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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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verdientermaßen den Tod fand.

SECHS
    Schon ein einziger Tag kann die Ewigkeit verheißen.
     
    T rotz der schrecklichen Vorkommnisse waren wir uns einig, dass die Steinbrüche von Tura wieder geöffnet werden sollten, wenn sie ergiebig genug waren. Kurz nach meinem ersten Aufenthalt fuhr ich mehrmals mit dem Vorsteher der königlichen Steinbrüche, einem über fünfzig Jahre alten Mann mit Namen Wenamun, nach Tura, um das Gelände genau zu erkunden. Bereits nach der zweiten Erkundungsfahrt war sich Wenamun sicher, dass das Gelände noch lange nicht erschöpft und dort noch viele tausend Kalksteinblöcke gebrochen werden konnten. Uns gelang es sogar, einen der alten Brunnen wiederzufinden. Aus seinem tiefen Schlund schöpften wir sauberes frisches Trinkwasser. Ich zögerte nicht lange und erteilte den Befehl, in Tura eine Arbeitersiedlung zu errichten, die fünfhundert Männern Unterkunft bot.
    Neben der vielen Arbeit, die zu bewältigen war, dachte ich fast täglich auch an Perisade, die Tochter von Fürst Imresch. Immer wieder versuchte ich mir vorzustellen, wie sie aussah, wie ihre Stimme klang, worüber ich mit ihr reden würde.
    An einem besonders heißen Vormittag – die Glut der Hitzemachte mir die mittlerweile tägliche Fahrt zum Steinbruch unmöglich – schickte ich Cheruef zu Fürst Imresch und ließ ihn bitten, abends mein Gast zu sein. Von Amenophis hatte ich die Erlaubnis, die Palastküche und deren Dienerschaft in Anspruch zu nehmen, und so suchte ich mir für meine Einladung eines der Schattenhäuser in den königlichen Gärten aus. Etwas abseits, unter den weit ausladenden Ästen einer uralten Sykomore, ließen sich fünf junge Musikantinnen nieder und spielten ihre Weisen, so beruhigend, so angenehm, dass ich beinahe einschlief.
    Kurz vor Sonnenuntergang schwamm ich einige Bahnen, danach ließ ich mich von Nefta rasieren, ankleiden und schminken. Zu einer schlichten Perücke wählte ich eine unauffällige Halskette mit einem kleinen heiligen Käfer aus Lapislazuli und meinen Siegelring. Ich begab mich wieder in das Schattenhaus, überprüfte alle Vorbereitungen, machte es mir danach auf einem der Klappsessel bequem und hörte wieder den Musikantinnen zu.
    Zur verabredeten Zeit erschien Senu und meldete mir das Eintreffen Fürst Imreschs. Wie es sich für mich als Gastgeber und den Jüngeren ziemte, ging ich ihm einige Schritte entgegen und begrüßte ihn herzlich in seiner Sprache.
    «Es ist mir eine überaus große Ehre, vom Einzigen Freund Seiner Majestät, sie lebe, sei heil und gesund, in so vertrautem Rahmen empfangen zu werden! Man wird schwerwiegende und geheime Staatsgeschäfte dahinter vermuten, Eje.»
    Fürst Imresch spitzte seine blauen Lippen.
    «Niemand wird etwas vermuten, Fürst Imresch. Ihr wisst doch, dass wir Ägypter in geheimen Dingen ganz groß sind. Wo sonst auf dieser Welt gibt es so viel Geheimniskrämerei?»
    Wir erreichten das Schattenhaus, und Fürst Imresch sah sich erst ein wenig um. Um seinen Hals trug er eine feingliedrige Goldkette, an welcher ein runder, fingerdicker Gegenstandaus fleischrotem Karneol hing, der oben und unten in Gold gefasst war. Lange schaute er sich das Schwimmbecken an, dann die Musikantinnen, und immerzu spielten die Finger seiner linken Hand mit dem roten Anhänger an seiner Brust.
    «Ihr Ägypter seid ein auffällig reinliches und auch ein – wie soll ich es sagen, ohne Euch zu nahe zu treten – ein freizügiges Volk.» Dabei zeigte seine rechte Hand auf die fast nackten Musikantinnen.
    «Bei dieser Hitze kann man doch nur leicht bekleidet durchs Leben gehen, Fürst Imresch», sagte ich und lächelte ihn freundlich an.
    «Ach, Ihr macht den Aton verantwortlich dafür, dass Ihr Euch zu jeder Stunde dieser netten Anblicke erfreuen dürft!»
    «So habe ich die Sache noch nie gesehen, Fürst. Ihr erstaunt mich.»
    Er lachte ein wenig und sah mich mit fast zugekniffenen Augen an.
    «Ihr scheint Eure Umwelt genau zu beobachten», fuhr ich fort und bat ihn mit einer ausladenden Handbewegung, im Schattenhaus Platz zu nehmen.
    «Zum einen bin ich so veranlagt, Eje, zum anderen gehört es natürlich zu meinem Beruf   …»
    «Ihr seid aber kein Spion», unterbrach ich ihn.
    «…   gehört es zu meinem Beruf als Botschafter meines Königs, dass ich möglichst viele Kenntnisse über mein Gastland mitbringe. Ein Spion? Nein, Eje, so etwas wäre mir zu schmutzig, zu gemein. Ich möchte auch nicht als Krokodilfutter des Guten Gottes, er lebe, sei heil

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