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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Übernachtungen unter freiem Himmel beim Schaftrieb hatten sie auch mit den oft nachtaktiven Laufvögeln vertraut gemacht. James McKenzie zum Beispiel konnte Gwyneira den Namensvetter der europäischen Einwanderer auf Neuseeland vorstellen: Der Kiwi-Vogel war klein und gedrungen, und Gwyn fand ihn sehr exotisch mit seinem braunen Gefieder, das fast wie eine Behaarung wirkte, und dem für seinen Körperbau viel zu langen Schnabel, den er oft als »fünftes Bein«, benutzte.
    »Er hat übrigens etwas mit Ihrem Hund gemeinsam«, erklärte McKenzie launig. »Er kann riechen. Bei Vögeln ist das eine Seltenheit!«
    McKenzie begleitete Gwyneira in letzter Zeit häufig bei ihren Ritten über Land. Wie erwartet hatte sie sich bei den Viehtreibern rasch Respekt verschafft. Schon ihre erste Demonstration von Cleos Fähigkeiten beim Viehtrieb begeisterte die Männer.
    »Meine Seel, dieser Hund erspart ja zwei Treiber!«, wunderte sich Poker und ließ sich tatsächlich dazu herab, Cleo anerkennend den Kopf zu tätscheln. »Werden die Kleinen auch so?«
    Gerald Warden betraute jeden der Männer mit der Ausbildung eines der neuen Sheepdogs. Sicher war es besser, wenn das Tier gleich mit dem Mann lernte, der es dann auch führen sollte. In der Praxis erledigte allerdings fast nur McKenzie die Arbeit mit den Junghunden, höchstens noch unterstützt von McAran und dem jungen Hardy. Den anderen Männern war es zu langweilig, die Befehle immer wieder durchzugehen; außerdem betrachteten sie es als überflüssig, die Schafe nur zur Übung für die Sheepdogs hereinzuholen.
    McKenzie dagegen zeigte Interesse und ein ausgesprochenes Talent für den Umgang mit Tieren. Unter seiner Anleitung kam der junge Daimon bald an Cleos Leistungen heran. Gwyneira beaufsichtigte die Übungen, auch wenn Lucas es missbilligte. Gerald jedoch ließ sie gewähren. Er wusste, dass die Hunde dadurch täglich an Wert und Nutzen für die Farm gewannen.
    »Vielleicht können Sie anlässlich der Hochzeit eine kleine Vorführung machen, McKenzie«, sagte Gerald zufrieden, nachdem er Cleo und Daimon wieder einmal in Aktion gesehen hatte. »Das wird die meisten Besucher interessieren ... ach was, die anderen Farmer werden umkommen vor Neid, wenn sie das sehen!«
    »Im Brautkleid kann ich den Hund aber nicht gut vorführen!«, sagte Gwyneira lachend. Sie genoss das Lob, hatte sie im Haus doch immer wieder das Gefühl, hoffnungslos unfähig zu sein. Bis jetzt galt sie zwar noch als Gast, doch es war bereits absehbar, dass man ihr als Herrin auf Kiward Station genau das abfordern würde, was sie auch schon auf Silkham Manor gehasst hatte: die Führung eines großen, herrschaftlichen Hauses mit Dienstboten und allem Drum und Dran. Hier kam noch hinzu, dass keiner der Angestellten auch nur halbwegs gut geschult war. In England konnte man mangelnde Organisationsgabe überspielen, indem man fähige Butler oder Hausdamen einstellte, beim Personal nicht mit dem Penny rechnete und nur Leute mit erstklassigen Referenzen ins Haus holte. Dann lief der Haushalt fast von allein. Hier dagegen wurde von Gwyneira erwartet, dass sie die Maori-Dienerschaft anlernte, und dazu fehlte es ihr an Begeisterung und Überzeugungskraft.
    »Warum putzen Silber jede Tag?«, stellte beispielsweise Moana eine für Gwyn durchaus logische Frage.
    »Weil es sonst anläuft«, antwortete Gwyn. So weit kam sie immerhin noch.
    »Aber warum nehmen Eisen, die verfärbt sich?« Moana drehte das Silber unglücklich in der Hand. »Nehmen Holz! Ist einfach, abspülen, sauber!« Das Mädchen blickte Gwyneira Beifall heischend an.
    »Holz ist nicht ... geschmacksneutral«, erinnerte Gwyn sich an eine Antwort ihrer Mutter. »Und es wird unansehnlich, wenn man es ein paar Mal benutzt hat.«
    Moana zuckte die Schultern. »Dann einfach schnitzen neue Besteck. Geht leicht, kann ich zeigen Miss!«
    Das Schnitzen war eine Kunst, die Neuseelands Ureinwohner sehr gut beherrschten. Gwyneira hatte vor kurzem das Maori-Dorf ausgemacht, das zu Kiward Station gehörte. Es war nicht weit weg, lag aber versteckt hinter Felsen und einem Wäldchen auf der anderen Seite des Sees. Gwyneira hätte es wahrscheinlich nie gefunden, wären ihr nicht Frauen beim Wäschewaschen aufgefallen, sowie eine Horde fast nackter Kinder, die im See badeten. Bei Gwyneiras Anblick zogen sich die kleinen braunen Leute scheu zurück, doch beim nächsten Ausritt verteilte sie Zuckerzeug an die Nackedeis und gewann damit ihr Zutrauen. Die Frauen luden sie

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