Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
könnte, da wäre die Aussicht doch viel besser. Wobei sie den jungen Viscount Barrington beäugt hat wie der Hai den Köder.«
    Helen verdrehte die Augen. »Man sollte sie bald verheiraten! Oh, Gwyn, mir wird himmelangst, wenn ich bedenke, dass ich die Mädchen in nur zwei oder drei Wochen irgendwelchen fremden Leuten ausliefern muss und dann vielleicht nie wieder sehe!«
    »Eben wolltest du sie noch loswerden!«, rief Gwyneira lachend. »Und immerhin können sie lesen und schreiben. Ihr könntet Briefe tauschen. Und wir auch! Wenn ich nur wüsste, wie weit Haldon und Kiward Station voneinander entfernt sind! Beides ist in den Canterbury Plains, aber wo liegt was? Ich will dich nämlich nicht verlieren, Helen! Wäre es nicht schön, wenn wir einander besuchen könnten?«
    »Das können wir bestimmt!«, sagte Helen zuversichtlich. »Howard muss nahe bei Christchurch leben, sonst würde er ja nicht zur dortigen Gemeinde gehören. Und Mr. Warden hat sicher viel in der Stadt zu tun. Wir sehen uns, Gwyn, bestimmt!«

7

    Die Reise neigte sich nun wirklich ihrem Ende zu. Die Dublin durchsegelte die Tasmanische See zwischen Australien und Neuseeland, und die Passagiere im Zwischendeck überboten sich mit Gerüchten darüber, wie nahe man dem neuen Land bereits sei. Manche kampierten schon morgens vor Sonnenaufgang an Deck, um als Erste einen Blick auf ihre neue Heimat zu werfen.
    Elizabeth war hingerissen, als Jamie O’Hara sie deshalb einmal weckte, doch Helen befahl ihr streng, im Bett zu bleiben. Sie wusste von Gwyneira, dass es noch zwei oder drei Tage dauern würde, bis das Land in Sicht kam, und dann würde der Kapitän sie rechtzeitig informieren.
    Schließlich geschah es dann sogar am helllichten Vormittag: Der Kapitän ließ die Schiffssirene jaulen, und in Sekundenschnelle versammelten sich sämtliche Passagiere auf dem Hauptdeck. Gwyneira und Gerald standen natürlich in der ersten Reihe, sahen aber vorerst nichts als Wolken. Eine lang gezogene weiße Watteschicht verdeckte den Blick auf das Land. Hätte die Mannschaft den Einwanderern nicht versichert, dass sich die Südinsel dahinter verbarg, hätten sie dem Wolkenphänomen kaum besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
    Erst als sie sich dem Ufer näherten, zeichneten sich Berge im Nebel ab, schroffe Felskonturen, hinter denen sich wiederum Wolken auftürmten. Es sah seltsam aus, so, als schwebe das Gebirge in dem leuchtenden, wattigen Weiß.
    »Ob es wohl immer so neblig ist?«, fragte Gwyneira wenig begeistert. So schön der Anblick war – sie konnte sich gut vorstellen, wie feucht und kühl der Ritt über den Pass werden würde, der Christchurch von der Anlegestelle der Hochseeschiffe trennte. Der Hafen, so hatte Gerald ihr erklärt, werde Lyttelton genannt. Der Ort sei aber noch im Aufbau, und selbst zu den ersten Häusern führe ein mühsamer Aufstieg. Nach Christchurch selbst müsse man laufen oder reiten – wobei der Weg teilweise so steil und schwierig sei, dass die Pferde von Ortskundigen am Zaumzeug geführt werden müssten. Daher hatte der Weg seinen Namen: Bridle Pass.
    Gerald schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist eher ungewöhnlich, dass sich dem Reisenden ein solcher Anblick bietet. Und sicher bringt es Glück ...« Er lächelte, offensichtlich zufrieden, seine Heimat wiederzusehen. »Schließlich heißt es, dass sich das Land den Reisenden im allerersten Kanu, das Menschen aus Polynesien nach Neuseeland brachte, genauso darbot. Daher hat Neuseeland auch seinen Maori-Namen – aotearoa , Land der großen weißen Wolke.«
    Helen und ihre Mädchen blickten fasziniert auf das Naturschauspiel.
    Daphne allerdings schien beunruhigt. »Es gibt gar keine Häuser«, sagte sie verblüfft. »Wo sind die Docks und die Hafenanlagen? Wo sind die Kirchtürme? Ich sehe nur Wolken und Berge! Es ist ganz anders als London.«
    Helen versuchte, ermutigend zu lachen, obwohl sie Daphnes Erschrecken im Grunde teilte. Auch sie war ein Stadtkind, und dieses Übermaß an Natur erschien ihr befremdlich. Immerhin hatte sie aber schon verschiedene englische Landschaften gesehen, während die Mädchen nur die Straßen der Großstadt kannten.
    »Es ist natürlich nicht London, Daphne«, erklärte sie. »Die Städte hier sind viel kleiner. Aber einen Kirchturm hat Christchurch auch, es wird sogar eine große Kathedrale bekommen wie Westminster Abbey! Du kannst die Häuser bloß noch nicht sehen, weil wir nicht direkt in der Stadt anlegen. Wir müssen ... äh, müssen wohl ein

Weitere Kostenlose Bücher