Im Land des Eukalyptusbaums Roman
der Hand über den Bauch.
»Sie haben gestern einen häßlichen Schlag auf den Kopf bekommen, und einen Schock obendrein«, gab Langford ihr zu verstehen und lächelte aufmunternd. »Gehen Sie nicht zu streng mit sich ins Gericht!«
Sie blickte zu Jimmy und Jack auf, die sie anstarrten, als wäre sie von den Toten auferstanden.
Galen funkelte sie böse an. »Zurück zur Herde«, befahl er barsch, und sie entfernten sich Hals über Kopf.
»Nimm es ihnen nicht übel«, begütigte Nola, als sie aufstand. »Ihr Glaube ist tief in ihnen verwurzelt.«
»Ich weiß«, gab Galen zurück. »Aber nach allem, was du mitgemacht hast, kannst du Pessimismus wohl am wenigsten brauchen.«
Während der Nachmittag voranschritt, wurde die Luftfeuchtigkeit fast unerträglich. Nola fühlte sich wie in einem Dampfbad ohne Ausgang. Zusammen mit dem Staub und den Insekten, die entweder bissen oder stachen, sorgte das drückende Klima für angespannte Nerven und zehrte an den Kräften von Mensch und Tier. Der Schweiß floß in Strömen, und kein Lufthauch spendete auch nur die geringste Erleichterung.Sie waren jetzt seit fast einer Woche unterwegs, und noch eine ganze Tagesreise von Baracaldine entfernt, das auf halber Wegstrecke lag. Das Vieh war zweieinhalb Tage hintereinander ohne einen Schluck Wasser gelaufen. Die Rinder schleppten sich mühselig voran, mit hängenden Köpfen, schwach und bereits gefährlich nahe daran, zu verdursten. Brach eines der älteren Tiere zusammen, saßen Galen und Hank ab und versuchten, es wieder auf die Beine zu stellen. Manchmal funktioniert das. Manchmal auch nicht – und zwar in der Mehrzahl der Fälle. Um den Rindern den schrecklichen Tod durch Verdursten zu ersparen, gab Galen ihnen den Gnadenschuß. Jedesmal, wenn Nola Gewehrfeuer hörte, wußte sie, daß mit dem leidenden Tier ein Stück Hoffnung für die Zukunft der Farm starb. Wenn der Planwagen dann an dem toten Tier vorbeikam, schirmte sie Shannons Blick ab und wandte selbst den Kopf, um ihre Tränen zu verbergen.
Galen betete insgeheim, daß der Barcoo River noch Wasser führte. Wenn nicht, würde er über die Hälfte seiner Herde verlieren. Daß dieser Teil des Trecks der beschwerlichste sein würde, hatte er vorher gewußt. Aber es war schlimmer, als er es sich hatte vorstellen können. Früher hatte es wenigstens noch Wasser in kleinen Rinnsalen in den Felsen gegeben, und Reste von Vegetation für die Tiere zum fressen. Inzwischen gab es nichts mehr. Die jahrelange Dürreperiode hatte ihren Tribut gefordert. Wann immer sie eine Farm passierten, sahen sie trockene Dämme, Gerippe von Schafen und Rindern und Windmühlen, die nur noch Staub förderten. Hier brauchte er gar nicht erst nach Wasser zu fragen.Nola verbarg sich vor der sengenden Hitze, so gut es ging, aber sie drang durch die Leinwand der Wagenplane, durch ihren Hut und ihr Hemd. Ihr Kopf glühte, ihr Haar klebte naß an Stirn und Schläfen. Die Haut war verbrannt und verschorft, die Kleider schmutzig. Für ein Bad hätte sie alles gegeben, aber darüber sagte sie nichts zu den anderen. Sie alle fühlten dasselbe.
Gegen Nachmittag, als Shannon fest schlief, trotteten die Pferde nur noch lustlos voran, und Nolas Gedanken begannen zu wandern. Sie dachte an England, die saftigen grünen Wiesen auf dem Land, den Lake District mit seinen Seen, Kornblumen und Rotkehlchen, Nebelschwaden, Schnee und Kälte. Obwohl sie den Schnee im Geiste genau vor sich sah, als weißes Tuch, das ringsum alles bedeckte, fiel es ihr schwer, sich zu erinnern, wie kalt er eigentlich war. Sie malte sich aus, wie es sich anfühlte, im Schnee zu liegen, und versuchte in ihrer Phantasie, die erfrischende Kühle zu spüren.
Als sie zum blauen Himmel emporschaute, fielen ihr Tiermans Worte wieder ein: »In Dürrezeiten werden Sie den blauen Himmel noch hassen lernen.« Sie versuchte sich in Erinnerung zu rufen, was sie gedacht hatte, beim ersten Blick in dieses unendliche Blau, nach so vielen Jahren stumpfer und grauer Dauerbewölkung? Wie ihre Wahrnehmung sich doch verändert hatte. Jetzt wünschte sie sich nichts sehnlicher als eine dunkle, schwere Wolkendecke. Sie wäre unendlich dankbar. Kaum vorstellbar, daß Shannon noch nie in ihrem ganzen Leben Regen gesehen hatte. Wenn sie jetzt in den Himmel blickte oder über das verdorrte Land, war ihr fast, als sollte sie selber nie mehr Regen sehen oder spüren dürfen.Galen holte neben ihr auf, und sie reichte ihm eine Feldflasche. Er nahm nur einen winzigen
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