Im Land des Falkengottes. Amenophis
Wasser und Wind von allem, was er tut. Siehe, es gibt niemanden, der nicht weiß, was er tut. Richte nicht ungerecht, denn Gott hasst die Parteilichkeit. Wonach man trachtet, ist, dass Maat getan wird durch die Äußerungen des Wesirs. Der Wesir war rechtmäßiger Hüter der Maat seit der Zeit des Osiris. Siehe, man nennt den Oberschreiber des Wesirs ‹Schreiber der Maat› – so sagt man. Und in der Halle, in der du Recht sprichst, ist ein weiterer Raum, voll von den Akten aller Urteile. Derjenige, der Maat tun wird vor allen Menschen, ist der Wesir. Handle nicht nach deinem eigenen Wunsch in Dingen, von denen das Gesetz bekannt ist. Siehe ferner: Es gebührt sich für den Hochmut, dass der Herr Furcht mehr liebt als den Hochmut. Handle also gemäß dem, was dir aufgetragen worden ist!»
Ramose empfing das Gewand des Wesirs, einen Umhang, der unter die Arme reichte und über der Brust zusammengeschnürt wurde und welcher bis an die Knöchel hinabfiel, und er erhielt den Goldenen Wesirsstab. Ramose verneigte sich sieben Mal vor Nimuria und Teje, dann wandte er sich der Versammlung zu. Da Ramose nun der Stellvertreter Nimurias in Unterägypten war, mussten sich alle vor ihm niederwerfen, als wäre er Pharao selbst.
Anschließend bestiegen Amenophis und Teje vor der Großen Halle die königliche Sänfte und wurden unter dem Jubel der Menschen durch die Prachtstraße zum Tempel des Ptah getragen, wo sie Blumen und Weihrauch opferten. Nach ihrer Rückkehr in den Palast zeigte Ameni seiner Gemahlin die Gemächerim Nordflügel, welche in den letzten Wochen nur für sie hergerichtet wurden. Darüber hinaus verfügten sie und ihre Hofdamen über einen eigenen weiträumigen Garten, den ansonsten nur Pharao und später Tejes Kinder betreten durften.
Mit dem Sonnenuntergang begann in allen öffentlichen Räumen des Palastes, in seinen Höfen und Gärten ein Fest, wie ich es selbst in Waset nicht erlebt hatte. Es war in jeder Hinsicht ein Rausch der Sinne, und keiner der zahllosen Gäste wurde enttäuscht. Aber nicht nur im Palast wurde gefeiert, überall auf den Straßen und Plätzen von Men-nefer aßen und tranken die Menschen, machten Musik und tanzten bis in die Morgenstunden.
Nachdem das Herrscherpaar das Fest verlassen und sich in seine Gemächer zurückgezogen hatte, lockerte sich die sonst so strenge Ordnung im großen Festsaal etwas auf, und ich begann, mich ein wenig in den anderen Sälen und den Höfen des Palastes umzusehen. Zufällig traf ich auf Acha, den Sohn des Oberstallmeisters, und auf Saatum, einen Vetter Nimurias, die einst mit mir die Palastschule besucht hatten.
Durch meine Nähe zu Amenophis hatte ich die zwei seit dem Tod von Osiris Thutmosis Men-chepru-Re aus den Augen verloren. Umso überraschter war ich aber, dass sie mir dies mit keinem Wort übel nahmen, freilich über mich bestens Bescheid wussten. So brauchte ich keine langen Erklärungen abgeben, und wir konnten die Nacht in vollen Zügen genießen. Irgendwo gab es immer jemanden, den einer von uns dreien kannte, und so ging uns der Gesprächsstoff nicht aus, wie es überall Anlass gab, etwas zu trinken.
Re hatte seine Nachtfahrt beinahe beendet, im Osten begann allmählich der Morgen zu grauen – es ist die Zeit, da es in jeder Stadt am ruhigsten ist, weil Mensch und Tier noch im Tiefschlaf liegen –, da landeten wir in einem der Schattenhäuserim Palastgarten. Wir waren aber nicht alleine, jeder von uns hatte eine Begleiterin im Arm, und die drei Mädchen sahen ganz danach aus, als würden sie jeden Tag einem anderen Mann ihre Liebe erklären. Trotz des vielen Weines, den ich getrunken hatte, war mir bewusst, dass wir schnell unsere Begleiterinnen loswerden mussten. Leicht schwankend erreichte ich meine Gemächer, weckte Senu und bat ihn, uns des Problems, und sei es mit Waffengewalt, zu entledigen. Als ich mit Senu wieder in den Garten kam, hatten meine Freunde und die Mädchen das Schattenhaus bereits verlassen, und ich hörte von jenseits der Gartenmauer nur noch verwaschene Wortfetzen und das Kichern der Mädchen. Beruhigt klopfte ich Senu auf die Schulter und entschuldigte mich für die Störung. Ich befahl ihm, mich unter keinen Umständen zu wecken oder irgendjemanden zu meinem Schlafzimmer Zutritt zu gewähren.
Ich befand mich noch in einem traumlosen Tiefschlaf, einem Zustand ähnlich einer Bewusstlosigkeit, da bohrte sich eine aufdringlich laute, wenn auch fröhliche Stimme in mein Ohr und in den schmerzenden Kopf. Es
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