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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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hatte. Dann bestiegen wir unsere Wagen und fuhren langsam durch die staunende, nur zögerlich jubelnde Menge der Arbeiter hindurch zur Baustelle des Haupttempels der Stadt. Der Turm, dessen Kanten an der Basis sicher jeweils dreihundert Ellen lang waren, hatte eine Höhe von etwa hundertfünfzigEllen erreicht. Die anschließenden Tempelanlagen waren ebenfalls noch unvollendet. Vor einer Götterstatue, welche in einer Art Behelfstempel stand, verrichteten Kurigalzu und General Nachunte kurze Gebete. Dann fuhren wir zur Palastanlage von Dur-Kurigalzu zurück, wo wir in einem großen weißen Zelt zu einem kurzen und einfachen Mahl verweilten. Kurigalzu erzählte uns noch verschiedene Einzelheiten, welche er für seinen Palast und den Tempel geplant hatte.
    «Ihr seht, meine ägyptischen Freunde», sagte er zuletzt, «das Gold meines Bruders Nimuria wird eine würdige Verwendung finden.»
    Dessen war ich mir gewiss.
    Am späten Nachmittag waren wir nach Babylon zurückgekehrt und beschlossen, uns sogleich zurückzuziehen. Am Abend waren wir zu einem großen Abschiedsfest in den königlichen Palast eingeladen, und wir alle wollten uns noch ausruhen. Merit erwartete uns vor dem Palast. Während Imresch und Acha sogleich in ihre Gemächer gingen, musste ich ihr auf dem Weg durch den Palast von unserem Ausflug berichten. Zuletzt standen wir vor dem Eingang zu meinen Räumen, hielten uns bei den Händen und sahen uns an.
    «Was wirst du jetzt tun?», fragte Merit leise.
    «Ich werde erst baden, weil ich von der Reise völlig verstaubt bin, dann wollte ich   …»
    Schweigend musterten wir uns und hatten denselben Gedanken. Draußen erklang ein Lied, so melodisch, so schön, wie ich es noch nie gehört hatte. Zwei Flöten spielten es.
    «Magst du es?», fragte Merit.
    «Ja, es ist sehr schön. Wie heißt es?»
    «Das kleine Mädchen», sagte sie, und sie lächelte. Tausend Bilder schwirrten durch meinen Kopf, doch immer wieder tauchte der Name Imresch auf. Nicht, dass ich besonders edelmütig sein wollte, ich hatte einfach nur Angst, entdeckt zuwerden. Ich küsste Merit kurz auf die Stirn und flüsterte: «Nicht jetzt. Nicht hier. Hab noch ein wenig Geduld, Merit!»
    Dann verschwand ich.
     
    An diesem Abend legte ich wieder den breiten Schulterkragen um, nahm die goldenen Armreife, den Siegelring Nimurias und trug über der Perücke ein weißes Kopftuch mit roten Streifen. Den dritten Gedenkkäfer Nimurias verpackte ich sorgfältig in einem Seidentuch.
    Zu meiner großen Überraschung und Freude gleichermaßen hatte König Kurigalzu auch die Frauen und die erwachsenen Töchter der Großen des Landes eingeladen. Merit sah bezaubernd aus. Zu ihrer Mähne trug sie ein schmales, goldenes Diadem, dessen Stirnseite ein Smaragd von seltener Größe und Reinheit zierte. Ihr langes, eng anliegendes Kleid aus dunkelgrüner Seide war mit Goldfäden durchwirkt. Über ihren Schultern lag der ägyptische Halskragen, den ich ihr zum Geschenk gemacht hatte. Fürstin Scharruwa und Imresch waren ebenfalls so festlich gekleidet, wie ich es bei ihnen vorher noch nicht gesehen hatte. Vor dem fürstlichen Palast warteten drei Sänften auf uns. Die erste bestiegen Scharruwa und Imresch, die zweite Merit und ich, die dritte schließlich Acha und Cheruef. Senu schritt mit meiner Amtsstandarte neben mir her. Merit saß an meiner rechten Seite, ich hielt ihre linke Hand und sah zufrieden in ihr schönes Gesicht. Es war die Zeit des Sonnenuntergangs, als sich unser Zug in Bewegung setzte. Die weißgekalkten Häuser Babylons glänzten wie pures Gold im müde werdenden Licht der Sonne, und Merit bemerkte, dass ich etwas wehmütig nach Westen schaute.
    «Re wird Nimuria und deine Familie von dir grüßen, Eje», sagte sie liebevoll und lehnte ihren Kopf an meine Schulter. Sie sah ebenfalls in den Sonnenuntergang und flüsterte: «Bald werden wir dort sein. Es dauert nicht mehr lange. Dann werdeich deine Frau sein, dein Land und deine Freunde kennen lernen und dir Kinder schenken, so viele du willst!»
    Je näher wir dem königlichen Palast kamen, umso lauter wurde es um uns herum. Der Schreiber Imreschs, welcher den Sänften voranschritt, schrie immer wieder: «Macht Platz dem Fürsten Imresch und seinen Freunden!»
    Dann war es endlich so weit. Am Palasteingang gab es ein dichtes Gedränge, sodass Achas Bemühungen, irgendwo General Nachunte und Teischeba zu entdecken, vergeblich waren. Anders als bei uns, wo Pharao erscheint, wenn alle schon versammelt

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