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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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würde. Ohne zu zögern sagte er mir zu.
    «Ich würde jedoch die endgültige Entscheidung vom Einverständnis deiner Tochter abhängig machen», schränkte ich selbst die Zusage Imreschs ein.
    Er blieb stehen, sah mich mit hochgezogen Brauen verwundert an und sagte dann: «Was seid ihr Ägypter manchmal seltsam. Reicht euch ein Vaterwort nicht aus?»
    «In Ägypten ist die Stellung der Frau eine völlig andere als hier, Imresch. Das wird dir in den Jahren deines Aufenthaltes am Nil kaum entgangen sein. Würde ein ägyptisches Mädchen mit mir nicht glücklich werden, dürfte sie die Trennung verlangen, wir würden einen Trennungsvertrag schließen, und sie könnte zu ihren Eltern oder ihren Brüdern zurückkehren. Bei Perisade ist es etwas anderes. Ihr Weggang aus Babylon wird einiges Aufsehen erregen. Stell dir die Demütigung vor, wenn sie in einigen Jahren wieder hierher zurückkehrte! Deswegen ist es mir wichtig, dass die Heirat mit mir wirklich ihrem eigenen Willen entspricht.»
    Weiter erklärte ich Imresch, dass ich ihm gegenüber keinerlei Ansprüche erheben würde, was und wie viel er seiner Tochter mitzugeben hätte. Ich sagte das nicht aus Überheblichkeit, sondern weil ich wusste, dass Perisade von ihren Eltern reich ausgestattet werden würde, und ich deswegen nicht wie ein Steuereintreiber Getreidekörner zählen wollte.
    Das schien Imresch zu beeindrucken. Wir kamen überein, dass ich bei Gelegenheit mit Perisade über meine Absichten sprechen würde.
    Meinen nächsten Brief an Ameni schrieb ich am späten Nachmittag, als die größte Hitze vorüber war, im Palastgarten Imreschs. Ich berichtete ihm ausführlich über meine Verhandlungen mit König Kurigalzu und den vereinbarten Warenaustausch und teilte ihm mit, dass die Babylonier in denkommenden Tagen und Wochen die mir zugesagten Waren zusammenstellen würden. Von Prinzessin Narainda schrieb ich nichts und schloss meinen Brief mit den Sätzen:
    «Mit Prinzessin Perisade treffe ich mich jeden Tag. Macht sie die Augen auf, dann verjüngt sich mein Leib. Deswegen werde ich sie heute fragen, ob sie meine Frau werden will.»
     
    Ich sah Perisade schon von weitem. Seit einigen Tagen trug sie das Haar nicht mehr in dünnen Zöpfen geflochten, sondern offen. Die vielen kleinen Locken, die durch das Flechten entstanden waren, ließen ihre Haarpracht wie eine Löwenmähne aussehen. Perisade trug sie hoch erhobenen Hauptes und mit Stolz. Ich überreichte ihr die letzten drei Seiten meines Briefes – die Listen mit den ausgehandelten Waren wollte ich ihr ersparen – und sagte: «Eine Leseübung auf Ägyptisch?»
    Sie setzte sich neben mich. Laut und fehlerfrei las sie das Geschriebene, ehe sie, am Schluss des Briefes angelangt, stockte. Sie reichte mir die Seiten zurück, sah mich mit ernstem Gesicht an, und sagte:
    «Füge noch folgende Sätze hinzu: Ich habe sie gerade gefragt. Sie sehnt sich danach, mit mir an den Nil zu kommen.»
    «Darf ich das wirklich schreiben, Perisade?», fragte ich ungläubig und zugleich so von Glück erfüllt, wie ich es noch nie erlebt hatte.
    «Seit deiner Krankheit, da niemand sagen konnte, ob du weiterleben würdest, wusste ich, dass ich nach deiner Genesung mit nach Men-nefer kommen würde. Weißt du, Eje, man fürchtet um das Liebste, und man liebt, was man am meisten zu verlieren fürchtet. Und mehr noch als meine lieben Eltern, meine Heimat, fürchtete ich, dich zu verlieren.»
    Ich beugte mich ein wenig zu ihr hinüber und sah lange in ihre Augen. Dann, geradezu zaghaft und ängstlich, berührten sich für einen kurzen Augenblick unsere Lippen, wir stahlenuns den ersten flüchtigen Kuss. Mein Glück mehr ahnend als begreifend, flüsterte ich: «Versprochen?»
    «Versprochen», hauchte sie zurück.
    Ich nahm das letzte Blatt des Briefes, tauchte den Papyrusgriffel in die Tinte und hielt ihr beides entgegen.
    «Schreibe es ihm selbst!»
    In der denkbar schönsten Schrift tat sie, wie ihr geheißen. Danach sahen wir uns lange und schweigend an.
    An diesem Abend blieben wir alle im Palast Fürst Imreschs, da keine anderweitige Einladung vorlag. Ich verabredete mit Perisade, dass wir uns vor dem Abendessen im Eingangssaal des Palastes treffen würden.
    Bevor es so weit war, genoss ich das zur Gewohnheit gewordene heiße Bad, dann die kalte Dusche und die wohltuende Massage. Marbiti rasierte mich, half mir beim Ankleiden und Schminken. Zum ersten Mal in Babylon legte ich meinen breiten Schulterkragen um und streifte über

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