Im Land des Falkengottes. Amenophis
die etwas verstehen und ehrlich sind, nicht mehr! Du bekommst in Waset ein ordentliches Haus mit einem schönen Garten, ein paar nette Dienerinnen und genug zu essen und zu trinken.»
«Ja, und mein Haus hier?» Mahu sah mich noch immer ungläubig an.
«Das verkaufst du deinem Bruder oder sonst irgendjemandem. Pass auf, Mahu: Du wirst heute Abend schön brav mit deiner Familie darüber sprechen, und wenn ihr noch Fragen habt, dann kommt in den Palast zu Pharao und fragt ihn persönlich!» Ich wurde fast böse, und Mahu war deswegen etwas beleidigt.
«Du musst mich eben auch verstehen, Eje! Ich bin jetzt vierundzwanzig Jahre alt, verheiratet und habe drei Kinder und ein kleines Haus. Da macht man sich seine Gedanken. Sei mir nicht böse, mein Freund, aber ich bin nicht in einer so sicherenUmgebung aufgewachsen wie du, wenn du verstehst, was ich meine.»
Ich verstand sehr wohl, was er meinte, und ich hatte sogar ein wenig Verständnis für seine Einstellung, konnte er doch wirklich nicht ahnen, was auf ihn zukommen würde. Dennoch ärgerte es mich, dass jemand sein Glück nicht begreifen wollte.
«Also, bis morgen, Mahu!» Ich klopfte ihm auf die Schulter, stieg die Treppe von der Dachterrasse hinab und ging zurück zum Großen Haus, dem Palast. Ich war mir nicht mehr sicher, ob Mahu der richtige Mann war und hoffte, dass es mir bei meiner weiteren Suche nicht noch öfters so ergehen würde.
Im Palast angekommen, machte ich mich mit meinem Schreiber Cheruef an das Studium der Unterlagen der Steinbrüche. Der nächst gelegene Kalksteinbruch war der von Tura, etwas nördlich von Men-nefer, auf der Ostseite des Flusses. Ich musste so schnell wie irgend möglich dorthin. Ich wollte einfach nur weg aus dem Palast, wollte vor meiner Umgebung fliehen. Ich redete mir ein, mit meiner jetzigen Situation völlig unzufrieden zu sein. Ich war verärgert, über alles und jeden. Ich war wütend auf Inena, weil sie einfach weg war und mich mit meiner Sehnsucht nach ihr allein ließ. Ich war verärgert über Fürst Imresch, weil ich keine Ahnung hatte, wie ich eine Heirat der Tochter seines Königs mit Nimuria bewerkstelligen sollte, wollte ich doch Perisade zumindest einmal gesehen haben! Ich war wütend auf Mahu, weil diesem Angsthasen vor seiner eigenen Zukunft bange und ihm die gewiss schäbige Hütte, die ihm hier gehörte, wichtiger war, als meine Pläne. Und ich war wütend auf mich selbst, weil ich jetzt das Bett schon mit meiner nubischen Dienerin teilte! Ja, so weit war es also mit dem Einzigen Freund Seiner Majestät gekommen: Er beschlief seine nubische Dienerin!
Cheruef spürte wohl auch, dass ich alles andere im Kopfhatte, nur keine vernünftigen Gedanken. Er war deshalb auffallend zurückhaltend und entgegenkommend, was mir aber noch weniger passte, denn ich war einfach auf Streit aus. Und so kam es, dass ich den armen Cheruef wegen eines harmlosen Tintenkleckses anschrie und wegschickte. Danach rief ich lauthals nach einer Dienerin, und zu allem Elend kam auch noch Nefta, die ältere der beiden. Wäre nur Rena gekommen! Sie hätte mich vielleicht noch besänftigen können. Aber nein, es musste die korrekte Nefta sein! Ich ließ mir einen großen Krug Wein bringen, nahm mir einen Becher, setzte mich ins Fenster und begann, mich zu betrinken, bis ich irgendwann entsetzlich weinte, ehe ich in mein Bett torkelte. Es war noch früh am Abend.
Am anderen Morgen wachte ich sehr zeitig auf und war erneut über mich verärgert, weil ich die Folgen des gestrigen Abends spürte. Mein Kopf tat entsetzlich weh, und als ich mich bückte, um mir die Sandalen anzuziehen, befürchtete ich, er würde zerspringen. Ehe noch irgendjemand im Palast erwacht war, weckte ich meinen Leibwächter Senu und gab ihm den Befehl, in Kürze mit einem Zweispänner, einem Schlauch Wasser, etwas zu essen und seinen Waffen im zweiten Vorhof zu erscheinen. Reichlich überrascht machte er sich auf den Weg. Derweil wusch ich mich ein wenig und lief bald abmarschbereit und nervös im vereinbarten Hof auf und ab, bis Senu auftauchte.
Ich übernahm die Zügel, und unter knallenden Peitschenhieben donnerte unser Gespann aus dem Palast. Die Wachen hatten Mühe, die Tore schnell genug aufzureißen. In wilder Jagd ging es durch Men-nefer, und weil ich wusste, dass sich viele Schlafende über den von mir mutwillig verursachten Lärm ärgerten, bekam ich etwas bessere Laune, ja, ich freute mich sogar über meine Gehässigkeit, derer ich mir durchaus bewusst
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