Im Land des Eukalyptusbaums Roman
wird es mit der Angst bekommen. So etwas hat sie in England bestimmt nie erlebt. Wenn man sie läßt, wird sie sich dran gewöhnen.«
»Nicht mehr lange, und sie wird selbst einsehen, daß jemand aus der Stadt mit dem Leben hier draußenüberfordert ist, Hank. Vor allem jemand, der bisher bei reichen Adligen angestellt war, mit palastähnlichen Villen und verzogenen Kindern. Kannst du dir vorstellen, was für ein Leben sie bisher geführt hat? In schicken Kutschen unterwegs, mit geräumigen Wohnungen, und das Essen, immer vom Feinsten ...«
»Ich glaube, daß sie bei allen möglichen Leuten beschäftigt war, Galen, bei Reichen und nicht ganz so Reichen. Wenn ihr Leben bisher wirklich so wunderbar gewesen ist, wie du behauptest, wäre sie wohl kaum zum Arbeiten hergekommen.«
Galen warf ihm einen skeptischen Blick zu. »Ich glaube kaum, daß sie reiten kann, Hank. Du glaubst doch nicht im Ernst, daß sie freiwillig im Outback bleibt und sich den Lebensbedingungen unterwirft, die wir gewohnt sind?« Der Zynismus, mit dem er von ihr sprach, kränkte Nola empfindlich. Sie ahnte, daß nichts ihn von seinem Vorurteil abbringen würde, und erst recht nicht von dem Argwohn, sie würde seine Kinder im Stich lassen. Es stimmte zwar, daß sie gelegentlich auch bei adligen Arbeitgebern angestellt gewesen war, und nach außen hin hatte sie im Wohlstand gelebt. Aber ebenso lange war sie arbeitslos gewesen, normalerweise durch eigene Schuld, und manchmal hatte sie kurz davor gestanden, ihr Obdach zu verlieren. Nur die Zeit würde Galen Hartford eines Besseren belehren. Aber konnte sie sich das leisten? Sie würde hart arbeiten müssen, um ihm zu beweisen, daß sie das Leben in Australien würde bewältigen können.
»Ich bin überzeugt davon, daß sie bleibt«, versicherte Hank. »Nola ist zäher als die meisten Männer. Wenn sie der Typ Frau wäre, für den du sie hältst, wäre sieertrunken, bevor sie überhaupt herkam. Ohne Körperkraft und Willensstärke hätte sie die Sturzflut im Short Horn River nicht überstanden, und ich habe nicht einen Laut der Klage von ihr gehört ...«
In Nolas Ohren hörte es sich an, als sei Hank ein treuer Freund, aber Galen hielt ihn lediglich für verblendet.
»Willensstark oder nicht, Langford ist eisern entschlossen, sie mit dem nächsten Schiff nach England zurückzuschicken.«
»Dann solltest du ihn umstimmen«, riet Hank. »Schließlich sind es deine Kinder, die am meisten davon profitieren, wenn sie bleibt, besonders Shannon.«
»Du scheinst dich ja auffallend für Miss Grayson zu interessieren, Hank. Was weißt du wirklich von ihr?«
Nola war empört. Was wollte Galen mit seiner Frage andeuten?
»Ich weiß nicht viel von ihr, aber ich kenne mich mit Menschen aus. Ich für mein Teil finde, sie ist eine tapfere Frau, und genau das, was wir hier draußen brauchen. Es geht mich ja nichts an, aber ich finde nicht, daß du sie fair behandelst. Jemand wie Nola wäre für die Kinder genau das richtige!«
Eine kurze, angespannte Schweigeminute verging, bevor Galen antwortete. »Bist du vielleicht persönlich am Hierbleiben von Miss Grayson interessiert, Hank?«
Das war doch absurd, dachte Nola. Was sollte Hank schon gegen diese Unterstellung vorbringen? Sie wurde selbst rot, so peinlich war das alles. Sie wartete darauf, daß Hank Galens Frage als taktlos zurückweisen und jede persönliche Neigung zu ihr abstreiten würde.
»Zugegeben, ich mag Nola«, versetzte Hank überraschend. »Wenn sich zwischen uns mehr als Freundschaftentwickelt, würde ich mich glücklich schätzen. – Dafür ist es jetzt allerdings noch ein bißchen früh«, fügte Hank hinzu, »und es ist wohl auch ziemlich unwahrscheinlich.«
Nola schüttelte den Kopf, um klare Gedanken zu fassen. Daß Hank romantische Gefühle für sie hegte, kam für sie völlig überraschend. Sie hatte ihn bisher als Freund und Kollegen auf der Reinhart-Farm angesehen. Hatte er irgendwann angedeutet, was er für sie empfand? Sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. Er war nett gewesen, und sie war ihm dankbar dafür, aber daß er tiefergehende Gefühle für sie hegte, wäre ihr nie in den Sinn gekommen.
Hank fuhr fort und riß sie aus ihren Gedanken: »Wir haben uns viel unterhalten, als ich sie herbrachte. Aus dem, was sie mir erzählt hat, habe ich den Eindruck gewonnen, daß sie ihren Beruf sehr ernst nimmt. Und ich bin der Ansicht, daß jeder, der bereit ist, hierher zu kommen, wenigstens eine Chance kriegen
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