Im Land des Eukalyptusbaums Roman
daß Galens Ehefrau die Kinder in der Schule unterrichtet hatte. Hatte sie diese Worte an ihren Ehemann geschrieben? Wenn es so war, mußte sie ihn sehr geliebt haben. Ihr Tod war so tragisch. Nola verspürte das überwältigende Bedürfnis in sich wachsen, unbedingt herauszufinden, was Galens Frau zugestoßen war, aber von ihm würde sie wohl nie die Wahrheit erfahren.
5
N ola wurde vom heulenden Wind wach, und vom Dreck, der klatschend gegen das Fenster prallte. Ein merkwürdiger, erdiger Geruch lag in der Luft. Sie hatte keine Ahnung, wie spät es war – dunkel war es nicht mehr, aber es war auch nicht hell. Sie stand auf und trat ans Fenster. Was sie sah, versetzte ihr einen Schock.
Wirbel rötlichen Staubs stiegen zum Himmel empor und stürzten wieder in sich zusammen. Galens Hütte war nicht zu erkennen und nur ein Teil der Haupthausfassade. Ihr war, als hätte sie geschlafen und wäre auf einem anderen Planeten aufgewacht. Die Landschaft, der Himmel – alles war in rotbraune Farbe getaucht.
Nola schüttelte den Kopf und überlegte, ob dies ein böser Traum war. Dann tastete sie nach ihrer Taschenuhr, ein unerwartetes Abschiedsgeschenk von Tilden Shelby, die neben der Waschschüssel lag. Mit Schrecken erkannte sie, daß es schon acht Uhr war. Sie fragte sich, wieso sie verschlafen hatte, dann fiel ihr die handschriftliche Notiz wieder ein, der Grund, weshalb sie erst in den frühen Morgenstunden eingeschlafen war.
Nola zog sich rasch an und verließ das Schulhaus. Der Wind wehte kräftig und heiß, der Staub war erstickend. Nase und Mund im Ellbogen vergraben, den Kopf gesenkt, kämpfte sie dagegen an. Der kurze Weg schieneine Ewigkeit zu dauern, denn der Wind stieß sie mal in diese, mal in jene Richtung. Sie strebte der Hütte entgegen, verlor aber bald die Orientierung. Ihre Augen brannten, und der Dreck knirschte ihr zwischen den Zähnen. Schon glaubte sie, keine Luft mehr zu bekommen, und geriet in Panik. Hatte sie sich womöglich schon von der Farm entfernt? Als im wirbelnden Staub eine Mauer vor ihr auftauchte, suchte sie Schutz dort und merkte, daß sie bei den Boxen gelandet war.
Durch den heulenden Sturm waren Stimmen zu vernehmen. In einer Lücke der Stallmauer sah sie Galen, Hank und zwei Aborigines bei den Pferden stehen. Die Aborigines trugen Hüte, Latzhosen und Stiefel. Das mußten die von Hank angekündigten Farmarbeiter sein. Die Männer mußten brüllen, um das Geheul des Windes zu übertönen. Im Hof standen vier gesattelte Pferde. Staub und Wind machten sie nervös; sie wieherten und stampften mit den Hufen.
»Ich hoffe, ihr begreift, wie sehr die Zeit drängt«, erklärte Galen soeben. »Wenn wir das Vieh nicht einsammeln und in den nächsten Monaten verkaufen, ist es aus mit der Reinhart-Farm.«
»Glaubst du, daß wir auch nur ein Tier in dem Staub finden?« fragte Hank.
»Kann sein, daß es sogar noch leichter wird dadurch«, gab Galen zurück. »Sie werden Unterschlupf suchen und sich nicht von der Stelle rühren. Ich weiß, wie schlecht die Arbeitsbedingungen im Augenblick sind, aber wir haben keine Zeit zu verlieren!«
»Wir sind bereit, Boss«, versicherte einer der Aborigines.
»Gut, Jimmy. Heath und Keegan will ich bei diesemUnwetter nicht dabeihaben. Ich will nicht riskieren, sie da draußen zu verlieren. Unterwegs habe ich zerrissene Seile und die Reste von Lagerfeuern gefunden. Sieht so aus, als würden sich Viehdiebe auf unserem Grund und Boden herumtreiben. Wenn das stimmt, werden sie bewaffnet sein für den Fall, daß wir sie erwischen.«
Galen wandte sich an Hank. »Besser, wenn wir uns darauf einstellen.« Er reichte Hank ein Gewehr und ermahnte die anderen. »Achtet auf Spuren, herumliegende Brandeisen und dergleichen.« Sie nickten.
Auch Jimmy und Jack bekamen von Galen je ein Gewehr. »Und denkt dran, macht nur Gebrauch von der Schußwaffe, wenn es gar nicht mehr anders geht!« Alle nickten einmütig.
»Hat irgendwer schon Nola gesehen heute früh?« wollte Hank wissen.
Echte Besorgnis schwang in seiner Stimme mit, und Nola freute sich ungemein darüber. Wenn Hank nicht wäre, würde sie es vermutlich gar nicht aushalten auf Reinhart, jedenfalls nicht angesichts der Feindseligkeit, die Langford und Galen ihr entgegenbrachten.
»Nein«, entgegnete der Verwalter, »unsere neue Schullehrerin mag wohl keinen Wind oder Staub, wie’s scheint.«
Die Verachtung, mit der er von ihr sprach, war unverkennbar.
Hank trat gleich zu ihrer Verteidigung an. »Sie
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