Im Land des Eukalyptusbaums Roman
ganzen Vormittag lang gearbeitet haben mußte. Sie war fast sicher, daß er wohlauf war, und trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, daß irgendwo eine Gefahr lauerte. Aber was in aller Welt ...
Als sie die Stufen hinaufstiegen, suchte Nola nach Spuren von Heimwerkerei. Sie entdeckte nichts, woran Langford gearbeitet haben konnte. Das Haus war düster und freudlos wie immer, und sie fröstelte trotz der Hitze draußen. Staub und Spinnweben waren überall. Wäre er ein anderer Mensch, hätte sie sich Besen undKehrschaufel geschnappt und ihm das Haus geputzt. Aber es war sehr zu bezweifeln, daß er überhaupt zulassen würde, daß sie etwas für ihn tat. Es kam ihr schon merkwürdig und ganz untypisch vor, daß er von ihr verlangte, ihm das Abendessen zu bringen.
Die erste Tür oben an der Treppe war nur leicht angelehnt. Hand in Hand mit Shannon stieß Nola sie weit auf. Dies war offenbar Langfords Zimmer. Das Bettlaken war zerknittert. Am Fenster stand sein Stuhl. Ihr schauderte, wenn sie daran dachte, wie er sie von diesem Stuhl aus ständig beobachtete. Abermals rief sie seinen Namen, aber wieder kam keine Antwort.
»Und wenn wir in den anderen Zimmern nachsehen?« fragte Shannon.
Nola nickte stumm. Mit Shannon im Gefolge, die ihre Hand fest umklammerte, probierte sie eine Tür nach der anderen auf dieser Etage. Wie Galen schon erzählt hatte, waren drei Zimmer mit Möbeln vollgestellt, die mit Planen und Schondecken überzogen waren. Ein Zimmer stand leer, ein weiteres war abgeschlossen. Nola vermutete, daß hinter der verriegelten Tür das Eheschlafzimmer lag. Als sie den Türknauf drehte, war sie einen Augenblick verwirrt. Wer weiß, ob Langford nach dem Tod seiner Frau das Zimmer je wieder betreten hatte! Wenn sie sich ins Gedächtnis rief, was man ihr schon alles erzählt hatte, verstand sie einiges.
Sie stieg wieder die Treppe hinunter und probierte es in den Zimmern im Erdgeschoß. Immer wieder rief sie nach Langford, aber das Haus war beunruhigend still. Eigentlich müßte sie jetzt nur noch auf der vorderen Veranda nachsehen, weshalb sie zum Vordereingang ging und den Türknauf drehte. Zu ihrer Überraschung warabgeschlossen, und von innen steckte kein Schlüssel. Eine Gänsehaut überlief sie, und sie mußte tief durchatmen. Hank hatte behauptet, daß im Outback kein Mensch bei sich abschließt, und auch diese Tür war unverschlossen gewesen an jenem Abend, als sie hier angekommen war. Weshalb war sie jetzt versperrt?
»Wo ist Mister Reinhart?« wollte Shannon wissen, der Nolas wachsende Unruhe nicht verborgen blieb. »Er geht doch sonst nie nach draußen!«
»Ich habe keine Ahnung, wo er sich aufhalten könnte«, gestand Nola und warf dem Kind einen Blick zu. »Vielleicht ist ihm gar nichts zugestoßen. Vielleicht sollten wir später noch mal nachsehen.« Ohne zu wissen, weshalb, verspürte Nola den heftigen Drang, so schnell wie möglich hier herauszukommen. Das war nichts als ein irrationales Gefühl, aber es ließ sich nicht länger unterdrücken. Noch immer Shannons Hand fest im Griff, kehrte sie durch die Diele in die Küche zurück und wandte sich zur Hintertür. Verwundert stellte sie fest, daß auch hier abgeschlossen war, und auch hier fehlte plötzlich der Schlüssel. Vielleicht klemmte die Tür bloß; Nola probierte mehrere Male vergebens. Panik begann, in ihr aufzusteigen, doch nach außen gab sie sich gelassen, Shannon zuliebe. Sie ging ans Küchenfenster und wollte gerade den Fensterladen öffnen, als sie mit Schrecken bemerkte, daß er an den Rahmen genagelt war. Jetzt wußte sie, was für ein Hämmern sie gehört hatte. Ihr Verstand protestierte, hielt es für unmöglich, doch der Beweis war unübersehbar. Langford hatte sie festgesetzt!
Mit Shannon an der Hand lief sie ins Arbeitszimmer, um die Fensterläden dort zu öffnen. Auch sie warenfestgenagelt. Ihr Herz schlug wie wild, und der bloße Gedanke kam ihr völlig absurd vor, während sie verzweifelt versuchte, eines der Fenster aufzustoßen. Aber keines ließ sich bewegen. Weshalb hatte Langford die Läden an die Rahmen genagelt, wieso die Türen abgeschlossen, sie eingesperrt? Nola begriff das alles nicht.
Sie überlegte gerade, ob sie eines der Fenster einwerfen sollte, als sie ein Geräusch vernahm und herumwirbelte. Im Zwielicht beobachtete sie wie hypnotisiert die Tür. Sie merkte kaum, daß Shannon schluchzte und an ihrem Ärmel zupfte. Ohne die Tür aus den Augen zu lassen, und den Schmerz in ihrer Schulter
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