Im Land des Falkengottes. Amenophis
Kaserne im Norden Men-nefers erscheinen, um dort unser geheimes Wissen über die Streitwagen der Babylonier und andere dort gemachten Beobachtungen preiszugeben. Selbst Merit und Iset durften davon nichts erfahren. Obwohl ich nun schon seit einigen Jahren zu der engsten Umgebung Pharaos zählte, waren dies meine ersten Besuche in den Werkstätten der Division des Ptah. Sie waren vom eigentlichen Kasernengelände abgetrennt und ebenfalls von hohen Mauern umgeben. Ihre Eingänge waren schwer bewacht, und jeder, der Einlass begehrte, wurde strengstens kontrolliert. Wer dem wachhabenden Offizier nicht von Person bekannt war, benötigte einen Passierschein, welcher entweder von Ptahmay oder von Pharao ausgestellt sein musste. Das Gelände selbst war in vier unterschiedliche Abteilungen untergliedert, in jeder Ecke des gewaltigen Vierecks lag ein anderer, in sich geschlossener Werkstattbereich. Im Nordwesten befanden sich die Werkstätten, in welchen nur Zaumzeug und Sattel gefertigt wurden, im Nordosten die der Wagenbauer. Im Südosten wurden Waffen und Schilde angefertigt, im Südwesten die Kleidung und die sonstige Schutzausrüstung der Soldaten. In der Mitte der Anlage befand sich eine große Schmiedewerkstatt, welche von allen anderen Abteilungen gleichermaßen genutzt wurde.
Der Wagenbaumeister fertigte nach unseren ersten Angaben einige Zeichnungen an, welche von uns bei einem zweiten Besuch ausgebessert wurden. Später bekamen wir ein erstes, nach unseren Angaben gefertigtes Modell zu sehen. Einige Kleinigkeiten waren daran noch zu ändern, und zwei Wochenspäter sahen wir den nahezu vollkommenen Nachbau eines babylonischen Streitwagens. Die eigentliche Aufgabe des Wagenmeisters bestand aber jetzt darin, die Vorzüge der ägyptischen Streitwagen mit denen des babylonischen zu verbinden. Wenige Wochen später wurde uns in Anwesenheit Nimurias und Ptahmays das Ergebnis vorgeführt. Wie es nicht anders zu erwarten war, fuhr Amenophis als Erster auf dem Übungsgelände mit dem neuen Streitwagen, nur begleitet von dessen Erbauer, dem Wagenmeister selbst. Von einem Beobachtungsturm aus konnten wir anderen das rasende Gespann verfolgen. Ameni trug nur ein Kopftuch und den königlichen Schurz, dazu Lederhandschuhe. Um einen besseren Stand zu haben, verzichtete er auf Sandalen. Von weitem sahen wir das angespannte Gesicht Pharaos, der dem Gespann und vor allem dem Wagenmeister, der sich krampfhaft festhielt, das Äußerste abverlangte. Zuletzt war Amenophis sehr zufrieden und äußerte nur einige wenige Verbesserungswünsche. Er verstand in der Tat sehr viel von Streitwagen, und sicher konnte sich Nimuria jetzt zu Recht rühmen, den besten Streitwagen zu besitzen, der je gebaut wurde. Dem Wagenmeister erteilte er noch am gleichen Tag den Auftrag, künftig nur noch Wagen nach diesem Vorbild zu bauen.
Nimuria erhielt von Ptahmose, dem Wesir Oberägyptens, regelmäßig Nachrichten über die in Waset eingegangenen Tribute aus Nubien: unermessliche Mengen an Eibenholz, Elfenbein und Gold. In Men-nefer wachte Merire als Schatzmeister Pharaos genauer denn je über den königlichen Reichtum. Er war sehr dankbar dafür, dass Nimuria zwischenzeitlich Acha zu seinem Stellvertreter bestellt hatte, da ihm die alleinige Verantwortung über den größten Reichtum, den größten Schatz der Erde, über den Kopf zu wachsen und sogar Angst zu machen begann. Acha wusste, wem er dieses Amtverdankte, denn nur allzu gut hatte er noch meine forschen Worte vor General Nachunte in Erinnerung.
Im Palast herrschte eine fröhliche Aufgeregtheit, denn Amenophis hatte offiziell bekannt gegeben, dass Teje ein Kind erwartete. Jedermann war jetzt ihr gegenüber besonders freundlich und zuvorkommend. Mutter wich nicht mehr von ihrer Seite. So ging im ganzen Volk die Hoffnung auf die bevorstehende Geburt eines Thronerben einher mit der Freude auf das bald einsetzende Ansteigen des Flusses. Die Sternkundigen, die nach dem Sothisstern Ausschau hielten, wetteiferten mit den Priestern, die vor der Geburtsgöttin Mesechenet für eine gesunde Geburt beteten, um die Gunst Pharaos.
Endlich, als die ersten Meldungen aus dem Süden auch in Men-nefer das Ansteigen des Flusses ankündigten, als der Sothisstern über Unterägypten stand, gebar Teje ihr erstes Kind, einen Sohn. Wie es der Brauch war, erhielt er von seiner Mutter den Namen seines Großvaters Thutmosis. Im Palast, in der Stadt, in ganz Unterägypten brach großer Jubel aus, alle Menschen freuten sich
Weitere Kostenlose Bücher