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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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am Stadtrand von Men-nefer lebten, und die man an ihrer einfachen Kleidung erkannte, an ihren verschwitzten Haaren und den oft unrasierten Gesichtern.
    Am großen Nordtor, dessen beide Flügel weit geöffnet standen, bildeten Hunderte Soldaten ein langes Spalier, und zu unserer Begrüßung erklangen die Fanfaren der Leibgarde Pharaos. Innerhalb der Stadt wurde das Gedränge zunehmend dichter, dort versammelten sich die Handwerker und Beamte niederen Standes. Jeder wollte als erster Neuigkeiten erhaschen, wollte sehen, was wir mitgebracht hatten, wie die fremden Frauen heißen und was sie mit sich führten. Große wie Kleine kannten kein Halten, nicht umsonst gilt unser Volk überall als besonders neugierig.
    Eine kleine Eskorte der königlichen Leibwache führte den Zug an, dann folgte ich mit Senu in meinem Streitwagen, dahinter fuhren die Wagen Imreschs und Achas. Die Sänften Merits und Teischebas und ihrer beiden Hofdamen schlossen sich an. Hinter ihnen fuhr Saatum, der dem Rest der langen Karawane vorausritt. Den Schluss des Zuges bildete nochmal ein Trupp von sechzig Soldaten, damit sich niemand an die kostbare Ladung heranwagte.
    Wir zogen an den vertrauten Tempeln und Palästen vorbei und erreichten schließlich die Prachtstraße, die zum Palast unseres Herrschers führte. Das Haupttor war weit geöffnet. Der Hof vor der großen Halle war über und über voll mit Menschen, nur in der Mitte bildeten Soldaten ein zwölf Ellen breites Spalier. Unsere Pferde, die lange nicht mehr so viele Menschen, so viel Unruhe erlebt hatten, scheuten etwas und waren nur schwer zu halten. Dann erblickte ich das Herrscherpaar. Unter dem königlichen Baldachin, am oberen Ende der langen Treppe, zwischen vier Wedelträgern, saßen Nimuria und Teje. Neben ihnen standen Ramose, der Wesir des Nordens, die Großen königlichen Gemahlinnen Mutemwia und Iaret und meine Eltern.
    Ameni trug die Doppelkrone, dazu den Zeremonialbart, Geißel und Krummstab und einen schweren Prunkkragen. Teje trug über einer aufwendigen Perücke die Federkrone und ein langes, kunstvoll geworfenes, ärmelloses Kleid.
    Wir Ägypter stiegen als erste von unseren Wagen, stellten uns am Fuß der Treppe nebeneinander auf und warfen uns vor Pharao nieder. Als ich vor Seiner Majestät im Staube lag, hörte ich jemanden die Treppe herunter steigen, wagte jedoch nicht, aufzublicken. Sandkörner knirschten neben mir, und dann vernahm ich zwischen Trommelwirbeln und Fanfarenstößen Amenis Stimme: «Steh auf, Eje, ich möchte dich begrüßen!»
    Er fasste meinen linken Arm und hob mich hoch. Endlich stand ich wieder vor ihm: Ich schaute in seine dunklen mandelförmigen Augen, ich sah sein fröhliches Gesicht. Lange blickten wir uns schweigend an. Dann, wie schon so oft, umfasste er meine Schultern und drückte mich fest an sich.
    «Es ist gut, dass du wieder hier bist. Wäre Teje nicht gewesen, ich wäre hier vor Einsamkeit umgekommen.»
    Ich begriff seine Worte nicht, aber ehe ich über sie nachdenken konnte, lenkte er meine Aufmerksamkeit auf Perisade, Teischeba und Imresch.
    «Eje, mein Freund, du hast in deinen Briefen wahrhaft nicht übertrieben. Du und Acha, ihr habt Babylon um das Schönste beraubt, was es je besaß.»
    Die beiden Mädchen erröteten ebenso wie Acha und ich. Dann sagte Nimuria zu den Mädchen: «Ich wünsche mir aufrichtig, dass ihr bei uns ein neues Zuhause findet und glücklich werdet. Ich werde immer meine schützende Hand über euch halten, gleich, was geschehen mag.»
    Zu Fürst Imresch gewandt, sagte er: «Fürst Imresch, seid auch Ihr mir gegrüßt. Ich heiße Euch in Men-nefer wieder herzlich willkommen.» Imresch verneigte sich tief.
    Dann umfasste Ameni meinen rechten Arm und führte mich die Treppe hinauf, vor seinen Thron. Dort begrüßte ich zuerst meine Schwester, dann Mutemwia und Iaret und schließlich meine Eltern. Mutter und Vater waren überglücklich, als sie mich endlich wieder in ihren Armen hielten. Mein Vater brachte erst einmal kein Wort heraus und klopfte mir nur verlegen auf die Schulter.
    Leise begann er: «Mutter und ich sind sehr stolz auf dich, denn wir wissen, was es bedeutet, eine so weite Reise zu unternehmen. Aber jetzt musst du wieder hinunter gehen und dich offiziell bei Pharao zurückmelden!»
    Ich verneigte mich kurz vor den Majestäten, tat, wie Vatermir sagte, und blieb auf der vorletzten Stufe der Treppe stehen. Mit lauter Stimme rief ich:
    «Herr der Beiden Länder, Horus! Erschienen in Wahrheit,

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