Im Land des Eukalyptusbaums Roman
ihr und Langford ermöglicht hatte, die Farm zu kaufen. Anschließend berichtete Galen von ihren Brüdern und von den Ansprüchen, die sie erhoben hatten. Hadwin notierte sich einige Details und wollte dann wissen, wo die Farm eigentlich lag.
»Etwa achthundertvierzig Kilometer von Townsville landeinwärts, Sir!«
»Ziemlich abgelegen«, bemerkte Hadwin.
»In der Tat. Die nächste Ortschaft ist Julia Creek.«
»Hat Ellen Reinhart ein Testament hinterlassen?« fragte Hadwin.
»Ja. Langford war Universalerbe und einziger Begünstigter.«
»Wer hat ihren Tod bescheinigt?«
Galen sah ihn betreten an.
»Wenn es um Grundbesitz von solcher Größe geht, benötigen die Gerichte einige Nachweise. Kann ein Geistlicher oder Arzt den Tod bezeugen?«
»Nein. Im Umkreis von hundert Kilometer wohnen weder Ärzte noch Pfarrer. Aber Wade Dalton und ich selbst haben ihren Tod bestätigt. Es war ein tragischer Unfall. Wegen der Hitze mußten wir Mrs. Reinhart sehr rasch beerdigen.«
Hadwin nickte. »Da Mr. Reinhart der einzig Begünstigte ist, könnte die Sache schwierg werden, falls Sie und Mr. Dalton die einzigen Zeugen sind. Wenn ein Testament angezweifelt wird, oder irgend etwas an der Todesursache verdächtig erscheint, muß normalerweise die Leiche exhumiert werden.«
»Exhumiert!« entfuhr es Galen. »Mrs. Reinhart starb vor über zehn Jahren! Wie soll es denn da noch etwas zu exhumieren geben?«
»Den Zeitraum hatten Sie nicht erwähnt«, rief Hadwin aus. »Nach zehn Jahren ist das Einspruchsrecht längs erloschen. Die Janus-Brüder können keine Ansprüche mehr geltend machen.«
Galen runzelte entgeistert die Stirn. »Sind Sie sicher?«
»Völlig sicher. Ein gesetzlicher Anspruch besteht nicht. Sollten Ihre Gegner das anders darstellen, haben sie, fürchte ich, die Unwahrheit gesagt. Das heißt, sie sind entweder schlecht informiert oder sie bluffen.«
Galen war begeistert. Jetzt konnte er die Herde verkaufen, mit dem Geld auf die Farm zurückkehren undeine neue Zuchtreihe aufbauen. Zum ersten Mal seit vielen Monaten war ihm, als sei eine riesige Last von seiner Schulter genommen.
Dann erzählte er Hadwin von den Viehdieben und dem Buschfeuer, das sie entfacht hatten.
»Ich rate Ihnen, auf der Stelle zur Polizei zu gehen, Mr. Hartford. Wenn die Männer, die Sie erwischt haben, von den Janus-Brüdern beauftragt worden waren und gegen sie aussagen, können Sie vielleicht erreichen, daß Anklage gegen sie erhoben wird – wegen Anstiftung zum Viehdiebstahl, versuchten Mordes und letztlich wegen der Gefährdung von Menschenleben. Sollten sie vor Gericht gestellt werden und Sie einen Rechtsvertreter benötigen, stehe ich gern zur Verfügung. Waren Sie schon auf der Polizei in Sydney? Wenn nicht, kann ich Ihnen gern einen vertrauenswürdigen Polizisten empfehlen.«
Galen überlegte einen Moment. »Einen Mann kenne ich. Er hat mir einmal helfen können, vor ein paar Jahren. Rafferty war sein Name.«
»Könnte es Colin Rafferty gewesen sein?«
»Sie kennen ihn?«
»Heute ist er Revierleiter an der Ultimo-Wache.«
»Wirklich?«
»Von hier sind es lediglich ein paar Minuten zu Fuß. An der Harris Street.«
20
C olin Rafferty spähte zur Wanduhr seines Büros. Es war neun Uhr früh und wie immer furchtbar viel los in der Harris-Street-Polizeiwache von Ultimo. Seit acht Uhr morgens hatte er Unmengen von Papierkram durchgearbeitet; eine Sache, die er zutiefst verabscheute. Als er das nächste Mal aufschaute, trat ein überraschtes Funkeln in seine blauen Augen. Galen stand im Türrahmen zu seinem Büro.
»Guten Morgen!« grüßte Galen. »Wenn ich nicht irre, spreche ich mit dem Revierleiter Rafferty?« In seiner Stimme schwang aufrichtige Bewunderung mit, als er sich in dem Büro umschaute.
Colin strahlte vor Begeisterung und erhob sich. »Galen Hartford! Wie schön, dich endlich einmal wiederzusehen.« Sein warmer Willkommensgruß war mehr als eine bloße Höflichkeitsfloskel, sondern kam von Herzen. Vor fast vier Jahren hatten das Schicksal und eine tragische Geschichte sie zusammengebracht. Colin Rafferty, damals einfacher Polizist, war von Natur aus ein sensibler, einfühlsamer Mann. Er hatte Galens Qualen seinerzeit gespürt und sich weit mehr um diese Sache gekümmert, als seine Position von ihm verlangt hätte. Seine Freundschaft war ausschlaggebend dafür, daß Galen damals nach dem Verlust seiner Frau den unerträglichenSchmerz überwinden und weiterleben konnte. Damals knüpften sie ein unsichtbares
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