitternden Fingern nach ihrem Weinglas, überlegte es sich dann jedoch anders, ging zum Wandschrank und schenkte sich einen Brandy ein. »Du auch, Fleurette? Ich glaube, wir brauchen jetzt beide eine Beruhigung. Und dann können wir nur abwarten. Irgendwann wird Gerald ja zurückkommen, wenn er nicht unterwegs vom Pferd fällt und sich den Hals bricht.«
Sie kippte ihren Brandy hinunter.
»Und was Paul angeht ... es tut mir Leid.«
Gerald Warden durchquerte den Busch wie vom Teufel geritten. Die Wut über den jungen Ruben O’Keefe schien ihn zerreißen zu wollen. Bisher hatte er Fleurette niemals als Frau gesehen. Sie war immer ein Kind für ihn gewesen, Gwyneiras kleine Tochter, niedlich, aber verhältnismäßig uninteressant. Doch jetzt war die Kleine flügge, jetzt warf sie genauso stolz den Kopf zurück wie damals die siebzehnjährige Gwyneira, gab genauso selbstbewusst Widerworte. Und Ruben, dieser kleine Dreckskerl, wagte es, sich ihr zu nähern! Einer Warden! Seinem Besitz!
Gerald beruhigte sich erst wieder ein wenig, als er O’Keefes Farm erreichte und die ärmlichen Scheunen, Ställe und vor allem das Wohnhaus mit dem seinen verglich. Howard konnte nicht ernsthaft annehmen, dass er seine Enkelin hierher verheiraten würde.
Hinter den Fenstern des Hauses brannte Licht. Howards Pferd und das Maultier standen im Pferch vor dem Haus. Der Bastard war also zu Hause. Und sein ungeratener Sohn wohl auch, denn Gerald sah die Silhouetten von drei Menschen um den Tisch in der Hütte. Nachlässig warf er die Zügel seines Pferdes über einen Zaunpfosten und nahm die Flinte aus ihrem Futteral. Ein Hund schlug an, als er zum Haus ging, aber drinnen reagierte niemand.
Gerald riss die Tür auf. Wie erwartet sah er Howard, Helen und ihren Sohn am Esstisch, wo soeben Eintopf aufgetischt wurde. Die drei sahen erschrocken zur Tür, unfähig, sofort zu reagieren. Gerald nutzte den Vorteil der Überraschung. Er stürmte ins Haus und warf den Tisch um, als er sich auf Ruben stürzte.
»Karten auf den Tisch, Bürschchen! Was hast du mit meiner Enkelin?«
Ruben wand sich in seinem Griff. »Mr. Warden ... können wir nicht ... wie vernünftige Menschen miteinander reden?«
Gerald sah rot. Genau so hätte sein ungeratener Sohn Lucas auf eine solche Anschuldigung reagiert. Er schlug zu. Sein linker Haken schleuderte Ruben durch die halbe Stube. Helen schrie auf. Im gleichen Moment erwischte Howard Gerald. Allerdings weniger treffsicher. O’Keefe war gerade erst aus dem Pub in Haldon zurückgekommen. Auch er war nicht mehr nüchtern. Gerald steckte den Schlag O’Keefes mühelos weg und konzentrierte sich wieder auf Ruben, der sich mit blutender Nase aufrappelte.
»Mr. Warden, bitte ...«
Howard nahm Gerald in den Schwitzkasten, bevor er seinen Sohn noch einmal angehen konnte.
»Also schön! Reden wir wie vernünftige Leute!«, zischte er. »Was gibt’s, Warden, dass du hier hereinschneist und auf meinen Sohn eindrischst?«
Gerald versuchte sich umzuwenden, um ihn anzusehen. »Dein verfluchter Mistkerl von Sohn hat meine Enkelin verführt! Das ist los!«
»Du hast was ?« Howard ließ von Gerald ab und wandte sich Ruben zu. »Du sagst mir auf der Stelle, dass das nicht wahr ist!«
Rubens Gesicht sprach Bände, ebenso wie vorhin Fleurs.
»Ich habe sie natürlich nicht verführt!«, stellte er immerhin richtig. »Nur ...«
»Nur was? Ein bisschen entjungfert?«, donnerte Gerald.
Ruben war leichenblass. »Ich muss Sie bitten, nicht in diesem Ton von Fleur zu sprechen!«, sagte er ruhig. »Mr. Warden, ich liebe Ihre Enkelin. Ich werde sie heiraten.«
»Du wirst was?«, brüllte Howard. »Ich verstehe ja, dass die kleine Hexe dir den Kopf verdreht ...«
»Du wirst Fleurette auf keinen Fall heiraten, du kleiner Wichser!«, tobte Gerald.
»Mr. Warden! Vielleicht könnten wir zu
Weitere Kostenlose Bücher