Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
Vom Netzwerk:
Rechten war leer. Ich selbst stand hinter Amenophis.
    Pharao trug die mächtige Doppelkrone, den Zeremonialbart, einen breiten Goldkragen, Geißel und Krummstab. Obwohl er mit ausgesprochen heiterer Miene in die Gesichter der Menschen, die sich wieder erhoben hatten, blickte, strahlte er ohne Zweifel jene Würde aus, die unser Volk von seinem Guten Gott erwartete.
    Jetzt war es still im Saal, und von draußen vernahm ich den Klang einiger Flöten immer deutlicher, immer näher. Dann mischten sich einige Schellen und kleine Trommeln dazwischen. Die ersten Tänzerinnen betraten den Saal, nein, sie schwebten, sprangen und überschlugen sich, so, als ob sie ohne Gewicht wären. Es wurden immer mehr, bis schließlich über hundert Mädchen rechts und links den Gang säumten, sich niederließen und sich langsam hin und her bewegten wie Schilfgras im zarten Abendwind. Durch dieses Spalier hindurch erschienen jetzt die Hofdamen und die Beamten Tejes, alle mit prächtigen Perücken und hellweißen Gewändern. Dann betraten meine Eltern den Saal. Meine Mutter – wie ich nicht anders erwartet hatte – mit ernstem Gesicht, mein Vater glücklich, milde lächelnd in die Runde blickend. Danach kamen vier junge Nubier mit einem kostbaren Baldachin, unter welchem Teje den Saal betrat. Sie trug ein knöchellanges, weißes Kleid, um die Hüften ein zweifach gewickeltes, rotes Band, dessen golddurchwirkte Enden bis weit über die Knie herabhingen. Darüber lag ein hauchdünner, fast durchsichtiger Umhang, der die Arme überdeckte und bis zum Boden reichte. Um ihre Schultern trug sie einen breiten Kragen aus Gold, Lapislazuli und Karneol. Ihre Perücke war betont schlicht, wodurch die Geierhaube und die Doppelfederkrone, die sie darüber trug, umso prächtiger in Erscheinung traten. Ihre Oberarme und die Handgelenke umgaben goldene Reifen mit feinsten Einlegearbeiten. Sie trug goldene Scheibenohrringe, deren Innenflächen ganz mit Lapislazuli belegt waren. Nur um die Augen war sie sichtbar geschminkt. In der linken Hand hielt sie ein Menit, dessen Ende ein Hathorkopf zierte, in der rechten einen kleinen Strauß Lotosblüten.
    Während sie unter dem Baldachin langsam auf Amenophis zuschritt, hielt sie den Blick stets gesenkt, sah weder nach rechts noch nach links. Vor dem Thron verneigten sich meineEltern tief, bevor sie zur Seite traten, um Pharao Platz zu machen. Nimuria schritt die vier Stufen hinab zu Teje. Sie überreichte ihm die Blumen und sah ihn mit großen, fragenden Augen an. Amenophis strahlte, küsste zärtlich, ja geradezu vorsichtig Tejes rechte und linke Wange, und nahm sie bei der Hand. Er führte Teje hinauf zu ihrem Thron, wo sie neben ihm Platz nahm. Merire, der vorübergehend noch das Amt des Wesirs des Nordens bekleidete, befahl der Menge, sich zu Boden zu werfen und verkündete die vollständige Titulatur Nimurias und Tejes. Damit war sie in aller Form Große königliche Gemahlin.
    Anschließend erhoben sich Mutemwia, Iaret und ich, und wir beglückwünschten als Erste das Herrscherpaar. Es folgten Vater, Mutter und Merire, schließlich alle Großen des Reiches, die Abgesandten der befreundeten Herrscher und unserer Vasallen. Auch Fürst Imresch überbrachte die Grüße seines Königs Kurigalzu.
     
    An diesem Tag fand nicht nur die Erhebung Tejes zur Großen königlichen Gemahlin statt, auch Ramose wurde zum Wesir des Nordens bestimmt. Ramose war ein jüngerer Bruder der Großen königlichen Gemahlin Iaret und bisher Bürgermeister von Men-nefer gewesen. Er galt als ehrlicher, unbestechlicher Mann. Mit seinen vierundzwanzig Jahren besaß er auch die Kraft, um dieses schwierige Amt ausführen zu können. Im Übrigen tat Amenophis gut daran, einflussreiche Positionen auf verschiedene Familien zu verteilen und nicht immer dieselben zu bevorzugen. Mit der alten, für alle Wesire gültigen Weiheformel, die Nimuria selbst sprach, wurde Ramose in sein Amt eingesetzt:
    «Kümmere dich um das Amt des Wesirs. Sei wachsam über alles, was in seinem Namen geschieht, denn dieses Amt ist die Stütze des ganzen Landes. Wesir zu sein ist bitter wie Galle.Denn siehe, der Bittsteller kommt aus Ober- und Unterägypten, aus dem ganzen Land, in der Absicht, in der Halle des Wesirs Rechtsprechung zu erhalten. Dann sollst du darauf achten, dass alles dem Gesetz entsprechend getan wird, dass alles richtig gemacht wird, wenn man einen Mann seine Unschuld verteidigen lässt. Siehe, was den Beamten, der Recht spricht, betrifft, so künden

Weitere Kostenlose Bücher