Im Land Der Weissen Wolke
Stallwand, und seine Lippen fuhren über ihr Gesicht.
»Sie sind betrunken, lassen Sie mich los!« Fleur versuchte, ihn zu beißen, doch allem Whiskey zum Trotz funktionierten Sideblossoms Reflexe noch hervorragend. Er zuckte zurück und schlug ihr ins Gesicht. Fleur fiel rückwärts aus der Box heraus und landete auf einem Strohballen. Sideblossom war über ihr, bevor sie sich aufraffen und weglaufen konnte.
»Nun zeig doch mal, was du zu bieten hast ...« Sideblossom riss ihre Bluse auf und bewunderte ihre noch leichten Rundungen.
»Hübsch ... gerade mal eine Hand voll!« Lachend griff er nach ihr. Fleurette versuchte wieder zu treten, doch er legte sein Bein über ihre Knie und hielt sie damit still.
»Nun hör endlich auf, wie ein Pferd herumzutoben, das zum ersten Mal geritten wird! Du hast doch schon Erfahrung, hab ich gehört. Also lass mich ...« Er suchte nach dem Verschluss ihres Rocks, wurde bei dem raffiniert geschnittenen Reitkleid aber nicht gleich fündig. Fleurette versuchte zu schreien und biss ihm in die Hand, als er sie daran hinderte.
»Ich mag’s, wenn eine Frau Temperament hat!«, stieß er lachend hervor.
Fleur schluchzte inzwischen. Gracie bellte immer noch, hysterisch und schrill. Und dann durchdrang eine schneidende Stimme den Tumult im Stall.
»Lassen Sie meine Tochter los, bevor mein Temperament mit mir durchgeht!« In der Tür stand Gwyneira, ein Gewehr in der Hand, das sie auf John Sideblossom gerichtet hielt. Hinter ihr erkannte Fleur Andy McAran und Poker Livingston.
»Nun mal langsam, ich ...« Sideblossom ließ von Fleurette ab und hob beschwichtigend die Hände.
»Wir unterhalten uns gleich noch. Fleur, hat er dir was getan?« Gwyn reichte Andy die Waffe und nahm ihre Tochter in den Arm.
Fleurette schüttelte den Kopf. »Nein. Er ... er hatte mich gerade erst gepackt. Oh, Mummy, es war schrecklich!«
Gwyneira nickte. »Ich weiß, Kind. Aber jetzt ist es vorbei. Geh schnell ins Haus. Soweit ich gesehen habe, ist die Party im Salon zu Ende. Aber es könnte sein, dass dein Großvater mit dem harten Kern noch im Herrenzimmer zecht, also sei vorsichtig. Ich komme gleich nach.«
Fleurette ließ sich das nicht zweimal sagen. Fröstelnd zog sie die Fetzen ihrer Bluse über der Brust zusammen und ergriff die Flucht. Die Männer machten ihr respektvoll Platz, als sie in die Scheune stürzte und von dort zur Küchentür rannte. Sie sehnte sich nach der Sicherheit ihres Zimmers – und ihre Mutter konnte sich darauf verlassen, dass sie den Salon schnell wie der Wind durchqueren würde ...
»Wo ist denn Sideblossom?« Gerald Warden hatte den Abend noch längst nicht beendet. Natürlich war er schwer betrunken, ebenso wie die anderen Viehzüchter, die sich jetzt noch im Herrenzimmer zuprosteten. Das hielt ihn allerdings nicht davon ab, noch ein Kartenspiel vorzuschlagen. Reginald Beasley, so angetrunken wie selten, hatte bereits zugestimmt, und auch Barrington war nicht abgeneigt. Fehlte noch der vierte Mann. Und John Sideblossom war Gerald seit jeher der liebste Kumpan gewesen, wenn es darum ging, seine Mitspieler beim Black Jack auszunehmen.
»Der is’ vorhin gegangen. Ins Bett wahrscheinlich«, gab Barrington Auskunft. »Können nix mehr ver... vertragen, die ju ... jungen Spunde ...«
»Johnny Sideblossom hat sich noch nie um ’ne Runde gedrückt!«, verteidigte Gerald seinen Freund. »Der hat bis jetzt noch jeden untern Tisch gesoffen. Muss doch hier irgendwo sein ...« Gerald war betrunken genug, um sich unter dem Tisch nach Sideblossom umzusehen. Beasley warf noch einen Blick in den Salon, aber da saß nur Paul – anscheinend in ein Buch vertieft, tatsächlich wartend. Irgendwann mussten Fleur und Sideblossom schließlich wiederkommen. Und hier bot sich noch eine weitere Chance, seine Schwester zu kompromittieren.
»Suchen Sie Mr. Sideblossom?«, fragte er höflich und mit so klangvoller Stimme, dass es auch ja niemandem im Herrenzimmer entgehen konnte. »Der ist mit meiner Schwester im Stall.«
Gerald Warden stürmte aus dem Herrenzimmer, erfüllt von so heiliger Wut, wie eigentlich nur der Whiskey sie hervorbringt.
»Diese verdammte kleine Hure! Erst tut sie, als könnte sie kein Wässerchen trüben, und dann verschwindet sie mit Johnny im Heu! Wo sie genau weiß, dass so was die Mitgift hochtreibt. Wenn er sie jetzt überhaupt noch nimmt, dann nur, wenn er meine halbe Farm dazukriegt!«
Beasley folgte ihm kaum weniger empört. Seine Werbung hatte sie abgelehnt.
Weitere Kostenlose Bücher