Im Land des Eukalyptusbaums Roman
ausgetrocknet sein würde. Seine Hoffnungen bestätigten sich, als das Vieh zu wittern begann und schneller wurde. Durstige Rinder können Wasser kilometerweit riechen. Gegen Nachmittag brüllten sie immer wieder vor Aufregung, was auf eine nahe Wasserstelle hindeutete.
Die Sonne brannte gnadenlos auf sie herab undversengte das Land. Nola hielt sich möglichst fern von der Herde, um dem erstickenden Staub auszuweichen. Shannon schlief, von der Plane geschützt, hinten im Wagen. Die Hitze und Helligkeit machten auch Nola zu schaffen. Ihre Hände waren ganz rissig geworden und ständig verschwitzt, während sie die Lederzügel umklammerte.
Nola wußte nicht was sie dazu veranlaßt hatte, sich umzudrehen, aber zu ihrem Schrecken sah sie hinter sich eine Rauchsäule aufsteigen. Links hinter ihr dasselbe. Als sie den Vierspänner nach rechts lenkte, entdeckte sie, daß hinter ihr im Halbkreis ein Feuer brannte. Dicker Qualm stieg in die Luft empor; orangefarbene Flammen züngelten aus der trockenen Vegetation empor. Sie versuchte, einen der Männer vorn zu rufen, aber die brüllende Herde übertönte ihre Stimme.
Mühsam die Beherrschung wahrend, schlug sie fest mit den Zügeln und zwang die Zugpferde zu galoppieren. Dann hörte sie Schreie und sah hinter sich vier Reiter, die sie verfolgten. Galen hatte ein Gewehr im Wagen verstaut, als Vorsichtsmaßnahme, und Nola zog es hervor. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, während sie die Pferde über den steinigen Boden lenkte und gleichzeitig mit wunden Fingern versuchte, das Gewehr zu entsichern. Durch das hohe Tempo begann der Planwagen zu schlingern, und Shannon schreckte hoch.
»Was ist?« fragte sie schläfrig.
»Bleib unten, Shannon!« brüllte Nola zurück.
Jemand galoppierte neben ihr her. Nola hatte das Gewehr schußbereit, als sie Hanks Stimme hörte.
»Weiter, Nola!« rief er, während er neben ihr ritt. »Wir sind von drei Seiten durch Feuer eingeschlossen. Jetztversuchen wir, den Fluß zu erreichen, der direkt vor uns liegt. Hoffen wir, daß genug Wasser drin ist, um uns zu retten!«
»Sind die Jungs wohlauf?« schrie Nola.
»Die sind in Sicherheit.«
Vier Männer galoppierten von hinten auf sie zu. Hank schnappte sich das Gewehr und zielte. Als Nola sich umdrehte, löste sich die Gruppe der Verfolger auf, von Hanks Gewehrkugeln auseinandergetrieben. Er verließ sie nur ungern, aber die Herde war so verschreckt, daß eine Stampede zu befürchten war.
»Geh und hilf den anderen!« schrie Nola. »Wir kommen schon zurecht.« Sie nahm ihm das Gewehr wieder ab, und Hank ritt zögernd voraus.
Als nächstes bedeckte Nola Mund und Nase mit ihrem Halstuch. Der Rauch, verbunden mit dem alles durchdringenden Staub, nahm ihr den Atem. Ihre Augen brannten, und sie bekam kaum noch Luft. Durch einen kräftigen Nordwind angefacht, fraß sich das Feuer überraschend schnell voran und hatte sie beinahe eingeschlossen. Wildtiere wie Kängurus, Kaninchen, Eidechsen und Emus, kreuzten in heilloser Flucht ihren Weg. Ganze Schwärme von Kakadus erhoben sich in die Lüfte und verschwanden in dem grauen Rauch. Nola hatte Schwierigkeiten, ihr Gespann unter Kontrolle zu halten, und hinter dem Wagen wieherten Wirangi und Buttons vor Verzweiflung.
Als die vorderste Reihe der Herde das Flußufer erreichte, hatte das Feuer schon jeden anderen Fluchtweg abgeschnitten. Glühende Fetzen segelten durch die Luft, und die Hitze war kaum noch zu ertragen. Esgrenzte an ein Wunder, daß sie plötzlich durch einen Hohlweg kamen und sich dadurch in Sicherheit brachten. Ohne innezuhalten, stürzte sich das Vieh brüllend in die kühlen, trüben Fluten des Diamantina River. Galen und die anderen knallten mit den Peitschen und trieben sie weiter, um für die nachfolgenden Tiere den Weg ins Wasser zu bahnen. Innerlich betete er, daß auch Nola und Shannon es rechtzeitig schaffen würden, dem Feuer zu entrinnen.
Nola war fast erblindet vom Rauch und konnte kaum noch sehen, welchen Weg sie einschlagen mußte. Plötzlich vernahm sie das Schlagen von Hufen dicht hinter sich, sie drehte sich um und bemerkte einen Mann, der neben Wirangi aufholte. In ihrer Angst, er könnte in den Planwagen springen, riß sie das Kind dicht an ihre Seite. Sie brüllte den Pferden zu, schneller zu werden. Als sie sich umwandte, hatte der Verfolger das Seil durchgeschnitten, mit dem Wirangi am Wagen festgebunden war. Im vollen Galopp sprang er auf Wirangis Rücken, denn sein eigenes Pferd hatte schlimme Brandwunden
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