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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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schlecht getroffen war und ein weibliches Tier sein Junges verteidigte. Der Bulle tauchte unter das Boot und schnellte mit ohrenbetäubendem Gebrüll empor, sodass das Boot mehrere Ellen hochgeschleudert wurde und alle sechs Jäger ins Wasser stürzten. Noch bevor irgendjemand helfen konnte, hatten die Flusspferde drei Jäger angegriffen, totgebissen und in die Tiefe gezerrt. Ihnen war nicht mehr zu helfen! Die anderen drei Jäger hatten Glück: Der Gute Gott stießdem wütenden Bullen mit aller Macht eine Harpune so fest in die Seite, dass er nur noch einmal sein Maul weit aufriss, seine Lunge leerkeuchte und verendete. Die drei konnten so aus dem blutroten Wasser in die anderen Boote gezogen und gerettet werden.»
    Wir schüttelten nur noch ungläubig die Köpfe, und mit trockener Kehle flüsterte ich: «Und dann?»
    «Vier Flusspferde haben wir an diesem Morgen getötet. Mit langen Seilen wurden sie von den Jagdgehilfen ans Ufer gezogen und dort zerteilt. Die Zähne der Tiere erhielten die Jäger, die sie erlegt hatten. Die vier Eckzähne des Bullen hat mir mein Vater geschenkt», schloss der Prinz stolz seinen Bericht.
    Wir anderen – und vor allem ich selbst – hatten nichts Vergleichbares erlebt, sodass ich erst gar nicht den Versuch unternahm, meinen Freunden eine Geschichte aufzutischen.
    Einige Tage später wandte sich Prinz Amenophis nach dem Unterricht ohne Vorankündigung an meinen Vater und bat um Erlaubnis, mich in den Palast mitnehmen zu dürfen.
    «Ihr müsst Euch keine Sorgen machen, Juja. Eje wird vor Sonnenuntergang nach Hause gebracht.»
    Selbst wenn die Frage des Prinzen eher einem Befehl als einer Bitte gleichkam, gab mein Vater in gütigem Ton sein Einverständnis. Bis zum Ende des Unterrichts konnte ich mich kaum mehr konzentrieren und dachte ständig darüber nach, was mich erwarten würde. Ich zog in Erwägung, dass ich dem Wesir oder einer der königlichen Gemahlinnen begegnen könnte und sie mich ansprechen würden. Was aber geschähe mit mir, wenn der Gute Gott selbst – nein, daran wagte ich nicht zu denken. Zuletzt war mir vor Aufregung richtig schlecht, und die Aufforderung des Prinzen, jetzt mitzukommen, habe ich vor Herzrasen fast nicht gehört.
    Während die Prinzessin und die anderen Prinzen vorausliefen, hielt mich der Prinz zurück und sah mich wortlos an.
    «Wohin gehen wir?», fragte ich respektvoll leise und mit hochgezogenen Augenbrauen.
    «Ich weiß es noch nicht. Entweder ich zeige dir erst meine Gemächer, oder wir statten vorher den Pferden einen Besuch ab – wie du willst!»
    «In den Stallungen war ich während der Ferien ein paar Mal gewesen», wandte ich ein.
    «Das wurde mir schon berichtet. Übrigens: Vielen Dank, dass du an meine Pferde gedacht hast!»
    Dabei strahlte der Prinz über das ganze Gesicht und gab mir so zu verstehen, dass er über alles bestens unterrichtet war.
    «Also gut, erst der Palast!», beschloss er.
    Inzwischen waren wir den Gang mit den Jagdbildern entlanggegangen. Die Szenen erinnerten mich wieder an die Geschichte des Prinzen mit den Flusspferden. Diesmal bogen wir aber nicht rechts ab, sondern gingen nach links in einen langen Gang, der an beiden Seiten von insgesamt vierzehn Figuren des Guten Gottes eingesäumt wurde, sieben auf jeder Seite. Sie alle waren aus rötlichem Stein, gleich groß und kaum zu unterscheiden. Sie zeigten den Guten Gott in der Blüte seiner Jugend auf einer rechteckigen Standplatte, die Kronen der Beiden Länder mit dem Uräus auf dem Haupt, mit heiligem Bart, einem reich geschmückten Schurz und Sandalen. Die Krone, der breite Brustschmuck, die Ober- und Unterarmreifen waren mit Gold überzogen, der Schurz der Figuren war dunkelrot bemalt, der linke Fuß leicht vorgestellt. In der Tat sah eine Figur aus wie die andere!
    Am Ende betraten wir einen Saal, an dessen vier Seiten sich jeweils in der Mitte eine mächtige Tür befand und dessen Wände bis oben hin mit Holzregalen verstellt waren. Nahezu alle Regale waren restlos mit Papyrusrollen oder beschrifteten Tontafeln ausgefüllt. Im Saal verteilt standen sechs oder acht Tische, an vier von ihnen saßen Schreiber bei ihrer Arbeit.Noch ehe sie aufspringen konnten, rief ihnen der Prinz zu: «Behaltet Platz! Wir wollen euch nicht stören!»
    Die so Angesprochenen nickten mehrmals mit freundlichem Lächeln und setzten ihre Arbeit fort.
    «Das ist das Staatsarchiv», flüsterte mir Prinz Amenophis zu.
    «Hier befinden sich alle Anweisungen und Gesetze des Guten

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