Im Land des Eukalyptusbaums Roman
davongetragen.
Nola richtete den Blick starr nach vorn. Jetzt würde er sie mit Sicherheit einholen. Als sie den Fluß erreichten, kam Galen ihnen entgegengelaufen. Die meisten Rinder schwammen bereits im Wasser oder hatten das sichere Ufer erreicht. Sie hörte jemanden schreien und drehte sich um, das Gewehr im Anschlag. Wirangi bockte wie ein junges Wildpferd, sein Reiter fluchte und schrie um Hilfe, während er sich verzweifelt an die Mähne des Tieres klammerte. Galen hielt die anderen drei Verfolger in Schach und feuerte ein paar Schüsse in ihre Richtung. Sekunden später landete Wirangis Reiter mit einemdumpfen Schlag auf den Boden, und das Pferd galoppierte zum Fluß hinunter. Galen schnappte sein Zaumzeug und brachte Wirangi zum Stehen. Nachdem er ihn wieder angeschirrt hatte, führte er den Planwagen zur Böschung hinunter, während Hank und Langford vom anderen Ufer Feuerschutz gaben.
Das Buschfeuer fraß sich unaufhaltsam vorwärts. Die Männer, die es gelegt hatten, saßen in ihrer eigenen Falle. Galen befahl Hank, das Feuer einzustellen; dadurch gelang es auch den Brandstiftern, das rettende Wasser zu erreichen. Das war mehr als sie verdient hatten. Viele der wildlebenden Tiere hatten kein solches Glück. Als die letzten Rinder ans andere Ufer kamen, waren ihre Verfolger stromabwärts entkommen.
Nola hatte alle Hände voll damit zu tun, den Planwagen durch den Strom zu lenken. Shannon zitterte vor Angst, und Galen hob sie in seinen Sattel. Das erschöpfte Gespann mühte sich mit dem überladenen Wagen ab. Sie hatten es fast bis ans Ufer geschafft, als die Räder im Schlamm des Flußbettes feststeckten. Nola sprang vom Bock und trieb die Pferde voran.
»Zurück auf den Wagen!« rief Galen. Hank kam herangeritten und nahm die Zügel des vorderen Gespanns auf.
Galen stieg vom Pferd und half Nola das schlammige Ufergelände hoch. »Du hättest auf dem Planwagen bleiben sollen«, sagte er. »Deine Füße sind noch nicht verheilt!«
»Mir geht es gut«, widersprach Nola. »Es war eine Erleichterung, ins Wasser zu springen. Das Feuer war so heiß.« Sie blickte sich ratlos um. »Wo sind die Viehdiebe abgeblieben?«
»Sie sind uns entwischt«, erklärte Galen. Er wußte, wer sie beauftragt hatte, und fragte sich, was ihnen noch alles passieren würde, bevor sie Maryborough erreichten.
Nola bemerkte, wie Hank mit einem scharfen Taschenmesser etwas aus dem Unterbauch seines Reittiers entfernte.
»Was machst du da?« fragte sie.
»Ich entferne Blutegel«, gab Hank arglos zurück. »Eigentlich wäre das nicht nötig. Wenn sie sich ordentlich vollgesogen haben, fallen sie von selbst ab. Aber das Pferd tut mir leid.«
Als Nola nichts erwiderte, drehte er sich zu ihr um. Auch Galen sah sie an.
Der Mund stand ihr offen, und sie war kreidebleich geworden. Ungläubig starrte sie auf ihre Arme und ihre Brust, wo ihre zartbraune Haut über und über mit schwarzen Streifen bedeckt schien. Plötzlich drehte sich alles, und ihr wurde schwarz vor Augen.
18
H ab’ ja gesagt, Missus stirbt heute«, entfuhr es Jimmy. »Ist der Fluch, Boss!«
»Sie ist nur bewußtlos. Weiße Damen mögen nun mal keine Blutegel.« Galen hob Nolas Hand und tätschelte ihr den Handrücken.
»Wach auf, Nola«, rief er leise. Als sie nicht reagierte, trat Jack einen Schritt zurück. »Missus nicht aufwachen, Boss. Ist vom bösen Geist Deringas besessen.«
Nolas Lider flatterten, dann schlug sie die Augen auf. Die beiden Aborigines japsten erschrocken nach Luft.
»Was ist passiert?« wollte sie wissen und setzte sich auf.
»Du bist ohnmächtig geworden«, stellte Galen fest und bot ihr seine Feldflasche zum Trinken.
»Ich bin in meinem ganzen Leben noch nicht ohnmächtig geworden«, stieß Nola ungläubig hervor. Dann fielen ihr die Blutegel wieder ein. Sie starrte auf ihre Unterarme, und die Erleichterung überkam sie.
»Wir haben alle entfernt, die wir finden konnten«, nickte Galen.
Nola schauderte noch nachträglich vor Ekel. Sie zog sich das Hemd aus und examinierte ihre Brüste, während die Männer wegschauten. Blutegel waren keine mehr zu entdecken, und sie betete, daß ihr keine in der Hosesteckten. »Warum hat mir keiner gesagt, daß es im Fluß von Blutegeln wimmelt?«
»Das ist nicht immer so. Besonders, wenn der Fluß eine ganze Weile ausgetrocknet war. Dann rechnet man irgendwie nicht damit.«
»Ich kann noch immer nicht glauben, daß ich ohnmächtig war.« Nola schämte sich zutiefst. Unbewußt tastete sie mit
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